Rede von Anja Hajduk Haushalt 2018: Wirtschaft und Energie

17.05.2018

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben in Ihrer Rede deutlich gemacht, dass Sie das BMWi in erster Linie als Mittelstandsministerium verstehen. Ich würde sagen, es stimmt: Wenn wir in Zukunft nachhaltig mit erfolgreichen Produkten vorkommen wollen, dann muss der Mittelstand jetzt zur Digitalisierung forschen, ressourcenschonendere Prozesse entwickeln und auch in Energieeffizienz investieren. All das ist mit Blick auf den Mittelstand richtig.

Ich möchte Ihnen ein paar konkrete Vorschläge machen, damit Sie da handeln, wo der Schuh drückt.

Erstens. Die steuerliche Forschungsförderung ist allen bekannt, und Sie wollen sie auch einführen. Sie stand im letzten Koalitionsvertrag, ist aber nicht gekommen. Sie ist jetzt nicht etatisiert, sie gehört nicht zu den sogenannten prioritären Maßnahmen im Finanztableau. Das heißt, wenn die steuerliche Forschungsförderung nicht spätestens 2019 in trockenen Tüchern ist, müssen wir wahrscheinlich damit rechnen, dass das Projekt in dieser Legislaturperiode wieder nichts wird, und dann drückt der Schuh weiter an dieser Stelle, Herr Minister.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Forschungsförderung gehört aber auch die Projektförderung, etwa im Rahmen des Programms ZIM und der Industriellen Gemeinschaftsforschung. Sie müssen und sollten auf höherem Niveau fortgesetzt werden und dürfen jetzt nicht unter der Ankündigung der Einführung der steuerlichen Forschungsförderung leiden; aber diesen Anschein erweckt der Etat.

Besonders möchte ich hier kritisieren, dass Sie zwar auch davon sprechen, wie wichtig es ist, Start-ups und Gründer zu unterstützen, aber nicht verhindern, dass zum Beispiel das Programm EXIST, das Ausgründungen von Universitäten und Forschungseinrichtungen fördert, komplett unterfinanziert ist. Man bräuchte von der Nachfrage her eigentlich doppelt so viel, also 40 Millionen Euro mehr. Bei Ihrem großen Etat – Frau Bluhm hat es dargestellt – müsste das eigentlich locker drin sein. Ich fordere Sie auf, hier wirklich etwas zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Herr Minister, ein zweiter großer Posten in Ihrem Haushalt ist die Luft- und Raumfahrt: 1,7 Milliarden Euro. Sie haben da in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit eigentlich schon eine Menge zu tun. Ich sage mal: Air Berlin, A380, Ariane. Man könnte witzig sagen, hier müsste an einem Triple A noch heftig gearbeitet werden. Bei Air Berlin werden wir auf einer Restschuld von 89 Millionen Euro sitzen bleiben. Der Bundesrechnungshof prüft hier zum Glück noch, ob die Bundesregierung da – auch mit Ihrer Unterstützung – wirklich rechtmäßig und richtig gehandelt hat. Ich erwarte da auch von Ihnen persönlich eine wirkliche Aufarbeitung, Aufklärung und Stellungnahme.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die WTO hat jüngst entschieden, dass die öffentlichen Subventionen für Airbus nicht rechtmäßig waren. Wir müssen damit rechnen, dass es zu Handelssanktionen seitens der Amerikaner kommt; Sanktionen im Umfang von 7 bis 10 Milliarden Dollar stehen da in Aussicht. Wir haben jetzt erfahren, dass der Darlehensvertrag für den A380 in Ihrem Hause ganz kurzfristig überarbeitet wird. Das wäre ja erstmal okay, aber wir werden da im Haushaltsausschuss schon wieder gedrängt. Wir wurden nicht sorgfältig einbezogen, aber sollen kurzfristig den Darlehensvertrag in einer veränderten Weise zur Kenntnis nehmen bzw. billigen. Hier geht es um mögliche Darlehensverluste von mehreren Hundert Millionen Euro. Das sind Darlehen für die Entwicklung des A380, bei dem es Absatzprobleme gibt. Man muss mit solchen Problemen vernünftig umgehen. Ich fordere Sie auf: Sorgen Sie in Ihrem Haus für Sorgfalt und Ruhe, anstatt wichtige Verträge hektisch durchzuwinken – gerade in Zeiten, in denen man so ein belastetes Verhältnis zu den Amerikanern hat. Ich kann Ihnen nur sagen: Was ich da gestern und die letzten Tage erlebt habe, war nicht in Ordnung. Kümmern Sie sich darum!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim Thema Ariane 6 müssen wir auch aufpassen. Wenn wir eine teure neue Rakete bauen lassen, bei der es im Vergleich zur etwas veralteten Ariane 5 um die Hälfte billiger sein wird, zum Beispiel einen Satelliten ins All zu befördern, dann erwarte ich, dass die Ariane 6 in Zukunft auch genutzt wird. Je öfter sie anstatt der Ariane 5 eingesetzt wird, desto weniger teuer ist es für den Steuerzahler. Ich spreche das hier an, weil wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass öffentliche Auftraggeber, auch aus Deutschland, vermeintlich aus Kostengründen die Angebote amerikanischer Konkurrenten nutzen. Diese Angebote sind nur vermeintlich günstiger, denn da wird ordentlich quersubventioniert. Deswegen müssen die Bundesregierung und die Europäische Union bei der selbstentwickelten Ariane-Rakete im Sinne einer eigenen europäischen unabhängigen Raumfahrt agieren. Wir können das Projekt nur mittragen, wenn die Rakete auch zum Einsatz kommt. Sonst können wir den Traum von der eigenen europäischen Raumfahrt vergessen. Hier besteht wirklich Handlungsbedarf.

Allerletzter Punkt.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ja.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Der kommt zum Schluss. – Zum Thema Energieeffizienz. 30 Prozent der Mittel Ihres Haushalts werden für die Förderung von Energieeffizienz eingesetzt. Dazu haben Sie aber in Ihrer Rede nichts gesagt. Das Problem ist: Es wird viel Geld für die Energieeffizienz bereitgestellt, aber die Mittel fließen nicht ab. Der Anteil von erneuerbaren Energien ist eigentlich erhöht worden, um den durch die 2015 eingeführte Kohlereserve verursachten CO 2 -Ausstoß zu kompensieren. Wenn das Geld liegen bleibt, wenn Sie sich nicht darum kümmern, dass die Mittel abgerufen werden, und Sie hier nicht einmal über das Thema reden, dann werden wir unsere Klimaschutzziele nicht erreichen können. An dieser Stelle besteht also großer Nachbesserungsbedarf. Aber, Herr Altmaier, Sie fangen in Ihrem Haus erst an.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ja, jetzt reicht es.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich habe aber noch Hoffnung. Die Bilanz muss besser werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)