Rede von Ekin Deligöz Gleichstellungsbericht

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07.04.2022

Ekin Deligöz, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt der Dritte Gleichstellungsbericht mit dem Schwerpunkt Digitalisierung. In diesem Bericht kann man mehrere Kernpunkte herauslesen.

Ein Punkt ist: Wir müssen unsere Einstellung, unseren Blick auf die Dinge verändern. Dazu gehört, dass Frauen in der Digitalisierung mehr mitgestalten müssen und dass Digitalisierung eine Chance für Gleichstellung ist, dass wir dazu aber mehr Frauen den Weg in die IT-Berufe ebnen und wir diese zusätzliche Chance nutzen müssen, um Gleichstellung in diesem Land voranzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mit der Digitalisierung, über die wir hier reden, gehen wir in die vierte industrielle Revolution. Diese entwickelt sich aber weit schneller als die bisherigen Revolutionen, und sie ist nicht nur viel rasanter, sondern sie hat auch einen anderen Charakter. Gerade deshalb ist es ja eine Chance, dass wir das nicht einfach nur an uns vorbeiziehen lassen wie einen rasenden ICE, sondern dass wir – der Bedarf dafür ist da – Maßstäbe setzen, dass wir Standards setzen, dass wir Bedingungen für die Digitalisierung setzen. Genau das sagen uns auch die Sachverständigen im Dritten Gleichstellungsbericht. Sie sagen: Nutzt diese Chance! – Die Expertinnen und Experten um Frau Professorin Yollu-Tok haben im letzten Jahr ihr Gutachten für den Gleichstellungsbericht vorgelegt – 200 Seiten, 101 Handlungsempfehlungen. Ich freue mich sehr, dass dieser Bericht heute den Bundestag und später auch Sie im Ausschuss erreichen wird.

Eines begleitet uns bei dem Ganzen eigentlich andauernd: Es sind zu wenige Frauen in den IT‑Berufen; es sind zu wenige Frauen in den technischen Berufen; es sind zu wenige Frauen in den Studiengängen und Ausbildungsgängen zu diesen Berufen. Das müssen wir dringend ändern. Genau das gehen wir an, indem wir auch einen solchen Bericht vorlegen und Licht darauf werfen, aufklären und die Daten darstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir im Ministerium haben auch schon einige Projekte, die wir fortführen, die wir voranbringen, die wir neu auf den Weg bringen. Dazu gehört nach wie vor der Girls’ Day. Sie alle als Abgeordnete sind mitaufgerufen, da mitzumachen; denn auch unser Beruf als Politikerin und Politiker ist leider kein typischer Frauenberuf. Auch er gehört da dazu. Dazu gehört auch die Initiative YouCodeGirls. Da geht es nicht nur darum, möglichst niedrigschwellig Coding den Mädchen beizubringen, sondern auch darum, sie zu ermuntern, einfach mitzumachen und das nicht den Jungs zu überlassen.

Wir unterstützen Frauen in den KI-Berufen, in der KI-Branche darin, eigene Lösungen zu finden. Gerade die künstliche Intelligenz hat einen anderen Blickwinkel, den weiblichen Blickwinkel mehr als notwendig. Denn Algorithmen sind nicht geschlechtsneutral,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Algorithmen können diskriminierend sein, Algorithmen können Frauen ausschließen. Diese Ungleichheiten multiplizieren sich, wenn wir das alles sich selbst überlassen; sie verstärken das Ganze. Deshalb wollen wir, dass Frauen in der KI nicht zusätzlich diskriminiert werden, wenn es darum geht, einen Job zu bekommen oder einen Kredit für ein Start-up in diesem Land.

Das können wir übrigens nicht national lösen, das müssen wir international angehen. Deshalb begrüßen wir in meinem Haus sehr, dass die EU-Kommission mit der KI-Verordnung einen Vorschlag macht, um die Qualität und die Sicherheit der Nutzung von Algorithmen, zum Beispiel bei der Personalauswahl, voranzubringen. Das Frauenministerium arbeitet hier sehr stark an der internationalen Vernetzung. Wir machen das auch nicht alleine, sondern wir machen das gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium – und das ist gut so. Denn das ist nicht nur ein Thema für das Frauenministerium, sondern hat auch einen wirtschaftlichen Aspekt in diesem Land.

Frauen sollten ganz selbstverständlich in der IT-Branche, in diesen Berufen arbeiten können, sie sollten ihre Expertisen, ihren Blickwinkel, ihre Lebenserfahrung miteinbringen. Damit verhindern wir Diskriminierung, damit senken wir Diskriminierungspotenzial nicht nur in der IT-Branche, sondern in der gesamten Gesellschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dafür brauchen wir übrigens auch den Zugang von Frauen zu Führungspositionen auf allen Ebenen, und wir brauchen Kapital in der Digitalwirtschaft, damit wir das Ganze in diesem Bereich voranbringen können.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

In der bundesweiten Gründerinnenagentur arbeiten wir genau daran, all diese Punkte umzusetzen. Die Digitalisierung ist im vollen Gang. Ich habe vorhin von einem ICE in voller Fahrt gesprochen, und jetzt ist es an der Zeit, die Weichen richtig zu stellen.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

– Die Zwischenrufe des Kollegen sollen mich, glaube ich, aus dem Konzept bringen. Aber es gehört auch dazu, dass man genau das nicht zulässt, sondern dranbleibt, dranbleibt an der Gleichstellung, dranbleibt, die Themen voranzubringen, dranbleibt, auch dann diese Diskussionen zu führen, wenn sie einem Teil des Hauses überhaupt nicht gefallen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen drei Dinge: Wir brauchen Mut, wir brauchen Willen, und wir brauchen auch Geld, um das voranzubringen. Über das Letzte werden wir im Haushaltsverfahren reden. Mit den ersten beiden Dingen müssen wir schon heute und hier starten. Und übrigens, gerade als Politikerin sage ich: Das müssen wir in diesem Raum auch immer wieder verteidigen. Dieses Beispiel ist das beste Beispiel, um das noch einmal zu unterstreichen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Als nächste Rednerin erhält das Wort für die CDU/CSU-Fraktion die Kollegin Nadine Schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)