Rede von Margarete Bause Haushalt 2021 - Einzelplan Auswärtiges Amt

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09.12.2020

Margarete Bause (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Außenminister! Morgen ist der Internationale Tag der Menschenrechte, und auch in dieser Debatte wurden die Menschenrechte immer wieder erwähnt, allerdings nicht von Ihnen, Herr Maas. Anlässlich der Wahl Deutschlands in den UN-Menschenrechtsrat haben Sie aber verkündet – Zitat –: „Menschenrechte bilden das Fundament deutscher Außenpolitik.“ Es stellt sich die Frage, wie stabil und belastbar dieses Fundament an den entscheidenden Stellen ist, nämlich an den Stellen, wo es einer Belastungsprobe ausgesetzt ist, an den Stellen, wo man in den Konflikt gehen muss. Denn wer für Menschenrechte einsteht, muss mutig sein, und wer glaubwürdige Menschenrechtspolitik betreiben will, muss konfliktbereit sein. Es braucht Haltung statt Wegducken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was macht die Bundesregierung? Beispiel China. Letzte Woche wurden Joshua Wong und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu skandalös hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich an friedlichen Protesten in Hongkong beteiligt hatten. Die Reaktion des Auswärtigen Amtes darauf? Ich zitiere: „Besorgniserregende Entwicklungen … zur Lösung der … Herausforderungen … nicht zuträglich.“ Nicht zuträglich? Da zerstört Peking die letzten Reste von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Hongkong, statuiert Schlag auf Schlag abschreckende Exempel an Demokratieverteidigerinnen und ‑verteidigern, verschleppt Journalistinnen und Journalisten sowie Politiker, kassiert Wahlen, schmeißt die Opposition aus dem Parlament, und dem Auswärtigen Amt fällt dazu nichts anderes ein, als von „besorgniserregenden Entwicklungen“ zu sprechen. Und während die KP Chinas vor den Augen der Welt Völkerrecht bricht und in Xinjiang monströse Menschenrechtsverbrechen exerziert, drängt die Kanzlerin in Brüssel darauf, dass jetzt endlich das Investitionsabkommen mit China abgeschlossen werden muss. Was für ein fatales Signal!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Beispiel Ägypten. Das Land, das Sie gerne als Stabilitätsanker im Nahen Osten bezeichnen, beteiligt sich am Krieg gegen den Jemen und hat eine verheerende Menschenrechtssituation. Human Rights Watch schätzt, dass mindestens 60 000 politische Gefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert sind. Sogar Kinder werden gefoltert und mit Todesstrafe belegt. In den letzten zwei Monaten gab es eine regelrechte Welle an Hinrichtungen. Die Bundesregierung unterstützt den Polizei- und Folterstaat al-Sisis mit gewaltigen Finanzmitteln und Exportgarantien und beliefert das ägyptische Militär wie kein anderes Land weltweit mit Waffen. Der Hebel, den Deutschland gegenüber Ägypten zur Verbesserung der Menschenrechtslage hat, ist stark, aber er wird nicht mal ansatzweise genutzt. Stattdessen wird dem ehemaligen ägyptischen Botschafter in Berlin, der seine Botschaft hier zur Spitzelzentrale ausgebaut hat, noch das Bundesverdienstkreuz verliehen. Was für ein Wahnwitz!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beispiel Indien. In Indien verschlechtert sich die Menschenrechtslage massiv. Gleichzeitig ist das Land der wichtigste Partner Deutschlands in der Allianz für Multilateralismus, die Sie, Herr Maas, auch mal als Allianz für die Menschenrechte bezeichnet haben. Aber wo, frage ich mich, bleibt Ihr Einsatz, wenn von der Regierung Modi Menschenrechtsorganisationen kriminalisiert werden, die Zivilgesellschaft drangsaliert wird und bis zu 2 Millionen muslimische Bürgerinnen und Bürger ausgegrenzt, ausgebürgert und in Internierungslager gebracht werden? Da hören wir nichts von Ihnen.

Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschenrechte spielen eine wichtige Rolle in der Politik des Auswärtigen Amtes, auch mit Blick auf den Haushalt an der einen oder anderen Stelle, allerdings nur, solange gerade keine für Sie noch wichtigeren Interessen entgegenstehen, seien es wirtschaftspolitische, seien es migrationspolitische oder seien es geostrategische. Aber die Beendigung von Unrecht, Unterdrückung und Willkür kann nur eingefordert und nicht erschmeichelt werden.

Ihrer Menschenrechtspolitik fehlt es vor allem an einem: an Mut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Der nächste Redner ist der Kollege Roderich Kiesewetter, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)