Rede von Canan Bayram Geldwäsche

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11.02.2021

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, wissen Sie überhaupt, was Sie da geregelt haben und uns heute hier vorlegen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir wissen es!)

Wenn wir das beschließen, was Sie hier als Gesetzentwurf vorlegen, dann werden bei der Organisierten Kriminalität mit und ohne weißen Kragen die Korken knallen. Die Kriminellen freuen sich schon darauf; denn sie müssen nicht mehr befürchten, bei ihrer Geldwäsche entdeckt und angeklagt zu werden.

Wollen Sie das? Schon im Jahre 2019 sind fast 115 000 Geldwäscheverdachtsmeldungen bei der Financial Intelligence Unit eingegangen, und es werden jedes Jahr mehr. 98 Prozent davon hat die Staatsanwaltschaft eingestellt; also nur in 2 Prozent der Fälle wurde überhaupt ein Verfahren eingeleitet. Sie wollen jetzt den Geldwäschetatbestand auf jede mögliche Vortat ausweiten. Durch Ihren Gesetzentwurf wird die Suche nach dem schmutzigen Geld als Nadel im Heuhaufen durch mehr Heu, das Sie da noch reingeben, aussichtslos. Das können Sie doch nicht wirklich wollen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der All-Crimes-Ansatz ist gut und hilfreich, wenn man ihn dort anwendet, wo er Sinn macht. Deswegen wollen wir von Bündnis 90/Die Grünen ihn in Zusammenhang mit der selbstständigen Einziehung regeln – das haben wir in unserem Entschließungsantrag deutlich gemacht –,

(Beifall der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

weil man damit jedes illegal erworbene Vermögen einziehen kann – unabhängig davon, ob jemand bereits verurteilt wurde oder nicht. Wenn wir die Verbrecher ermitteln wollen, müssen wir der Spur des Geldes folgen und müssen ihnen den Geldhahn zudrehen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Klar ist für uns: Verbrechen darf sich nicht lohnen. Wir müssen aber die Realität betrachten. Das Bundesfinanzministerium hat deutlich gemacht: Das Geldwäschevolumen beläuft sich auf etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr. Davon fließen allein 20 Milliarden Euro in Immobilien. Und wir wissen nicht, ob das alles ist. In einem Mafia-Prozess, der derzeit in Italien läuft, sagt ein Staatsanwalt: In Deutschland kann jemand mit Geldkoffern aufkreuzen, und niemanden interessiert es, womit der sein Geld verdient hat. – Daraus folgt für mich: Wir müssen verhindern, dass das schmutzige Geld aus diesen Koffern durch Immobilienkäufe in Deutschland gewaschen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sonja Amalie Steffen [SPD])

Es kann doch nicht sein, dass die Mieterinnen und Mieter in meinem Wahlkreis Friedrichshain – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost oder sonst irgendwo in Deutschland ihre Miete an Mafiosi zahlen, die davon Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Italien bestechen oder diese – wahlweise – abknallen. Außerdem brauchen wir ein transparentes Immobilienregister.

(Beifall des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Dann wissen wir endlich, wem die Häuser gehören. Bis heute konnte mir niemand erklären, warum man Grundstücke mit Bargeld bezahlen können muss. Das wollen wir verbieten, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

Solange Sie von der CDU den Immobiliensumpf nicht trockenlegen wollen, solange werden Sie die Geldwäsche nicht bekämpfen können.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin.

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Und das wissen Sie auch. Aber warum wollen Sie das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wenn es Ihnen ernst wäre mit der Geldwäschebekämpfung, dann würden Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen. Wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen Geldwäsche bekämpfen – aber richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Bayram. – Herr Kollege Birkwald, heute ist ja, wie ich gehört habe, Weiberfastnacht im Rheinischen. Der Präsident hat uns heute im Ältestenrat darüber unterrichtet, dass die Weiberfastnacht in der alemannischen Fastnacht „schmutziger Donnerstag“ heißt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Auch nicht schlecht!)

Das ist für einen Norddeutschen beides ungewöhnlich. Trotzdem: Ich wollte zur Information beitragen.

Nächste Rednerin ist die Kollegin Susanne Mittag, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)