Rede von Lisa Badum Haushalt 2021: Einzelplan Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

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29.09.2020

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir als Fränkin und Bayerin eine Vorbemerkung aus regionaler Betroffenheit. Frau Bär und Frau Weisgerber, auch Sie sind Fränkinnen, vielleicht auch noch andere hier. Ich muss sagen: Ich schäme mich für die peinlichen und die schädlichen Äußerungen der Bayerischen Staatsregierung zur Atomendlagersuche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

Bayern hat maßgeblich mit Atommüll produziert, Bayern hat das Standortauswahlgesetz mit unterschrieben. Wie schon Franz Josef Strauß sagte: Unterschriebene, geschlossene Verträge müssen auch eingehalten werden. – Deswegen erwarte ich, dass die CSU da ihre Verantwortung wahrnimmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN und des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

Aus Angst ist die CSU heute auch kaum vertreten. Das verstehe ich, weil wir so einen peinlichen Anblick abgeben. Aber nicht ganz Bayern steht dahinter.

Jetzt zu Ihnen, Frau Ministerin Schulze. Ich habe ein paar Interviews von Ihnen nachgelesen. Sie haben gesagt, dass in der Klimaschutzpolitik der vergangenen Jahre Fehler passiert sind, dass da zu wenig passiert ist. Da möchte ich Ihnen ausdrücklich recht geben. Ich habe mir die Aktionen mal angeschaut: 2007 wurde das Integrierte Energie- und Klimaprogramm verabschiedet, 2014 das Aktionsprogramm 2020, 2016 der Klimaschutzplan 2050. Wenn wir jetzt, im Jahr 2020, Bilanz ziehen und fragen: „Haben wir es geschafft, der Klimakrise die Stirn zu bieten, was haben wir effektiv erreicht?“, dann müssen wir sagen: In der Bundesrepublik Deutschland ist seit 2005 kaum CO eingespart worden. Im Verkehrssektor ist der Ausstoß sogar gestiegen. – Das ist die skandalöse Realität, in der wir leben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was bedeutet es vor Ort, wenn wir die Erderhitzung nicht stoppen können? Ich habe für Bayern aus Ihrem Ministerium eine Antwort bekommen; aber, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, für alle Ihre Wahlkreise gibt es ähnliche Antworten. Bei uns ist die Durchschnittstemperatur in den letzten Jahren um 0,8 Grad gestiegen. Wir haben mehr heiße Tropennächte. Wir haben vertrocknete Felder.

(Karsten Hilse [AfD]: Hochwasser!)

Die Zahl der Flächen, die bewässert werden müssen, hat sich seit 2009 verdoppelt. Die Gefahr für Waldbrände ist gestiegen. Die Zahl der Hitzetoten in Städten ist gestiegen.

Ich weiß, dass Sie das genauso schockiert wie mich, Frau Schulze. Aber was mich sehr besorgt, ist, dass Sie im Ministerium die Kosten dieser ganzen Klimaschäden nicht mal dokumentieren. Das haben Sie mir auch geantwortet: Sie wissen nicht, was Kommunen, Bund und Länder insgesamt für Klimaschäden, für diese Schäden in Wasserwirtschaft, Tourismus, Bauwesen, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, ausgeben.

(Karsten Hilse [AfD]: Institute!)

Das wissen Sie nicht. Aber trotzdem zögern Sie nicht, das Geld für Maßnahmen und Anpassungen an den Klimawandel von 60 auf 22 Millionen Euro im Haushalt zu kürzen. Das sind 38 Millionen Euro weniger für betroffene Regionen und Kommunen, die wir mit den Folgen der Klimakrise alleinlassen. Das ist unverantwortlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Alleine? Wir investieren! Massiv!)

Zugleich – das haben alle Vorrednerinnen und Vorredner auch erwähnt – geben Sie weiterhin 57 Milliarden Euro Geschenke an die Öl- und Gasindustrie. Dem stellen Sie Ihr Klimapaket mit Zahlungen in Höhe von 52 Milliarden Euro bis 2023 gegenüber. Das sind zweimal Milliardenbeträge; das hebt sich gegenseitig auf. Der politische Effekt ist sozusagen gleich null.

Aber die Krone setzen Sie dem Ganzen mit dem Energie- und Klimafonds auf. Aus einem Klimafonds, würde ich denken, sollen saubere, neue Energien finanziert werden. Aber Sie bezahlen daraus zum Teil die Abwicklung von dreckigen, von alten Energien. Sprich: Die Entschädigungen an die Kohlebetreiber zahlen Sie aus dem Energie- und Klimafonds. Ich frage Sie: Soll der Klimafonds Klimaschutz oder Geschenke an diejenigen finanzieren, die in den letzten Jahrzehnten unser Klima zerstört haben, Frau Schulze? Diese Antwort hätte ich gerne von Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE])

Wenn Sie hier in der Regierung wirklich verstanden hätten, was die Klimakrise bei uns bedeutet, was sie weltweit bedeutet, dann würden Sie handeln, dann würden Sie das Geld aus den fossilen Energien in erneuerbare Energien stecken, dann würden Sie uns zeigen, wie massenhaft Autos ohne Öl und Gas fahren können,

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Massen von Stromausfällen wie in Kalifornien!)

wie wir Fahrrad-Highways quer durch Deutschland ziehen, wie wir in Nachtzügen ausgeruht ankommen. Das wäre der Spirit, Frau Schulze. Das wären die Klimaministerien, die Sie wollen. Packen Sie Herrn Altmaier und seine Klimacharta, und zeigen Sie Herrn Scheuer die Tür, damit Sie endlich eine erfolgreiche Klimapolitik in dieser Regierung machen, damit wir endlich eine Veränderung hinkriegen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die SPD-Fraktion hat nun Dr. Nina Scheer das Wort.

(Beifall bei der SPD)