Rede von Katja Dörner Haushalt 2018: Familie, Senioren, Frauen und Jugend

17.05.2018

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich erinnere mich noch sehr gut an den Jubel der SPD, weil sie im neuen „GroKöchen“ das Finanzministerium ergattert hat – das zentrale Ministerium mit Gestaltungsspielraum, hieß es. Und jetzt? Gestaltung – Fehlanzeige! Das merkt man leider auch ganz klar im Etat der Ministerin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es reicht eben nicht, das Kapitel zur Kinder- und Familienpolitik im Koalitionsvertrag nach vorne zu ziehen, wenn man eben nicht bereit ist, endlich Butter bei die Fische zu geben – bei der Bekämpfung der Kinderarmut, beim Kitaausbau. Es geht auch darum, Familien mehr Zeit für ihre Kinder zu ermöglichen. Das passiert mit diesem Haushalt alles nicht. Deshalb beraten wir einen Haushalt ohne Zukunft, und er darf auf keinen Fall so bleiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Giffey macht auf mich einen zupackenden Eindruck; das finde ich gut. Deshalb: Packen Sie sich Olaf Schäuble! Erklären Sie ihm, dass er Scholz heißt,

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass er von der SPD kommt, dass er gefälligst ordentlich in die Kitas zu investieren hat! Das erwarten wir von Ihnen, Frau Ministerin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Stichwort „Kita“: Ich finde, ein Qualitätsentwicklungsgesetz gut, weil die Standards bundesweit sehr unterschiedlich sind und weil wir auf Bundesebene Wege beschreiben müssen, wie wir zu guten einheitlichen Standards kommen. Aber die eierlegende Wollmilchsau, die die Ministerin jetzt verspricht, ist mit 3,5 Milliarden Euro, auf die gesamte Legislatur bezogen, doch überhaupt nicht zu haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Was alles passieren soll: bessere Personalstandards, Leitungszeit, Sprachförderung und auch noch Gebührenfreiheit. Da sind doch 3,5 Milliarden Euro ein schlechter Witz. Das Gesetz soll jetzt „Gute-Kita-Gesetz“ heißen. Es heißt so, laut Frau Giffey, damit die Leute verstehen, was gemeint ist. Ich sage Ihnen: Die Leute verstehen ganz schnell und ganz gut, wenn in einem Gesetz nicht drin ist, was draufsteht, und dann ist der Schaden sehr groß.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb sage ich noch mal, Frau Giffey: Packen Sie sich Herrn Scholz!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Zeit für Familie ist offensichtlich kein Thema für diese Koalition. In den letzten Jahren hat es hier einen Wettbewerb gegeben. Wir Grüne haben unsere KinderZeit Plus vorgeschlagen. Die SPD hat eine Familienarbeitszeit vorgeschlagen. Durchgesetzt hat sich leider die Union mit: kein Konzept; alles bleibt, wie es ist.

(Nadine Schön [CDU/CSU]: Nein, nein, nein!)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen vom „GroKöchen“, wird Ihnen auf die Füße fallen; denn mehr Zeit für Familie ist ein ganz zentrales Thema für viele Eltern, und deshalb werden wir weiter für unsere KinderZeit Plus werben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe, viele von Ihnen haben am Montag die ARD-Dokumentation „Wenn Eltern ihre Kinder misshandeln“ gesehen. Ich finde, die Studie der Universität Koblenz, wonach in den Allgemeinen Sozialen Diensten 16 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Kinderschutz fehlen, muss uns alle aufrütteln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Susann Rüthrich [SPD])

Ich weiß, wir sind da nicht unmittelbar zuständig. Aber auch der Bund muss im Kinderschutz seine Hausaufgaben machen. Das heißt: Kinderrechte ins Grundgesetz, und zwar mit einer Formulierung, die im Sinne der Kinder einen echten Unterschied macht.

(Beifall der Abg. Susann Rüthrich [SPD])

Wir brauchen endlich eine Fortbildungsverpflichtung für Familienrichter und Familienrichterinnen, und wir brauchen eine Reform mit Blick auf die Belange der Pflegekinder, die die Kinder endlich in den Blick nimmt und ihnen ein gutes Aufwachsen in Stabilität und Kontinuität ermöglicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Bundesregierung ist im Bereich Kinderschutz massiv gefragt, und ich hoffe sehr, dass da mehr kommt als das, was der Koalitionsvertrag vermuten lässt.

Frau Ministerin, Sie haben eben erneut von „Fack Ju Göhte 3“ geschwärmt; das haben Sie im Ausschuss auch schon getan. Ich will Ihnen ebenfalls einen Film ans Herz legen. Schauen Sie sich „Suffragette“ an! Dieses Jahr haben wir 100 Jahre Frauenwahlrecht, aber der Anteil der Frauen im Deutschen Bundestag ist beschämend gering, und das liegt nicht an uns Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frauen finden keine Plätze in Frauenhäusern.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das Rückkehrrecht in Vollzeit klebt schon wieder im Kabinett fest, und die SPD – das muss ich leider sagen – ist beim § 219a StGB aufs Peinlichste vor der Union eingeknickt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss. – Wir Grüne werden in den nächsten Jahren ganz genau aufpassen, dass diese Legislaturperiode nicht zu verlorenen Jahren für die Frauen in diesem Land wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)