Rede von Margarete Bause Gewalt gegen Rohingya stoppen

07.06.2018

Margarete Bause (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Im August letzten Jahres, vor etwas mehr als neun Monaten, mussten Hunderttausende Frauen, Kinder und Männer der muslimischen Volksgruppe der Rohingya in Myanmar vor entsetzlicher Gewalt aus ihrer Heimat fliehen. Jetzt kommen in den trostlosen, überfüllten und vom Monsunregen überfluteten Flüchtlingslagern in Bangladesch täglich Dutzende von Babys auf die Welt. Für mich ist diese Vorstellung kaum erträglich. Diese unschuldigen kleinen Menschen sind die Zeugnisse unvorstellbarer Gräueltaten. Sie zeugen von der systematischen und massenhaften Vergewaltigung ihrer Mütter. Diesen Müttern und ihren Kindern droht, dass sie ein Leben lang stigmatisiert und ausgegrenzt werden, wenn sie keine Hilfe bekommen. Wenn wir von den circa 700 000 Rohingya sprechen, die aus dem Land geflohen sind, dann sprechen wir insbesondere von Frauen und Kindern. Die Mehrheit in den Lagern sind Frauen und Kinder. Wir sprechen von ihren Demütigungen, von Misshandlungen, von brutalsten Gewalttaten gegenüber besonders Schutzlosen.

Viele dieser Verbrechen sind verlässlich dokumentiert. Die Lektüre finde ich wirklich kaum erträglich. Die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch und Fortify Rights haben kürzlich einen Bericht für den UN-Ausschuss zur Frauenrechtskonvention vorgelegt. Dieser Bericht führt zahllose Gräueltaten auf. Ermordungen, Folter, Massenvergewaltigungen, andere sexuelle Übergriffe, willkürliche Verhaftungen und Brandstiftungen wurden von Myanmars Militär und von staatlichen Sicherheitskräften begangen. Ich erspare Ihnen und mir, Details aus diesen Aussagen vorzulesen, aber ich zitiere einen Minister der myanmarischen Provinz Rakhine, der von der BBC mit den Vorwürfen konfrontiert wurde und antwortete: Ja, wo sind denn die Beweise? Schaut euch doch diese Frauen an, die diese Anschuldigungen vorbringen! Wer will denn die vergewaltigen? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei so viel Zynismus stockt mir der Atem, und Sie, Herr Braun, machen sich mit Ihren Äußerungen mit den Tätern gemein. Sie sollten sich schämen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Wir fordern juristische Aufarbeitung aller in Myanmar begangenen Menschenrechtsverletzungen und die Verurteilung der Täter. Die UN-Sondergesandte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramilla Patten, nannte die zahllosen sexuellen Übergriffe gegenüber Rohingya-Frauen und -mädchen ein – Zitat – „bewusst eingesetztes Werkzeug des Terrors, um die Rohingya als Volksgruppe auszulöschen“.

Die Regierung Myanmars ist von der UNO im vergangenen November aufgefordert worden, binnen sechs Monaten zu den schweren Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bisher kam keine Antwort. Gestern wurde bekannt, dass es eine gemeinsame Absichtserklärung der UN und Myanmar gibt zur – Zitat – „freiwilligen, sicheren, würdigen und nachhaltigen“ Rückführung der Rohingya. Allerdings wurde der genaue Inhalt dieser Absichtserklärung nicht veröffentlicht. Auch wurden Vertreter der Rohingya an dieser Vereinbarung offensichtlich nicht beteiligt. Menschenrechtsorganisationen sind deshalb zu Recht skeptisch, was eine baldige sichere Rückkehr angeht; denn eine Rückkehr ist nur denkbar, wenn die Verbrechen geahndet, die Täter zur Rechenschaft gezogen und der Schutz und die Rechte der Minderheit der Rohingya – dazu gehört auch das Recht auf Staatsangehörigkeit – sichergestellt werden.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)