Rede von Britta Haßelmann Haushalt 2022 - Generaldebatte Bundeskanzleramt (Epl. 04)

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01.06.2022

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Rede von Herrn Merz habe ich gedacht, die Überschrift lautet „sagt einer, dessen Bundestagsfraktion und Bundesregierung 16 Jahre Verantwortung getragen haben und uns allen im Parlament und in der Gesellschaft einen Riesenberg nicht erledigter Aufgaben hinterlassen haben“, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Herr Merz – ich weiß nicht, wo er gerade ist, vielleicht noch im Plenum oder nach gehaltener Rede schon weg –, ein bisschen weniger Männereitelkeit, ein bisschen mehr Selbstreflexion

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und vor allen Dingen, meine Damen und Herren, ein bisschen mehr gemeinsame Verantwortung angesichts dieser wirklich krisenhaften Zeit wären notwendig und wichtig und angemessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, seit fast 100 Tagen tobt Putins Angriffskrieg in der Ukraine. Es kann keine Aussprache geben, ohne diesem Thema eine große Relevanz, eine große Aufmerksamkeit zu widmen; denn die Lage ist dramatisch. Morde an ukrainischen Zivilistinnen und Zivilisten, Vergewaltigungen, Vertreibung, massive Menschenrechtsverletzungen durch die russische Seite sind Kriegsalltag geworden. Und die große Sorge treibt wahrscheinlich nicht nur mich, sondern uns alle um: Es gibt irgendwie eine gewisse Gewöhnung an das, an das sich niemand gewöhnen darf, nämlich an die Grausamkeit dieses Krieges.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und dennoch hat Putin, obwohl er die Offensive in den letzten Tagen deutlich erhöht hat, seine Kriegsziele nicht erreicht. Und das liegt an der Ukraine, an der Art, wie die Ukraine durchhält, wie sie kämpft. Die Zeit läuft mit jedem weiteren Tag gegen Putin. Die Menschen in der Ukraine kämpfen und verteidigen ihr Land, ihre Demokratie, ihre Freiheit. Russland muss diesen Krieg sofort stoppen und alle Kampfhandlungen einstellen. Das ist eine wichtige Forderung Europas, aller, der Weltgemeinschaft, auch nach fast 100 Tagen Krieg, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Putin führt nicht nur den Krieg gegen die Ukraine, sondern auch gegen unsere gemeinsamen europäischen und internationalen Werte. Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung – dafür kämpft die Ukraine. Wir werden nicht akzeptieren, dass Putin die europäische Friedensordnung zerstört mit dem Recht des Stärkeren,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Grenzen zu verschieben, mit Hunger, um die Welt in Geiselhaft zu nehmen oder um das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen. Und deshalb, meine Damen und Herren, darf Putin diesen Krieg nicht gewinnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mir ist wichtig, an dieser Stelle noch einmal deutlich zu sagen: Wir stehen an der Seite der Ukraine. Ja, wir machen uns die daraus folgenden Entscheidungen nicht leicht. Wir nehmen die Sorgen, Nöte und Ängste vor einer Ausweitung des Krieges sehr ernst. Auch wir hadern manchmal. Auch wir wägen ab. Und ja, vielleicht könnten manche Entscheidungen auch schneller getroffen werden. Aber wir stehen an der Seite der Ukraine und sagen Ja zum Recht auf Selbstverteidigung und zu Waffenlieferungen, zu Lieferungen schwerer Waffen, zu denen wir Ja gesagt haben, die gebraucht werden, dringend gebraucht werden und die zugesagt sind und auf den Weg gebracht werden, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sagen Ja zu weiteren Sanktionen und zum Ende der Nutzung fossiler Energien aus Russland. Es ist wichtig, dass der Beschluss zum Ölembargo endlich kommt. Er hat lange gedauert, aber jetzt ist er da. Die Rolle Ungarns ist unrühmlich; das wissen wir alle. Aber wir werden die Ukraine jetzt weiter unterstützen beim Wiederaufbau und bei ihrem Weg in die Europäische Gemeinschaft. Das ist klar, und auch dieses Signal ist eindeutig von uns hier im Parlament ausgegangen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und auch hier kommen wir jetzt zu der Frage, dass Deutsche eine besondere Verantwortung für den Frieden in Europa tragen. Herr Merz, es darf doch nicht Ihr Ernst sein: ein Soli für die Bundeswehr. Nach 16 Jahren Regierungsverantwortung, die Gott sei Dank vorbei sind,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

fordern Sie einen Soli für die Bundeswehr – nachdem Sie die Bundeswehr mit allen Entscheidungen aller Verteidigungsminister der CDU/CSU in den letzten 16 Jahren so abgewirtschaftet haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Und Sie brauchen einen Ergänzungshaushalt!)

Ich hätte mir mehr Verantwortung von Ihnen gewünscht. Das ist klar und eindeutig.

