Rede von Dieter Janecek Haushalt 2021 - Einzelplan Wirtschaft und Energie

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01.10.2020

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich bedanken bei den Gründerinnen und Gründern, bei den Start-ups, bei den Sozialunternehmen, die uns Grüne diese Woche auf Platz eins beim Deutschen Startup Monitor gewählt haben. Vielen Dank für das Vertrauen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, damit ist aber auch der Hinweis an Sie verbunden, Herr Minister Altmaier, dass Sie eben viel über das Klima reden, aber immer noch als der gesehen werden, der für die fossile Vergangenheit spricht. Man konnte das ja heute auch in dem Beitrag von „WDR Investigativ“ nachverfolgen,

(Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

wo Ihnen nachgewiesen worden ist, dass Sie beim Abgaslabel Pkw nicht die Interessen der Verbraucher berücksichtigt haben, sondern eben die der Industrie. Ich glaube, das ist Ausdruck des Widerspruchs, der sich in dem von Ihnen vorgelegten 20-Punkte-Plan finden lässt. Ich lese den, und ich diskutiere den auch gerne mit Ihnen. Ich wäre aber auch gerne mal dabei – zumindest würde ich gerne einen Bericht von Ihnen darüber hören –, wenn Sie diesen Plan in Ihrer Fraktion mit Herrn Linnemann, Herrn Pfeiffer und all den anderen diskutieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn mit wem sprechen wir denn eigentlich von der Union, wenn wir über Klimaschutz reden? Das wissen wir Grüne bis heute nicht.

Ein Haushalt, der auf Zukunft, auf Investitionen im Klimaschutz und übrigens auch in digitale Infrastruktur setzt, haben Sie nicht vorgelegt. Wenn man sich anschaut, wo wir beim Thema digitale Infrastruktur stehen, stellt man fest, dass uns Frankreich mittlerweile überholt hat, weil Präsident Macron das zu einem Schwerpunktthema gemacht hat. Wir haben es in der Coronakrise, Herr Linnemann, gesehen, wie schlecht wir in vielen Bereichen sind. Ich glaube, wir müssen da wirklich einen Sprung nach vorne machen. Das heißt auch: Bündelung der Kompetenzen beim Digitalen, Programme auflegen, priorisieren, E-Government, Breitband endlich in die Fläche. Da muss jetzt was vorangehen. Sonst ist Deutschland in vielen Bereichen wirklich abgehängt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich zum Thema Industriepolitik komme, sage ich jetzt mal Richtung CSU gewandt: Wir hören ja sehr viele Überschriften von Herrn Söder. Ihr Parteivorsitzender, Herr Dobrindt, musste das gestern wortreich verteidigen. Herr Söder hat sich ja schon 2007 dafür eingesetzt, dass der Verbrennungsmotor heute Geschichte ist. Das wäre mir fast ein bisschen zu progressiv gewesen, wenn ich ehrlich bin. Jetzt ist 2020. Nun hat er gesagt: Er will es 2035. – Aber zeitgleich setzt sich die CSU dafür ein, dass es Kaufprämien für fossile Verbrenner gibt. Das ist doch keine verlässliche Industriepolitik. Mit Verlaub, das ist ziemlich gaga. So kann man doch nicht vorgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie schaffen auch keine Absatzmärkte fürs Automobil, wenn Sie keine Zukunftsbeschreibung für diesen Markt machen können. Schauen Sie da mal nach Baden-Württemberg. Seit über drei Jahren ist dort ein Automobildialog in allen Branchen präsent – bei der Batteriefertigung, bei den Zulieferern-, hoch geschätzt auch von den Industriepartnern. Ich glaube, das ist etwas, was wir auch für den Bund bräuchten. Wir müssten sagen: Wir nehmen eure Ängste ernst, und die sind auch berechtigt; es wird auch Stellenabbau im technologischen Wandel geben, aber wir helfen euch beim Wandel in die Zukunft. – Das heißt übrigens auch, Standorten zu helfen, die vielleicht in der Vergangenheit auf die fossile Technologie gesetzt haben, sich aber jetzt wandeln wollen und aufgrund des EU-Beihilferechts momentan keine Hilfen bekommen können. Vielleicht liegt auch da ein Ansatz, Hilfen für die Automobilindustrie zu schaffen, die in die Zukunft will.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und natürlich das große Thema Wasserstoffstrategie. Ich finde es gut, dass wir jetzt eine Nationale Wasserstoffstrategie in ersten Zügen formuliert haben. Aber – Anja Hajduk hat es auch formuliert – die Voraussetzung für alles sind die erneuerbaren Energien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können keine Wasserstoffstrategie erfolgreich – übrigens auch nicht im Sinne der Unternehmen – nach vorne bringen, die am Ende die Kohleverstromung in den Prozess einbringt oder darauf setzt: Wir bauen jetzt erst mal nach vorne und verschärfen unsere Klimakrise mit dem, was wir machen. – Das muss Hand in Hand gehen. Sie können nicht sagen: Das kommt dann alles aus Saudi-Arabien und Marokko. – Es wäre schön, wenn wir Verträge mit anderen Staaten schließen können. Das hat dann auch entwicklungspolitische Implikationen, weil die betreffenden Länder auch ihren Strom, ihren Wohlstand vor Ort halten wollen. Aber wir müssen eine Strategie entwickeln, die ehrlich ist. Und ehrlich heißt: Vorrang für den industriellen Sektor. Wir brauchen es zuerst für die Stahl- und Zementbranche, aber auch für Anwendungen in vielen Maschinenbaubereichen. Im Vordergrund sollte eben nicht das Versprechen stehen: Die E-Fuels im Pkw-Bereich sind die, die es als Erstes brauchen. Das wird so nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich über ein Thema sprechen, das hier auch schon angesprochen wurde: das Thema Flugindustrie. Da ist ja in der Tat die Frage, ob wir mit der Umwandlung von Kraftstoffen eine Strategie für den Klimaschutz haben könnten. Aber auch dafür brauchen wir endlich mal Rahmenbedingungen, zum Beispiel eine Quote im Bereich der Fuels, die dafür sorgt, dass der ökologische Anteil sukzessive steigt, dass wir das auf europäischer Ebene durchsetzen, dass wir weltweit einen Markt daraus machen, dass wir da wirklich Innovationen vorantreiben. Dafür braucht es Industriepolitik. Dafür braucht es Sie, Herr Altmaier.

Wir brauchen also einen Schritt nach vorne. Das, was Sie hier vorlegen, ist einfach zu wenig, insbesondere bei den erneuerbaren Energien. Also arbeiten Sie bitte nach!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Andreas Lämmel das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)