Rede von Harald Ebner Haushalt 2019: Ernährung und Landwirtschaft

20.11.2018

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Haase, Herr Staatssekretär, es ist wunderbar, dass Sie jetzt Geld für die schmerzfreie Ferkelkastration ausgeben. Gut gemacht! Aber ich frage Sie: Warum eigentlich erst 2019, wenn die fünfjährige Frist, die Sie sich selbst gesetzt haben, schon längst abgelaufen sein wird? Kann mir irgendjemand in diesem Haus sagen, warum das nicht in einem der letzten fünf Haushalte aufgetaucht ist? Da hätte es doch geholfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit hätten Sie den Bauern helfen können, und damit hätten Sie millionenfaches Leid der Ferkel verhindern können. Vor allem aber hätten Sie diese unsägliche schmerzhafte Kastrationspraxis, ohne jegliche Betäubung, jetzt nicht noch einmal verlängern müssen. Das ist etwas, was wir von einer Haushaltsplanung verlangen. Wir verlangen, dass sie nicht in die Vergangenheit gerichtet ist, sondern in die Zukunft, sodass man nicht, wie Sie es jetzt machen müssen, im Nachhinein Fehler beheben und Löcher notdürftig flicken muss.

Große Zukunftsaufgaben im Bereich der Agrarpolitik sind zum Beispiel der Kampf gegen das Insektensterben und die Senkung des Einsatzes von Pestiziden. Sie wollen jetzt damit beginnen, eine Ackerbaustrategie zu entwickeln. Sie wollen „beginnen, eine Ackerbaustrategie zu entwickeln“, mit sage und schreibe 5 Millionen Euro. Das ist eine sehr kleine Antwort auf ein sehr großes Problem. Hier sollten Sie klotzen und nicht kleckern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen liefern Sie sich ein Schauspiel gegenseitiger Blockaden mit der Umweltministerin.

Eine echte, ernstgemeinte Strategie zum Ausstieg aus der Nutzung von Glyphosat und anderen Pestiziden muss doch beinhalten, dass man heute massiv in die Erforschung alternativer Methoden investiert, damit wir den Bäuerinnen und Bauern morgen Methoden anbieten können. Aber Ministerin Klöckner schimpft erstens jeden, der andrer Meinung ist, einen Ideologen, und zweitens haut sie lieber flotte Sprüche raus und rudert anschließend zurück. Von „Glyphosateinsatz so schnell wie möglich beenden“ bleibt bei Ihnen am Ende lediglich: Einsatz zurückdrängen, und das in frühestens fünf Jahren. – Mit Fünfjahresfristen haben Sie ja so Ihre Erfahrungen gemacht.

Die Forschung an Alternativen, mit denen die Landwirtinnen und Landwirte unterstützt werden können, was passiert da? Ziemliche Fehlanzeige! Über 4 Prozent des Agrarforschungsanteils kommen Sie da nicht hinaus. Aber genau da müssen wir investieren, um den Herausforderungen, auch der Klimakrise, zu begegnen. Wo sind denn die großen Aufbruchsignale aus diesem Haushalt für eine klimastabile Land- und Waldwirtschaft? Ministerin Klöckner hat stattdessen mal wieder die Gentechnik entdeckt, die alles richten soll, diesmal die neue Gentechnik – mit den alten Versprechen im Übrigen.

Zum Glück hat der Europäische Gerichtshof im Juli klar geurteilt und festgestellt: Auch neue Gentechnik ist Gentechnik und muss genauso gekennzeichnet und geprüft werden. Das ist ehrlich, auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber, die keine Gentechnik wollen.

Aber die Konsequenz, die die Frau Ministerin zieht, weil ihr der Richterspruch nicht passt, ist, das Gesetz zu ändern. Das reißt hier ein bei der Union, erst beim Diesel, dann bei der Gentechnik: Wenn Ihnen Urteile nicht passen, ändern Sie die Gesetze, die so lästig sind, und wenn jemand aufmuckt, erkennt man ihm die Gemeinnützigkeit ab.

(Zuruf von der FDP: Ja! Bravo!)

– Finden Sie gut? Ich finde, damit legen Sie die Axt an die Grundfesten der pluralistischen und freiheitlichen Demokratie.

(Zuruf von der FDP: Das ist kein Pluralismus, Herr Kollege!)

– Das finde ich schon.

(Zuruf von der FDP: Tolle Vorstellung von Zivilgesellschaft, die Sie da haben!)

Statt da den Biotech-Konzernen hinterherzurennen, sollten Sie sich lieber um die Systemfragen für eine klimastabile Land- und Forstwirtschaft kümmern. Stellen Sie endlich Mittel ein für Forschung an Alternativen! Stellen Sie Mittel ein für den Waldumbau; der ist dringend notwendig.

(Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir alles schon gelesen! – Carina Konrad [FDP]: In den Ländern, wo Sie regieren, ist der Wald am schlimmsten dran!)

Wir können nicht auf Dauer – ich bin gleich fertig, Frau Präsidentin – die Klimaschäden, die entstehen, ausgleichen. Wir müssen dafür sorgen, dass der Wald klimastabil ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Überall da, wo die Grünen regieren!)

Also lassen Sie uns diese hochproblematischen Fichten- und Kiefern-Monokulturen endlich mal umbauen! Dafür sollten wir Geld in die Hand nehmen, im Übrigen auch für Löschflugzeuge, damit man Brände schnell löschen kann.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Jetzt nehme ich Sie aber beim Wort.

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Genauso sollte man endlich dafür sorgen, dass auch die europäische Agrarpolitik hier ein Zeichen setzt und ökologische Leistung statt Fläche honoriert.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)