Rede von Sylvia Kotting-Uhl Geologiedatengesetz für die Endlagersuche

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04.03.2020

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir haben einen Gesetzentwurf. Wie schön! Wir warten seit vier Jahren darauf, seit die Kommission getagt hat; denn wir haben in der Kommission genau diese Regelung der Daten nicht festgelegt, weil das Wirtschaftsministerium, Herr Altmaier, uns damals versprochen hat, dass das Geologiedatengesetz, weil es sowieso anstehe, sehr schnell komme. Aber nun ist es da, und wir haben jetzt die Chance, darüber zu reden.

Herr Loos, Sie haben damit angefangen, das Geologiedatengesetz sei jetzt der erste Schritt für die Endlagersuche. – Nein, das ist es nicht. Der erste Schritt war das Standortauswahlgesetz. Weil Sie auch sagten, die Opposition sei da irgendwie nicht so richtig engagiert, sage ich: Dieses Gesetz wurde eben nicht von der Regierung vorgelegt, sondern dieses Gesetz wurde von Opposition und Koalition erarbeitet, aus dem Parlament heraus. Daran möchte ich erinnern. Im Gegensatz zu Ihnen war ich nämlich dabei und kann mich sehr gut erinnern, wie das ging. AfD und FDP waren in dieser Legislatur nicht dabei, und das merkt man Ihren Beiträgen, liebe FDP, leider auch an.

Das Standortauswahlgesetz verlangt Transparenz von Anfang an. Warum? Ich will Ihnen diese Frage, die elementar ist, noch mal beantworten. Warum verlangt das Standortauswahlgesetz neben Partizipation Transparenz von Anfang an? Partizipation und Transparenz haben wir in der Kommissionsarbeit als die Schlüsselworte erkannt, um so etwas Kompliziertes wie die Frage nach der Auswahl eines Standortes nach allen Erfahrungen, die wir bisher haben, zu beantworten. Diese Erfahrungen sind nicht nur bei uns in Deutschland, sondern in vielen Gegenden der Welt ausgesprochen negativ ausgefallen, wegen fehlender Transparenz und vor allem deshalb, weil man den Menschen am Ende nie die Frage beantworten konnte: Warum ist das bei uns? Das war in Gorleben so, das war in Yucca Mountain so, das ist in ganz vielen Orten der Welt so, dass die Frage „Warum bei uns?“ nicht wirklich beantwortet werden kann. „Ja, das scheint uns sicher“, „Es liegt gerade günstig“, wie es zum Beispiel bei Gorleben hieß: Das befriedet die Menschen nicht. Die einzige Antwort auf diese Frage „Warum?“, die überhaupt eine Chance hat, dass anschließend vielleicht wenigstens eine Toleranz für die Nähe dieses hochradioaktiven Atommülls zum eigenen Umfeld entsteht, ist, dass man ihnen sagen kann: Weil das der sicherste Standort ist, den wir in unserem Land finden konnten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])

Deshalb gibt es das vergleichende, wissenschaftsbasierte Verfahren.

Aber wie kann ich es den Menschen nachweisen, dass der Standort der sicherste ist? Weil die Behörde sagt: „Das ist so!“?

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Ja!)

Weil der Vorhabenträger sagt: „Ja, das ist so!“? Nein!

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Sie glauben doch nicht, dass irgendjemand 500 Seiten liest!)

Die Erfahrung mit Behörden war in der Vergangenheit so schlecht, was Endlagerei in Deutschland betrifft, dass wir von diesem Vertrauen in Behörden eben nicht ausgehen können. Deswegen haben wir gesagt: Die Menschen müssen das selbst kontrollieren können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wann können sie es kontrollieren? Wenn es transparent ist. Deshalb ist die erste Aufgabe des Geologiedatengesetzes, diese Transparenz auch herzustellen.

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die ist doch gegeben!)

Das tut es bisher nicht vollständig. Es sind Ansätze da, aber das tut es nicht vollständig. Wir haben im Prozess noch die Möglichkeit, nachzubessern.

Ich will aber mal zwei Dinge erwähnen, die schon ganz gut sind. Das Grundprinzip des Gesetzes ist ja – das haben viele dargelegt –, eine angemessene Balance zwischen öffentlichem Interesse und privatem Eigentum herzustellen. Genau das lässt sich für die Endlagersuche noch konsequenter nutzen. Wir haben in unserem Land das Prinzip: Gemeinwohl geht vor Eigennutz. Das müssen wir nicht nur beim Straßenbau anwenden; das können wir auch mal woanders anwenden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hubertus Zdebel [DIE LINKE] – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht die Frage!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss?

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Gestatten Sie mir noch einen letzten Satz?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Ja, gut.

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das Zweite ist, dass wir im Kontext der öffentlichen Aufgabe als Gesetzgeber für die Datenveröffentlichung einen sehr breiten Spielraum haben. Wir können da klarer werden. Wir haben die Anhörung am nächsten Montag im Wirtschaftsausschuss. Danach sind wir vielleicht alle miteinander klüger und handeln auch danach. Ich bitte darum.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Karsten Möring.

(Beifall bei der CDU/CSU)