Rede von Daniela Wagner Gewerbemieten und Innenstädte

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06.11.2020

Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Innenstädte sind schon länger in einer Krise; das hat lange vor der Coronapandemie begonnen. Besonders in kleinen Städten greifen schon länger Leerstand und schleichende Verödung um sich. Das führt zu einem Verlust an Attraktivität, Identität und Heimat. Shoppingcenter mit Filialisten auf der grünen Wiese ziehen Kaufkraft aus Innenstädten ab, und die Digitalisierung des stationären Handels steckt noch in den Kinderschuhen. Und ganz wichtig: Wohnen in den Innenstädten ist für Normalverdiener kaum erschwinglich und in vielen Städten längst verschwunden.

Meine Damen und Herren, Innenstädte sind dann besonders attraktiv, wenn es vielfältige Nutzungen und Angebote gibt, kommerzielle und nichtkommerzielle, schulische und nachschulische Angebote, Wohnen, Kultur, Kunst, kleinteiliges Handwerk, inhabergeführten Einzelhandel. Das sind die Innenstädte, die die Leute gerne besuchen, und zwar sowohl Touristen als auch Einwohner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Zielsetzung, meine Damen und Herren, muss jede Förderpolitik und jede Hilfsmaßnahme dienen. Die Bundesregierung hat sich diesem Problem aus unserer Sicht bisher zu wenig angenommen. Ein runder Tisch bringt uns da nicht weiter. Wir brauchen einen echten Krisengipfel oder, Kollege Daldrup, gerne auch einen Zukunftsgipfel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir fordern einen Städtebau-Notfallfonds, der Umnutzungen und Innenstadtkonzepte unterstützt. Dafür haben wir eine halbe Milliarde Euro im Haushalt beantragt.

Wir wollen die Stadt der kurzen Wege, der guten Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Kultur fördern, stützen und schützen. Paris macht es gerade vor mit dem Konzept der 15-Minuten-Stadt. Es gibt auch die Innenstadtoffensive der hessischen Landesregierung „Ab in die Mitte!“, wo mit Wettbewerben unter Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Akteure anschließend Konzepte umgesetzt und bezuschusst werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen eine Baurechtsanpassung, um Gewerbe- und Kulturerhaltungsgebiete einzuführen. All das findet sich in Ihrem Entwurf des BauGB leider nicht.

Wir brauchen – last, but not least – mehr Grünflächen und Bäume, mehr Aufenthaltsqualität in der Stadt, und wir brauchen eine Verkehrswende in unseren Innenstädten. Unsere Innenstädte bieten dann hohe Lebensqualität, wenn nicht alles vollsteht mit Blech, wenn es Grünflächen gibt, wenn es Bäume gibt,

(Stefan Keuter [AfD]: Wir reden hier über das Gewerbe!)

wenn es Orte des Verweilens und der Kontemplation gibt. Das sind attraktive Innenstädte. Dort gehen Menschen gerne hin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Überall, wo Städte diese Wege eingeschlagen haben, hat der Einzelhandel davon profitiert. Entgegen anderslautenden ängstlichen Prognosen vorher hat er davon immer profitiert. Wer auch profitiert hat, das sind die Bürgerinnen und Bürger. Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg gehen, um die Verödung unserer Innenstädte aufzuhalten, und auch Corona zum Anlass nehmen,

(Stefan Keuter [AfD]: Wir reden über Gewerbemieten!)

über bisherige Konzepte nachzudenken und Neues zu beginnen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Keuter [AfD]: Voll am Thema vorbei!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Wagner. – Nächster Redner ist der Kollege Karsten Möring, CDU/CSU-Fraktion.