Rede von Schahina Gambir Gedenktag am Tag des Grundgesetzes

Schahina Gambir MdB
24.05.2023

Schahina Gambir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tag des Grundgesetzes ist Anlass zum Feiern. Das Grundgesetz ist das Fundament für unser Zusammenleben und unsere Demokratie. Es ist der politische Kompass und steht für Freiheit, Gleichheit, Würde, Frieden und für Gerechtigkeit, und zwar für alle Menschen in Deutschland. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, dieser Satz kann nicht oft genug wiederholt werden: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Das Grundgesetz zeichnet sich bis heute dadurch aus, dass es mit unseren gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt hält. Verfassungen dürfen nicht starr sein. Das Grundgesetz darf nicht starr sein. Es muss so lebendig sein wie unsere Demokratie und wie unsere vielfältige Gesellschaft. Da ist es doch sehr passend, dass der 23. Mai nicht nur Tag des Grundgesetzes ist, sondern zugleich auch Tag der Vielfalt. An diesem Tag gilt es, beides zu verbinden: unsere vielfältige Gesellschaft zu feiern und durch das Grundgesetz zu schützen. Denn Deutschland ist eine Gesellschaft der Vielen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und deshalb, liebe Union, ist es wichtig, Vielfalt als verbindendes Glied zu stärken. Das Grundgesetz muss so ausgestaltet sein, dass es vor Diskriminierung schützt und Gleichberechtigung und Diversität stärkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und dennoch, der Begriff „Rasse“ steht immer noch im Grundgesetz,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Aber zurückweisend!)

obwohl der Begriff historisch schwer belastet ist und wissenschaftlich längst bewiesen ist, dass es keine menschlichen Rassen gibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Artikel 3 sagt: „Niemand darf wegen … seiner Rasse … benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Diese Formulierung führt zu einem Widerspruch. Betroffene sind gezwungen, sich im Falle rassistischer Diskriminierung auf diese rassistische Terminologie zu berufen. In der Debatte geht es dabei mitnichten um eine sprachliche Feinheit. Die Verwendung dieses Begriffs ist irritierend, veraltet und für viele Betroffene verletzend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen einen Perspektivwechsel, liebe Union. Rassismus lässt sich nicht glaubwürdig bekämpfen, wenn der Begriff „Rasse“ beibehalten wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Doch das ist nicht alles. Alle, die das Grundgesetz lesen, sollen sich auch darin wiederfinden. Damit das geschieht, müssen wir den Artikel 3 um das Verbot der Diskriminierung aufgrund von sexueller Identität ergänzen, und wir müssen die Kinderrechte endlich verankern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Tag des Grundgesetzes ist ein Anlass zum Feiern. Er mahnt uns aber auch zu Veränderung und Entwicklung.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ui! Das klingt gefährlich!)

Das Grundgesetz darf nicht erstarren. Wir dürfen nicht erstarren.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Der nächste Redner ist Matthias Helferich.