Rede von Gerhard Zickenheiner Haushalt 2021 - Einzelplan Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

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08.12.2020

Gerhard Zickenheiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben es nicht leicht in diesem Kabinett. Sie halten hier den Kopf dafür hin, dass mit Ihrem Budget die Ziele des Ministeriums für Umwelt nicht zu erreichen sind.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wieso das denn?)

Dabei verweisen die 0,6 Prozent des Gesamthaushaltes für Ihr Haus schon darauf, dass es die Bundesregierung ist, die die Klima- und Umweltkrise als größte Gefahr der Menschheit zwar formal anerkennt, aber mit dem Haushalt in keiner Form im nötigen Umfang angeht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Droht die Lufthansa abzustürzen, dann versucht die Regierung, dies mit allen Kräften zu verhindern, übrigens mit dem Dreifachen Ihres Jahresbudgets. Gleichzeitig geht ein großer Teil unserer flugfähigen Biomasse in Form von Insekten und Vögeln vor die Hunde, obwohl diese bekanntlich die weitaus größere Relevanz für die Überlebensfähigkeit unserer Bevölkerung hat. Es geschieht nichts, was nach Meinung der Fachleute auch nur annähernd in der Lage ist, das ernsthaft zu verhindern. Klima, Fauna, Luftqualität etc. dito.

Diese Regierung hat es mit diesem Haushalt auch für das letzte Jahr der Legislaturperiode verpasst, die Zukunft dieses Landes in die Hand zu nehmen und angemessen auf die Bedrohungslage durch die Klimakrise, das Artensterben und den Biodiversitätsverlust zu reagieren. Stattdessen müssen Sie Symbolpolitik fahren und Plastiktüten verbieten, aber nur die mitteldicken mit 15 bis 50 Mikrometern, weil die Industrie und der Koalitionspartner sonst erschrecken könnten.

(Andreas Bleck [AfD]: Haben Sie nicht mal dafür gestimmt?)

Dementsprechend kann die Perspektive nur mager sein. In Form des Plastiktütenscheinangriffes heißt das: Die restlichen 99 Prozent des deutschen Kunststoffverbrauches bleiben davon unberührt. Viel stärker aber als dieses Scheingefecht gegen den Plastikverbrauch sorgt mich die Umsetzung des eh schon ambitionslosen Klimaschutzgesetzes. Frau Ministerin, Sie schreiben auf Ihrer Website: „Dass Deutschland seine Klimaziel verfehlt, darf sich nicht wiederholen.“

Wir haben kürzlich die einfache Frage an die Bundesregierung gestellt, wer diese Klimaschutzmaßnahmen eigentlich umsetzen soll.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der SPD-Fraktion?

Gerhard Zickenheiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein. – Wer dämmt die Häuser? Wer plant die Radwege? Wer baut die Netze? – und so weiter. Und in der Antwort auf unsere Frage ging dann das Gestottere los. Detaillierte Zahlen – Fehlanzeige, aber für fast alle Bereiche wie Bau, Forst etc. wurde für Planung sowie Umsetzung bescheinigt, dass bereits seit Jahren ein enormer Mangel an Fachkräften besteht. Vom Fachkräftemangel hat man ja schon einmal etwas gehört, aber bei dem Erstellen des Gesetzes hat das anscheinend niemand bedacht. Dabei addieren sich drei Faktoren auf fatale Weise zusammen. Erstens sind alle benötigten Berufsgruppen schon jetzt Mangelware. Zweitens brauchen wir aufgrund des Klimaschutzgesetzes zusätzliche Fachkräfte. Und drittens kommen noch die ebenfalls bekannten demografisch bedingten Rückgänge bei den Erwerbstätigen in den kommenden Jahren verschärfend hinzu.

Es gibt nicht einmal eine Studie, geschweige denn eine wissenschaftliche Aufarbeitung zur Frage, wie es um die Deckung des Personalbedarfs Ihres Klimapaketes bestellt ist, obwohl klar ist, dass Ihr Klimaschutzgesetz von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, wenn die Fachleute fehlen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese fundamentale Grundlage herbeizuschaffen, müsste sogar mit Ihrem Etat und dem der beteiligten Ministerien noch zu schaffen sein. Gehen Sie diese Aufgabe endlich an, und reagieren Sie auf die Ergebnisse, die Sie dann haben werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Deutschland seine Klimaziele verfehlt, darf sich nicht wiederholen. Daran werden nicht nur wir Sie messen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Die SPD-Fraktion hat um eine Kurzintervention gebeten, die ich erlaube, obwohl der nächste Redner auch von der SPD kommt. – Sie, Herr Zickenheiner, können zu Ihrem Platz gehen. – Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort.