Rede von Steffi Lemke Haushalt 2021: Einzelplan Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

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29.09.2020

Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, in meinen Augen ist Ihr Haushalt einer, der vor 15 Jahren möglicherweise ein guter gewesen wäre; das war die Zeit, als Frau Merkel und Herr Gabriel, der damalige Umweltminister, auf einem grönländischen Gletscher in roten Parkas posiert haben. Den Gletscher gibt es heute nicht mehr; er ist abgeschmolzen. Hätten Sie einen solchen Haushalt zu dieser Zeit vorgelegt, hätten wir ihn möglicherweise sogar loben müssen, aber jetzt, da wir in diesem Sommer in Deutschland und international von Hitzewellen, Dürrekatastrophen und Waldbränden in einem sehr immensen Ausmaß betroffen sind, ist er einfach komplett aus der Zeit gefallen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -Stefan Keuter [AfD]: Wo waren Sie diesen Sommer?)

Hinzu kommt, dass mit diesem Bundeshaushalt, wenn er so beschlossen wird, so viel Geld vom Deutschen Bundestag in die Hand genommen wird wie in den letzten Jahrzehnten nie, und in einer solchen Situation setzen Sie keinerlei Akzente für Investitionen in Naturschutz, in Klimaschutz und in Umweltschutz, und legen Sie keinerlei wirksame ordnungsrechtliche Maßnahmen für Umweltschutz und Klimaschutz vor; das Kohleausstiegsgesetz nehme ich an dieser Stelle aus. Nach drei Jahren legen Sie außerdem lediglich einen Referentenentwurf zum Insektenschutzgesetz vor, der die Pestizidreduktion, eine der wichtigsten Stellschrauben, auch noch komplett ausklammert. Das ist Versagen auf der ganzen Linie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte daneben anfügen, dass Sie auch die umweltschädlichen Subventionen – seien es die Plastiksubventionen, das Dieselprivileg oder das Privileg für Dienstfahrzeuge – mit diesem Haushalt um keinen Millimeter abbauen; sie bleiben auf der Höhe von 57 Milliarden Euro. Auch an dieser Stelle und in dieser Situation, in der sich in unserer Welt so viel verändert und wir durch die Coronapandemie sehr viel in Bewegung setzen mussten, muss ich sagen: Das ist einfach schlichtweg zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am 15. September 2020 haben die Vereinten Nationen ihren Globalen Bericht zur Lage der biologischen Vielfalt vorgelegt: komplettes Scheitern bei allen vereinbarten Zielen von vor zehn Jahren. Auch Sie sind fast bei allen Zielen der nationalen, deutschen Biodiversitätsstrategie komplett gescheitert; es wurde kaum eines erreicht.

Sie, Frau Ministerin, haben im April verkündet, dass die Coronapandemie dazu führen muss, dass wir daraus Lehren für mehr Naturschutz ziehen, und dass dies ein Weckruf für Naturschutz sein muss, weil die Naturvernichtung eine der Ursachen für eine solche Pandemieentwicklung ist. Mit diesem Haushalt und Ihren Gesetzen liefern Sie an dieser Stelle aber überhaupt gar nichts.

(Timon Gremmels [SPD]: Arbeitnehmerschutzgesetz! Natürlich!)

– Ich habe gerade über den Naturschutz geredet.

Dieser Haushalt ist im Klein-Klein verhaftet. Er bildet an den entscheidenden Stellschrauben nichts ab – und das, ich habe es gesagt, obwohl so viel Geld wie nie zuvor in die Hand genommen wird. Der Umweltetat sinkt gegenüber dem Nachtragshaushalt vom letzten Jahr sogar um 11 Prozent. Unter anderem sinken die Mittel für das Biodiversitätsprogramm, das Programm für die biologische Vielfalt. An dieser Stelle nehmen Sie 7 Millionen Euro weg. Das ist für mich komplett unverständlich und passt mit den Reden, die Sie zur Coronapandemie, zum Naturschutz und zum Insektenschutz gehalten haben, überhaupt nicht zusammen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Haushalt ist einer, der den von Ihnen selbst eingeforderten Perspektivwechsel beim Umgang mit den natürlichen Ressourcen zum Klimaschutz eben nicht vornimmt. Zum Klimaschutzfonds wird meine Kollegin Badum noch ausführen, aber in den anderen Bereichen bleiben Sie komplett blank.

Positiv an diesem Haushalt ist, dass die Sicherungsleistungen für die Altlasten aus der Atomenergie in der Tat abgesichert bleiben; das ist gut, und das begrüßen wir. Ebenso begrüßen wir, dass Gorleben beim Endlagersuchgesetz jetzt aufgrund wissenschaftlicher Kriterien – eine These, die wir Grüne seit langer Zeit vertreten haben – ausgegliedert wurde. Das ist ein positives Fazit.

Die Leistung der Bundesregierung für den Etat, mit dem wir jetzt in das letzte Jahr der Legislaturperiode starten, ist aber einfach dürftig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Metin Hakverdi für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)