Rede von Friedrich Ostendorff GAP Reform

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10.06.2021

Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schließen Sie aus meiner Immobilität nicht, dass der Kampfeswille nicht weiterhin da ist.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mich beschäftigt seit 50 Jahren, was Sinn und Zweck der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik ist. Die gescheiterten Brüsseler Verhandlungen zeigen uns doch, dass die gemeinsamen europäischen Ziele völlig unklar sind: Auf der einen Seite die ewig gestrigen Besitzstandswahrer, die weitermachen wollen mit dem „Wer hat, dem wird gegeben“; 20 Prozent der Betriebe erhalten weiterhin 80 Prozent des Geldes. Auf der anderen Seite die Reformorientierten, die die konkreten sozialökologischen Leistungen der Landwirtschaft für Boden, Klima und Tier unterstützen wollen. Es ist doch sehr ernüchternd für uns alle – nach der mühsam gelungenen Bundesländereinigung, der Einstimmigkeit –, dass die Ministerin Frau Klöckner in Brüssel auf der Bremse steht und nicht vehement für diesen Kompromiss streitet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fragen uns natürlich: Wofür steht denn Ministerin Klöckner eigentlich, hier den Bundesländerkompromiss mit unterstützend, ihn in Brüssel vergessend? Unterstützt sie denn den massiven Einstieg in die Gemeinwohlprämierung? Wo ist die starke Unterstützung der Ministerin für das Multitalent Grünland? Alle beteuern, wie wichtig es ist für Klima, Artenschutz, Kohlenstoffbindung. Wo sind die entschlossenen Maßnahmen, damit nicht am Ende wieder Grünland – wie schon so oft, vor allem auch in den benachteiligten Regionen – der geschröpfte Reformverlierer ist?

Wo ist die konsequente Förderung der Weidetierhaltung? In Deutschland haben 86 Prozent der Betriebe weniger als 100 Hektar. Erinnern wir uns: Steuerzahler bringen jedes Jahr rund 6 Milliarden Euro an Hilfe für die Landwirtschaft auf. Für wen wird denn hier eigentlich Politik gemacht von Ihnen, von CDU/CSU und SPD? Wir Grünen stehen eindeutig auf der Seite der 86 Prozent. Wir setzen uns für den sozialökologischen Umbau der Landwirtschaft ein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Karlheinz Busen [FDP])

Mit dem Strukturbruch müssen wir doch endlich Schluss machen. Wir wollen eine starke Gemeinwohlprämie, öffentliches Geld für öffentliche Leistung. Wir tragen dieses Paket heute teilweise mit, nur: Es reicht bei Weitem nicht aus. Es reicht hinten und vorne nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kämpfen weiter für die Ziele: stärkere Umverteilung zugunsten der ersten Hektare, Kappung und Degression, stärkere Umschichtung in die zweite Säule, starke Gemeinwohlorientierung, vielfältige, kleiner strukturierte Betriebe. Das ist der Wunsch der Gesellschaft. Das ist das, was wir überall erfahren, hören, bei jeder Diskussion. Doch Ihre Politik ist weit weg davon.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Einzige, was optimistisch stimmt, ist die Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft, aber auch die der Borchert-Kommission. Das lässt hoffen, dass sich der Wind dreht. Bei allen verhärteten Diskussionen löst sich hier scheinbar etwas auf. Es stimmt uns doch alle hoffnungsvoll – das hoffe ich jedenfalls –, dass die BUNDjugend und die Landjugend in der Zukunftskommission den Austausch begonnen haben und sich mit Gemeinsamkeiten gemeldet haben, statt auf Konfrontation zu setzen.

Schönen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war und ist mir eine Ehre, diesem Parlament anzugehören.

(Anhaltender Beifall im ganzen Hause – Die Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben sich)