Julian Pahlke MdB
22.02.2024

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten!

(Lachen bei der AfD)

Zu den vielen jungen Menschen hier auf den Tribünen möchte ich nach der Rede des Abgeordneten Hess sagen: Falls ihr in diesem Jahr schon gegen den Rechtsextremismus in diesem Land demonstrieren wart: Nutzt weiterhin eure Freiheit, bevor die AfD sie weiter zerstört!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der AfD)

Zum Antrag der Union. Ich finde, dieser Antrag ist eine intellektuelle Beleidigung. Sie schreiben mit Müh und Not auf knapp zwei Seiten einen Antrag zusammen, der zu zwei Dritteln aus einer Auflistung von Presseartikeln besteht. Dann wollen Sie so richtig zum inhaltlichen Höhenflug ansetzen und machen das Ganze noch mal so richtig scharf mit – ich habe nachgezählt – zwei konkreten Forderungen, die Sie sich aus dem Ärmel geschüttelt haben. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch!

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Danke!)

Aber ich will der Union in einem Punkt recht geben: Es lohnt sich, sich mal ganz genau anzuschauen, weshalb Menschen an den EU-Grenzen nicht registriert werden und dann in Deutschland auftauchen. In Italien wird nämlich in der Tat nur ein Teil der Menschen registriert, eben weil die italienische Regierung sich einfach über die gemeinsamen EU-Regeln hinweggesetzt hat.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Ganz genau! So, und jetzt?)

Anstatt Grenzkontrollen zu fordern, könnten Sie, liebe Union, doch einfach mal bei Ihren Freunden von den Postfaschisten in Rom anrufen; denn mit denen hat Manfred Weber ja zuletzt noch Wahlkampf gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Oder Sie rufen mal bei der Europäischen Kommission an und fragen nach, wie das eigentlich aussieht in Italien, warum die italienische Regierung jahrelang europäische Regeln verletzen darf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe vorhin noch mal nachgeguckt: Soweit ich weiß, ist die Kommissionspräsidentin noch Mitglied der CDU.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Ja, fragen Sie die Kommission!)

Aber das ist ja auch ein bisschen symptomatisch.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das ist aber intellektuell auch etwas unterdurchschnittlich!)

Im Mittelmeer ertrinken seit Jahren Menschen, auch deswegen, weil Ihr Minister Seehofer die zivilen Rettungsschiffe jahrelang bekämpft hat. Unter den Augen von Ursula von der Leyen, der Kommissionspräsidentin, durften Griechenland und Frontex Geflüchtete auf Rettungsinseln aussetzen. Mit Millionen der EU für die sogenannte libysche Küstenwache wird am Ende ein System aus Schleppern und Schleusern in Libyen finanziert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn genau diese sogenannte Küstenwache arbeitet mit den brutalen Schlepperstrukturen vor Ort zusammen und bringt Menschen wieder zurück, um am Ende noch mal abzukassieren.

Ich kann nach den letzten Jahren nur zu dem Schluss kommen: Die konservative Migrationspolitik, sie ist gescheitert.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Sie ist noch gar nicht richtig umgesetzt!)

Sie führt zu mehr Toten, sie führt zu mehr Unrecht, sie führt zu mehr europäischen Schlagbäumen, und sie löst am Ende kein einziges Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer aber ernsthafte Probleme lösen möchte, der unterstützt die Kommunen bei der Unterbringung, der unterstützt die Seenotrettung, der schafft eine ernsthafte Verteilung von Menschen in der EU.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Wir müssen verhindern, dass sich Menschen in Gefahr bringen! Das ist der Punkt!)

So löst man Probleme, aber nicht mit Ihrer heißen Luft, die ein bisschen zu sehr nach AfD stinkt; und langsam merken das auch immer mehr in der EU.

Ich finde wirklich bemerkenswert, was in Griechenland in diesen Wochen passiert ist. Die griechische Regierung – nicht wirklich eine Vorkämpferin für die Rechte von Geflüchteten – hat tatsächlich den Aufenthaltsstatus von 30 000 Menschen legalisiert und ihnen dann noch eine Arbeitserlaubnis obendrauf gepackt. Denn das Land hat erkannt: Geflüchtete brauchen Schutz, Geflüchtete sollen am Leben teilnehmen, einen Job annehmen und, ja, am Ende sogar Steuern zahlen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege.

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir haben es mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht möglich gemacht; da ist bei Ihnen ja der Laden ein bisschen auseinandergeflogen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Sie kommen zum Ende bitte.

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Raffen Sie sich auf! Kommen Sie raus aus der rechten Ecke! Überlegen Sie mal, wie man konstruktiv Politik macht!

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege!

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Abschalten!)

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielleicht klappt es ja ohne Friedrich Merz ein bisschen besser bei Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)