Rede von Lisa Paus Grenzüberschreitende Steuergestaltung

07.11.2019

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die AfD sieht mal wieder das Bargeld in Gefahr. Um dem auch die richtige Dramatik zu verleihen, fordert sie gar die Änderung von Artikel 14 Grundgesetz zum Schutz des Eigentums des Grundgesetzes, um das Bargeld als einziges gesetzliches Zahlungsmittel zu sichern.

Meine Herren und Damen von der AfD, Ihr Antrag ist erstens überflüssig, zweitens widersprüchlich und drittens rückwärtsgewandt, und deshalb werden wir ihn ablehnen.

Ihr Antrag ist erstens überflüssig, weil das Bargeld bereits jetzt gesetzliches Zahlungsmittel ist, bereits jetzt so geschützt ist, wie es die AfD mit ihrem Antrag erst einführen will, und zwar nicht nur vom Grundgesetz, sondern es steht sogar im EU-Vertrag. So heißt es – ich zitiere – im § 128 AEUV: „Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.“

Das heißt, es bräuchte mehr als eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, um dem Bargeld diese Einzigartigkeit zu nehmen, es bräuchte Einstimmigkeit aller EU-Mitgliedstaaten, um das zu ändern. Mehr rechtliche Garantie für das Bargeld als einziges gesetzliches Zahlungsmittel geht nicht!

Ihr Antrag ist zweitens widersprüchlich; denn Sie versuchen zwar mit diesem Antrag, sich mal wieder als Law-and-Order-Partei zu gerieren, aber gleichzeitig sind Sie die Ersten, die sich gegen jede sinnvolle Maßnahme zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung und Geldwäsche aussprechen.

Ihr Antrag ist auch deshalb widersprüchlich, weil Sie einerseits behaupten, Sie seien die Partei, die den Schutz der Bürger vor Überwachung im Sinn habe – deshalb Ihr Einsatz für Bargeld –, andererseits begrüßen gerade Sie von der AfD ein digitales Geldprojekt wie Libra von der größten Datensammelkrake der Welt, von Facebook, und verschicken begeisterte Pressemitteilungen dazu! Ich zitiere Jörn König, AfD: „Als einzige Fraktion sprach sich die AfD-Fraktion wohlwollend für das Projekt aus.“ Das ist Schizophrenie à la AfD!

Ihr Antrag ist drittens rückwärtsgewandt; denn im Zeitalter der Digitalisierung wird die Bargeldnutzung zurückgehen: nicht, weil der Staat oder die EZB das verordnen, sondern weil die Bürgerinnen und Bürger es so wollen! Wegen der Bequemlichkeit oder wegen anderer praktischer Vorteile von digitalen Bezahlverfahren. Oder weil sie nicht wie beim Bargeld analog abgekoppelt sein wollen, sondern weil sie auch digital teilhaben wollen. Und deshalb ist es im Zeitalter der Digitalisierung viel wichtiger, sich für hohe Datenschutzstandards bei digitalen Bezahlverfahren einzusetzen; viel wichtiger, dafür zu sorgen, dass die Privatsphäre bei digitalen Bezahlverfahren gewahrt werden kann.

Aber wie ist die Position der AfD zum Datenschutz? Sie fordern die Aussetzung der DSGVO! Im Übrigen wimmelt es bei Ihrer Formulierung zur Grundgesetzänderung nur so von unbestimmten Rechtsbegriffen – damit produzieren Sie erhebliche Auslegungsschwierigkeiten und verhunzen einfach unser schönes Grundgesetz!

Und schließlich: Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie der Zentralbank die Verknappung des Bargeldes grundgesetzlich verbieten wollen. Wenn die EZB die Preisstabilität wahren soll – ein Ziel, das doch gerade Ihnen angeblich so am Herzen liegt –, dann muss sie natürlich das Bargeld verknappen können! Erstes Semester VWL: Wo waren denn da Ihre Wirtschaftsprofessoren, als Sie den Antrag beschlossen haben!?

Alles in allem ist der Antrag ein weiterer Beweis: Der AfD geht es nicht um Sachpolitik, sondern nur um Stimmungsmache. Und auch deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.