Rede von Margarete Bause Gewaltexzesse gegen Rohingya

20.04.2018

Margarete Bause (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Fotografen der Agentur Reuters haben dieser Tage einen Pulitzer-Preis gewonnen. Sie dokumentieren mit schockierenden Bildern das Elend der muslimischen Minderheit der Rohingya auf der Flucht nach Bangladesch.

Diese Bilder führen uns das furchtbare Grauen der Vertreibung von 700 000 Kindern, Frauen und Männern vor Augen, ihre Angst und ihre Verzweiflung. Diese Bilder können niemanden kaltlassen außer Sie von der AfD.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie macht Ihr Hass blind für die Realität.

Kürzlich haben die Vereinten Nationen Myanmar auf die sogenannte Liste der Schande gesetzt, eine Liste der Staaten, in denen sexuelle Gewalt gezielt in bewaffneten Konflikten eingesetzt wird. Wenn wir hier im Bundestag eine Liste der Schande hätten, stünden Ihre Namen, meine Damen und Herren von der AfD, ganz oben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Den humanitären UN-Organisationen und unabhängigen Beobachtern wird seit langem der Zugang in die myanmarische Provinz Rakhine verwehrt, wo das Elend seinen Anfang nahm. Es ist eine Region im Dunkeln. Es ist ein Schauplatz von Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. von Akten ethnischer Säuberungen. So sagt es der Hochkommissar für Menschenrechte Seid al-Hussein. Er fragt: Wie viel müssen Menschen erdulden, bevor ihr Leid wahrgenommen wird und ihre Identität und ihre Rechte anerkannt werden von ihrer Regierung und von der Welt? – Deswegen ist unsere interfraktionelle Initiative wichtig. Sie sollte auch Signalwirkung haben,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

für Minderheiten weltweit, für Opfer staatlicher Willkür, ganz gleich, welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören. Es ist wichtig, dass der Deutsche Bundestag das Elend von Ausgegrenzten, Verfolgten und Ermordeten in den Fokus nimmt. Es ist wichtig, dass thematisiert wird, was nicht nur, aber insbesondere den Muslimen in Myanmar an Leid zugefügt wird, dass also klar angesprochen wird, wozu andere schweigen, darunter leider auch die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Lassen Sie mich einige Punkte unseres Antrags nennen, die uns besonders am Herzen liegen.

Erstens. Mit diesem Antrag rufen wir in Erinnerung, dass die Rohingya in Myanmar seit Jahren systematisch entrechtet werden und sogar die Bezeichnung „Rohingya“ verboten ist.

Zweitens. Wir setzen uns für volle bürgerliche und politische Rechte der Rohingya ein und dafür, dass sie die Staatsangehörigkeit Myanmars bekommen.

Drittens. Hilfsorganisationen und unabhängigen Beobachtern muss endlich der Zugang nach Rakhine gewährt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Viertens. Geflüchtete können nicht zur Rückkehr in ein Land gezwungen werden, in dem sie erniedrigt, beraubt und vergewaltigt wurden. Eine Rückkehr nach Myanmar darf nur freiwillig erfolgen, sicher und in Begleitung von internationalen Helfern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Fünftens. Gerade nach den schrecklichen Erfahrungen von Ruanda und Srebrenica und angesichts schlimmster Kriegsverbrechen in Syrien braucht es eine juristische Aufarbeitung aller in Myanmar begangenen Menschenrechtsverletzungen und die Verurteilung der Täter sowie die Entschädigung der Opfer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ja, dieser Antrag ist wichtig. Aber wir hätten ihn früher zustande bringen können. Sie hätten auch Die Linke einbeziehen können, Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition. Er könnte zudem noch besser sein. Warum war es Ihnen nicht möglich, sich hier im Bundestag zu einem Waffenembargo gegenüber Myanmar durchzuringen?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Abgeordnete der EVP, Sozialdemokraten und Liberale im Europaparlament hatten mit dieser berechtigten Forderung kein Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Angesichts der drohenden Monsunzeit in den Lagern von Bangladesch stellt sich die Frage: Warum kann sich unser Parlament nicht konkret auf eine Erhöhung der Mittel für die humanitäre Hilfe festlegen und belässt es bei Absichtserklärungen?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dies sind kleine Wermutstropfen. Gleichwohl sendet der Bundestag eine unmissverständliche Botschaft aus: Das Elend der Rohingya geht uns etwas an. Wir schauen hin. Wir haben klare politische Forderungen. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich zu handeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)