Rede von Dr. med. Paula Piechotta Härtefallfonds

Dr. Paula Piechotta MdB
20.01.2023

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wenn ich in Leipzig die verschiedenen Gruppen der von den DDR-Zusatzrenten Betroffenen treffe, egal ob es die Braunkohleveredler aus Espenhain sind, was kurz vor Leipzig liegt, oder auch die in der DDR geschiedenen Frauen oder die Eisenbahner, dann ist es vor allem eine Gemütslage, die ich immer sehr beeindruckend finde. Sie sagen dann: „Wir sitzen jetzt seit 30 Jahren hier und erklären einer Generation von Abgeordneten nach der anderen, was unser Problem ist. Wir schieben immer wieder Gespräche im Bundestag an. Die Abgeordneten kümmern sich, sind alle immer bemüht, irgendwann treten sie ab. Die nächste Generation von Abgeordneten kommt. Wir fangen wieder von vorne an. Sie sind jetzt die dritte oder vierte Generation von Abgeordneten, denen wir das wieder ganz von vorne erklären müssen. Und über 30 Jahre ist nichts passiert.“

Dann sitze ich vor diesen Menschen, die meine Großeltern sein könnten, und finde es einfach wahnsinnig beeindruckend, zu realisieren, wie schwer es sein muss, bei diesem Thema zu einer politischen Einigung zu kommen. Diese Fehler und Lücken, die im Zuge des Einigungsprozesses, nicht nur, aber auch bei diesem Thema, entstanden sind, waren 30 Jahre Thema, ohne dass es jemand tatsächlich geschafft hat, irgendetwas Greifbares durch den Bundestag zu bringen. Dass die Ampel jetzt handelt – niemand wird behaupten, dass das ausreichend ausgestattet ist oder nicht irgendjemand mehr Geld hätte hineingeben wollen –, das ist tatsächlich das erste Mal, dass überhaupt etwas passiert. Dass wir so lange dafür gebraucht haben – unabhängig davon, wer die ganzen letzten Jahre regiert hat; das waren unterschiedliche Parteien –, zeigt doch, wie schwer das zu sein scheint. Und das merken auch die Betroffenen vor Ort.

Das Wichtige ist jetzt, dass man wie auch Mecklenburg-Vorpommern durchaus anerkennt – und dort hat das eben nicht nur die Ministerpräsidentin anerkannt, sondern vor allen Dingen auch das Landesparlament im Zuge eines Antrags der Opposition, dessen Intention aber auch von den Regierungsfraktionen unterstützt wurde –, dass für die Fehler und Lücken im Einigungsprozess, für den so viele Akteure in den frühen 90er-Jahren verantwortlich waren, wobei der schnelle Beitrittsprozess natürlich viele der Verhandlerinnen und Verhandler damals überfordern musste, alle politische Verantwortung tragen.

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass auch Landtage diese Verantwortung anerkennen. Und ich finde, dass auch andere Landtage und andere Ministerpräsidenten diese Verantwortung übernehmen sollten. Viele Kommentatoren sagen ja jetzt zu Recht: Dass manche Länder dies gerade verweigern, ist einmal mehr eine Demütigung der Betroffenen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Um das zu revidieren, ist noch bis März Zeit. Nicht nur, aber auch in Sachsen unterstützen wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass sich auch Sachsen daran beteiligt, gerade angesichts von 1,5 Milliarden Euro Überschuss im letzten Landeshaushalt.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)