Rede von Dr. med. Paula Piechotta Gesetzliche Krankenversicherung
Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und vor allen Dingen: Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Tribüne, die Sie ja – Sie und wir alle – auch Patientinnen und Patienten in diesem Gesundheitswesen sind! Ich war vor ein paar Wochen bei meinem Schwager zu Gast. Der hat seinen 40. Geburtstag nachgefeiert und ist niedergelassener Kinderarzt in Baden-Württemberg.
Ich war kaum zur Tür rein, da wurde ich gefragt: Bist du auch für dieses Spargesetz? Wenn ja, kannst du dein Essen heute Mittag selber bezahlen.
(Zurufe der Abg. Tino Sorge [CDU/CSU] und Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Dann habe ich erklärt, dass ich durchaus dafür bin, dass ich aber verstehe, dass viele Menschen, die so wie er im Gesundheitswesen arbeiten, nicht in Begeisterungsstürme verfallen, wenn dieses Gesetz verkündet wird, dass es auch definitiv nicht alle Probleme im Gesundheitswesen jetzt schon löst, die wir ja mit dem Koalitionsvertrag richtigerweise angehen wollen, und dass natürlich auch niemand behauptet, dass wir damit die Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2024 lösen. Trotzdem ist dieses Gesetz notwendig, weil es die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Millionen von Menschen, nämlich den 90 Prozent, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und damit nicht zu den Höchstverdienerinnen und Höchstverdienern gehören, für 2023 absichert.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn wie absurd wäre das, wenn in einer Zeit, wo wir gerade die Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen angesichts von steigenden Energiepreisen, angesichts von hoher Inflation entlasten wollen, genau für diese Menschen die Gesundheitskassenbeiträge weiter ansteigen würden als so weit, wie wir es jetzt in sehr kleinem Umfang vorsehen?
Deswegen ist das ein Gesetz, das die Lasten im Gesundheitswesen, die Lasten der Finanzierung der GKV verteilt: auf die Kliniken, auf die Kassen, auf die Apothekerinnen und Apotheker, auf die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, auf die Versicherten, aber eben auch, weil das jetzt vielfach angesprochen wurde, auf den Bundeshaushalt. Wir als Parlamentarier, die im Haushaltsausschuss sitzen, geben eben nicht nur den normalen Bundeszuschuss von 14,5 Milliarden Euro, sondern der Bundeszuschuss wird aufgestockt, und es gibt zusätzlich noch das Darlehen an die GKV. Obwohl die Ergebnisse des Schätzerkreises ein bisschen besser waren als erwartet, wurde das nicht abgeschmolzen. Das ist auch der Beitrag der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land zur Finanzierung der GKV im nächsten Jahr.
Das habe ich alles meinem Schwager erklärt. Am Ende durfte ich mitessen, ohne selber zu bezahlen.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Was gab es denn zu essen? – Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Sie haben die Suppe bekommen, und das war’s!)
Aber natürlich ist es auch so, dass das alles nur funktioniert, wenn wir jetzt nach Verabschiedung dieses Gesetzes auch die Finanzierung der GKV für die Jahre 2024 folgende angehen.
Ich fand es spannend, was Sepp Müller neulich vorgeschlagen hat.
(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: War gut!)
Nämlich kaum in der Opposition, hat die CDU sich jetzt bei dem Thema bewegt und hat gesagt: Ja, wir müssen hier über neue Finanzierungswege nachdenken, und die Lösung kann nicht immer nur mehr Steuergeld sein. – Liebe Union, da hat Sepp Müller recht.
(Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Mehr Strukturreform!)
Wenn Sie sich nicht mal in der Opposition auf einen Vorschlag einigen können – Sepp Müller musste den ja zurückziehen –, wenn ich im Haushaltsausschuss keinen einzigen Antrag von der Union gesehen habe, wie das finanziert werden soll, und wenn ich sehe, was Sie jetzt als Lösung vorgeschlagen haben, dann haben wir, glaube ich, gemeinsam noch einen langen Weg zu gehen, bis wir die gesetzliche Krankenversicherung auch für 2024 auf gute Füße stellen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Natürlich! Wir sind doch mit dem Haushalt noch gar nicht fertig! Die Anträge kennen Sie doch noch gar nicht!)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Sepp Müller, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)