Rede von Renate Künast Haushalt 2021: Einzelplan Ernährung und Landwirtschaft

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29.09.2020

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Etatentwurf – so muss man sagen – beendet diese Regierung ihre Arbeit, und das ist auch gut so. Viele Herausforderungen gab es in den letzten drei Jahren im Bereich „Ernährung und Landwirtschaft“, und was machen Sie, Frau Ministerin? Sie treten hier auf und jonglieren mit Zahlen und sagen: „Großartig, so viel Geld gab es noch nie“, aber Sie beantworten nicht die Frage, wohin das Geld fließen soll.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist eine Haushaltsberatung!)

– Ja, das ist die Haushaltsberatung, aber wissen Sie: In den Haushaltsberatungen legt man nicht nur fest, wie viel Geld man ausgibt, sondern man muss auch sagen, wofür man das Geld ausgibt. Noch besser wäre es, man würde es sinnstiftend einsetzen und Antworten geben und Probleme lösen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Haase [CDU/CSU]: Lesen!)

Sie haben den Haushalt schöngeredet, aber keinen Weg aufgezeigt, wie die Mittel verwendet werden. Das bleibt völlig offen.

Was ist los? Nach drei Jahren Dürre fürchten die Bauern die nächsten Dürrejahre, weil zum entscheidenden Zeitpunkt kein Wasser und zu anderen Zeitpunkten zu viel Wasser vorhanden ist. Die Bauern wollen endlich faire Preise für die Produkte ihrer Arbeit gezahlt bekommen. Es besteht die Notwendigkeit, endlich regenerativ zu arbeiten und die Biodiversität und das Klima zu schützen. Was tun Sie? Geben an mit 300 Millionen Euro hier und noch 24 Millionen oder 30 Millionen Euro da. Meine Damen und Herren, aus Geld allein wird kein Programm, das Probleme löst.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alles, was Sie tun, ist, eine Zukunftskommission Landwirtschaft einzusetzen, die am Ende der Wahlperiode sicher ihre Ergebnisse vortragen wird. Denen haben Sie aber nicht einmal zugesagt, dass Sie in der Zwischenzeit keine Fakten schaffen werden. Nein, uns erzählen Mitglieder, dass von der Ministerin noch gesagt wurde: Bei der GAP-Reform in Brüssel haben sie nicht mitzureden. – Meine Damen und Herren, hier läuft die Showveranstaltung mit der Zukunftskommission Landwirtschaft, die ihre Ergebnisse nächsten Sommer passend zum Wahlkampf veröffentlichen wird, und zeitgleich werden mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene für die nächsten Jahre Fakten geschaffen, und zwar genau für die Jahre, in denen ein Umsteuern organisiert werden müsste.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Und noch schlimmer: Sie blockieren die GAP-Reform in Brüssel sogar und machen sie zu einem Papiertiger. Was ist denn Ihr Vorschlag? Die Eco-Schemes, die Öko-Regeln, könnten in der ersten Säule zu einer Veränderung führen, indem die Gemeinwohlleistungen der Landwirte wirklich honoriert werden können, wenn die Felder kleiner werden, Hecken und Stoppelacker vorhanden sind und keine Chemie eingesetzt wird. Wir könnten an dieser Stelle eine echte Gemeinwohlprämie einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So würde man Respekt zeigen. Es geht nicht darum, nur respektvoll darüber zu reden.

Wir haben noch zwei Jahre Übergangszeit. Und Frau Klöckner setzt sich dafür ein, dass die Eco-Schemes, die Öko-Regeln, in den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten ausgesetzt werden können und es doch wieder zu den dürren, reinen Direktzahlungen kommt. Meine Damen und Herren, das sind doch wieder vier verlorene Jahre, und zwar nicht nur in Bezug auf die Geldausgabe. Wir helfen den Bauern auf diese Weise nicht nur nicht, sich umzustellen, sondern honorieren sie für das Umstellen auch nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben genauso Ihren Unwillen ausgedrückt, die zweite Säule zu unterstützen, über die konkrete Projekte finanziert werden. Meine Damen und Herren, so geht es im wahrsten Sinne des Wortes nicht. Und jetzt, nachdem Sie Fakten geschaffen haben – deshalb sitzt die CDU/CSU-Fraktion, glaube ich, auch etwas stinkig oder emotional erschöpft in den Sesseln –,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

laden Sie die Fraktionsvorsitzenden für morgen kurzfristig zu einem weiteren Showtermin ein, den Sie damit überschreiben: Man sollte jetzt mal mit dem Bundestag über die Zukunft und den Umbau der Tierhaltung reden.

Frau Ministerin, erst Fakten schaffen, eine Borchert-Kommission einberufen, eine Zukunftskommission einrichten, in Brüssel Fakten schaffen und danach sagen: Könnten wir mal bitte diskutieren? – Nee, so wird keine Zukunft der Landwirtschaft daraus, und so wird auch kein Gesellschaftsvertrag daraus, Frau Ministerin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein letzter Satz: Sie loben sich für den Bereich Ernährung, aber auch dort werden Sie der Aufgabe, etwas gegen Lebensmittelverschwendung und ernährungsbedingte Erkrankungen, gegen Übergewicht zu tun, nicht gerecht. Alles freiwillig, alles nur im Interesse der Industrie gedacht.

(Zuruf von der FDP: Gott sei Dank!)

Sie schützen nicht mal die Kinder, um deren Gesundheit wir uns sorgen müssten. Wir müssten überlegen, ob man für Softdrinks für Kinder überhaupt werben darf und ob man vielleicht den Zucker in Softdrinks besteuern muss. Nein, meine Damen und Herren, Sie können in diesem Haushaltsentwurf gern mit Zahlen jonglieren, aber es wird Zeit für ein anderes, ein ehrgeiziges, ein angemessenes Programm.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, bitte.

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es wird Zeit, dass endlich etwas getan wird, wovon die Bauern etwas haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Nächster Redner ist der Kollege Albert Stegemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)