Rede von Markus Kurth Härtefälle in der Ost-West-Rentenüberleitung

Foto von Markus Kurth MdB
20.10.2022

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich bin schon einigermaßen konsterniert, in welcher Art und Weise eine pragmatische und eigentlich doch fraktionsübergreifend in der letzten Legislatur verhandelte Lösung hier genutzt wird, um Ost-West-Gegensätze aufzubauen

(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Quatsch!)

und auf dem Rücken von Personen, die in der Nähe der Grundsicherung sind – denn von diesen reden wir –, parteipolitische Kleinschlachten zu schlagen. Das muss ich wirklich sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christoph Meyer [FDP])

In der vergangenen Wahlperiode – Anlass war ursprünglich ein gemeinsamer Antrag von FDP, Linken und Grünen zur Situation jüdischer Kontingentflüchtlinge – haben wir, die damalige demokratische Opposition, gemeinsam mit der Großen Koalition viele Stunden und Tage – über einen längeren Zeitraum – verhandelt und sind zu dieser Fondslösung gekommen. Die Linke und wir wollten eigentlich eine Lösung nach dem Fremdrentenrecht. Wir haben uns dann extra auf so einen breiten Konsens verständigt.

Dass es damals zu einer Zusammenarbeit zwischen Union und der Linken gekommen ist, zeigt ja, dass das Ganze in einem parlamentarischen Einvernehmen stattgefunden hat und dass wir gerade keine Spaltung dieses Landes wollten. Vielmehr wollten wir ein von den Betroffenen als Gerechtigkeitsproblem, als biografische Wunde empfundenes Problem ein Stück weit heilen – im Grunde in weiten Teilen auch nur symbolisch. Denn tatsächlich bekommen das ja gar nicht alle, die von der Ost-West-Rentenüberleitung betroffen sind, sondern nur bestimmte Gruppen und auch nur dann, wenn sie in der Nähe der Grundsicherung sind. Man muss auch sagen, dass der Betrag – ob die ursprüngliche Summe oder die neu vorgesehene Summe –

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das macht schon einen Unterschied!)

jetzt auch nicht die Welt gewesen wäre. Aber die Betroffenen haben gesagt: Das ist wenigstens ein Zeichen der Anerkennung und zeigt, dass diese Problematik wahrgenommen wird.

Ich muss an dieser Stelle auch sagen, dass es verschiedene Länderparlamente gab, wo ebenso fraktionsübergreifend – von Linke über Grüne und SPD bis zur CDU – beschlossen wurde, dass man angesichts der Situation der jüdischen Kontingentflüchtlinge etwas machen muss. Wenn solche Initiativen in Länderparlamenten fast einstimmig beschlossen werden, dann, finde ich, kann man auch die Erwartung haben, dass sich diese Länder beteiligen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es handelt sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe und Verantwortung. Der in Rede stehende Betrag – der Länderanteil von jetzt 500 Millionen Euro – ist, wenn man das auf alle Bundesländer verteilt, nicht in einer Höhe, dass es die Landesfinanzen der einzelnen Länder überfordern würde. Anlässlich der akuten Krisen und des Krieges reden wir in anderen Bereichen ja über ganz andere Summen.

Wir hätten jetzt die große Chance,

(Bernd Rützel [SPD]: Ja!)

endlich für verschiedene Gruppen eine Lösung zu finden. Ihnen liegen ja auch besonders die Spätaussiedler am Herzen.

(Bernd Rützel [SPD]: Die Eisenbahner!)

Es gibt die Problematik in Ostdeutschland. Ich finde, das ist der Punkt, an dem man jetzt wirklich mal springen und sagen muss: Wir zollen ein Stück weit Anerkennung, und wir erkennen mit dieser Zahlung – auch mit Blick auf diejenigen, die nicht in ihren Genuss kommen – an, dass es Verwundungen und Brüche gegeben hat.

Ich hoffe, Sie besinnen sich wieder und tragen das jetzt nicht in dem Geiste weiter.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Sie haben doch um 500 Millionen Euro gekürzt, Herr Kurth! Das ist ja eine Unverschämtheit!)

Dass Sie jetzt hier Ost-West-Fights ausmachen, wird dem Ernst der Lage, den Betroffenen und ihren Gefühlen nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Genau das macht ihr als Ampel! Unfassbar! Da fällt einem nichts mehr ein!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Die Beiträge von Sören Pellmann für Die Linke und Kathrin Michel für die SPD nehmen wir zu Protokoll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Dr. Silke Launert für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)