Rede von Harald Ebner Glyphosat

12.12.2017

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Heute hat die Europäische Kommission ihre Entscheidung zur Wiederzulassung von Glyphosat bekannt gegeben, zu deren Zustandekommen der geschäftsführende Minister Schmidt unrühmlich beigetragen hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Damit ist die historische Chance vertan, Glyphosat europaweit vom Tisch zu bekommen. Dafür tragen Sie, Herr Schmidt, die Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Heute geht es nicht mehr um die Details dieser Zulassung. Heute geht es um Schadensbegrenzung auf der nationalen Ebene. Es bleibt dabei: Etwas erst auf europäischer Ebene zuzulassen und es dann auf nationaler Ebene zu verbieten, das ist bei Pestiziden genauso Quatsch wie bei der Gentechnik.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])

Da hat Minister Schmidt nämlich versprochen: Wir regeln das. – In der ganzen letzten Wahlperiode – das gilt bis heute fort – hat er aber kein entsprechendes Gesetz zustande gebracht. Das darf sich nicht wiederholen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Der Minister verteidigt sich heute in einem offenbar notwendigen Brief an seine Fraktion, er habe mit seinem Alleingang immerhin für höhere Auflagen gesorgt. Darin steht – ich zitiere –: Die Mitgliedstaaten widmen dem Risiko für die Diversität besondere Aufmerksamkeit.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Von einer Widmung hat die Natur überhaupt gar nichts. Wir brauchen Instrumente und wirksame Beschränkungen, und zwar jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Was wir von der Bundesregierung erwarten, haben wir in unserem Antrag kurz und knapp formuliert. Und – um auch das zu sagen –: Die Anträge der Linken und der SPD tragen hier konstruktiv zur Ergänzung bei.

Den Glyphosat-Ausstieg auf europäischer Ebene hat der geschäftsführende Minister Schmidt mit seinem Regelverstoß verhindert. Diesen Regelverstoß hat der Minister nicht nur bewusst vorgenommen, sondern er hat ihn mit seinem Haus sogar monatelang systematisch vorbereitet. Das ist der eigentliche Skandal, finde ich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Herr Schmidt, Sie berufen sich dabei auf die Wissenschaft. Die Wissenschaft kennt hier aber zwei Wahrheiten: die öffentliche Wahrheit der freien Wissenschaft und die geheime Wahrheit der Industriestudien. Sie berufen sich ebenso wie die Zulassungsbehörden auf die geheime Wahrheit. Das ist zwar bequem für die Industrie, aber schlecht für die Transparenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Damit alles beim Alten bleibt, wollten Sie sogar Monsanto vor Gericht bei der Klage gegen die Pflicht zur Veröffentlichung dieser Geheimstudien unterstützen. Auch das war systematisch vorbereitet.

Ich sage Ihnen eines: Wer ständig den Eindruck erweckt, dass gegen eigene Regeln verstoßen und gegen eigene Regeln Interessen eines Industriezweiges durchgedrückt werden sollen, der beschädigt das gesamte System der parlamentarischen Demokratie und das Vertrauen in dieses System.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Deshalb müssen hier Konsequenzen folgen. Ich sage Ihnen: Nicht nur der Minister muss gehen. Er hat auch seinem Ressort einen Bärendienst erwiesen. Zu Recht fragt man sich, ob die Zuständigkeit für die Pestizidzulassung in diesem Haus noch richtig angesiedelt ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Man fragt sich auch, wo heute noch die Existenzberechtigung eines solchen Hauses ist.

(Beifall der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Jetzt muss ich noch etwas zum dramatischen Insekten- und Vogelsterben sagen. Wir brauchen hier wirklich schnelle und wirkungsvolle Antworten. Im Stakkato erscheinen immer neue Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Insektensterben und dem Einsatz von Neonikotinoiden belegen. Die Europäische Kommission hat das jetzt erkannt und einen Vorschlag vorgelegt, um drei dieser Wirkstoffe auf europäischer Ebene zu verbieten. Das reicht zwar nicht aus – auch der Natur nicht –, aber das ist ein wichtiger erster Schritt, den wir gehen müssen. Deshalb verlangen wir, dass Deutschland hier zustimmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wäre – ich komme zum Schluss – die letzte Chance für Herrn Schmidt, zu zeigen, dass er wenigstens einmal etwas für Bienen tut. Mit Ihrer Zustimmung zu unserem heute vorgelegten Antrag können Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, dafür sorgen, dass Minister Schmidt verpflichtet wird, diesem Vorschlag in Brüssel zuzustimmen. Alles, was er dann tun muss, ist, sich auch daran zu halten.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)