Wir Deutsche tragen eine besondere Verantwortung für Frieden in Europa. Unsere Nachbarn und Verbündeten schauen auf uns, erwarten Klarheit, Entschlossenheit und gemeinsames Handeln. Und auch deshalb ist es wichtig, dass dieser für uns nicht einfache Kompromiss zum Sondervermögen jetzt gelungen

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Aha!)

und ausgehandelt ist. Ein Scheitern wäre keine Option gewesen, meine Damen und Herren, und das wissen alle. Auch wenn die grüne Bundestagsfraktion ganz klar gesagt hat, dass die vorliegende Fassung des Kabinetts die bessere Grundlage gewesen wäre,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

war aber klar: Wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass es hier zu einem Ergebnis gekommen ist.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Leute wie Manfred Weber weiter sind als Ihre ganze Fraktion und allen voran Ihr Vorsitzender.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Denn er drängt jetzt auf die europäische Verteidigung und die Cyberabwehr, was wir eigentlich verankern wollten, und das nicht einfach nur benannt im Text, sondern durch Geld hinterlegt. Das fällt manchen jetzt sehr spät ein. Wir Grüne fordern seit Monaten eine Cybersicherheitsstrategie, mehr Geld für den Zivilschutz.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist doch Ihre Verantwortung in der Regierung!)

An uns wird es nicht scheitern.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, dann machen Sie es doch! Warum machen Sie es dann nicht?)

Das ist dringend notwendig, und dieser erweiterte Sicherheitsbegriff, was die Bündnisfähigkeit angeht, ist dringend notwendig.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Einfach machen!)

Sie sind weit, weit hinter der aktuellen Debatte in Deutschland und in Europa, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Dafür gibt es einen Bundeshaushalt! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Mann, Mann, Mann! Da hinten sitzt die Truppe, die es machen muss!)

Die Einigung unterstreicht, dass Notlagen eine Einigung zum Sondervermögen außerhalb der Schuldenbremse dann doch möglich machen. Wir haben gerade gehört, was Herr Merz zur Schuldenbremse gesagt hat. Wir haben auch gehört, was er zum Sondervermögen gesagt hat. Schlüssig ist das alles nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Jetzt sind wir in der Lage, ein Sondervermögen aufzubauen: für die Bundeswehr geht’s, der EKF – also der Energie- und Klimafonds mit 60 Milliarden Euro – wird beim Bundesverfassungsgericht beklagt. Gleichzeitig lässt man ihn aber stehen und nimmt ihn zur Deckung sämtlicher Projekte der Union. So funktioniert Haushaltsberatung à la CDU/CSU, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Aber wir stehen vor ganz anderen Herausforderungen, als uns jetzt mit der Union zu beschäftigen. Auf dem weiteren Weg werden wir hier im Haus, hier in unserem Land darüber diskutieren müssen, wie wir unserer Verantwortung besser gerecht werden: bei der Wahrung von Frieden und Sicherheit, beim Schutz der Menschenrechte, bei der globalen Entwicklung, beim globalen Klimaschutz. Ich bin dankbar, dass Annalena Baerbock hier erste Wegmarken gesetzt hat mit der nationalen Sicherheitsstrategie. Ich bin auch dankbar, dass Robert Habeck in den letzten Tagen klar gesagt hat, dass Investitionsgarantien verweigert werden, nachdem deutlich wurde, welche gravierenden Menschenrechtsverletzungen in China an den Uiguren begangen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es ist deutlich geworden: Es ist an der Zeit, klare Haltung, einen klaren Kompass und entschlossenes Handeln zu zeigen – hier und jetzt. Das tun wir in dieser Woche und unterstreichen das nicht nur durch die sehr schwierige Debatte zum Sondervermögen, sondern auch durch die Entlastungspakete und den Haushalt, die wir jetzt auf den Weg bringen, gemeinsam als Ampel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, viele Menschen im Land spüren, dass die Krisen groß sind, dass es eine gemeinsame Verantwortung bräuchte, mehr gemeinsame Verantwortung bräuchte, um diese Krisen zu bewältigen. Jeder in seinem Lebensalltag spürt es – an der Kasse im Supermarkt oder bei der Nebenkostenabrechnung. Und in dem Kontext: Da Olaf Scholz vorhin die konzertierte Aktion angesprochen hat: Was ist das angesichts dieser Lage für ein Signal, wenn ein großer Wohnungsbaukonzern heute ankündigt, die Mieten zu erhöhen? Ist das das Signal einer sozialen Marktwirtschaft? Nein, das ist es nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben zwei große Entlastungspakete auf den Weg gebracht als Ampelkoalition. Viele Maßnahmen wie etwa das 9‑Euro-Ticket greifen ab heute. 7 Millionen verkaufte Tickets! Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Menschen wollen, dass es Angebote im öffentlichen Personennahverkehr gibt. Wenn sie bezahlbar sind, dann werden sie auch genutzt. Das ist eine Riesenchance für uns, hier umzusteuern, was auch seit Jahren dringend notwendig ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir helfen mit den Entlastungspaketen gezielt von Armut betroffenen Kindern mit einem Sofortzuschlag von 20 Euro und Erwachsenen in der Grundsicherung mit einer Einmalzahlung von 200 Euro. Jede Familie erhält für jedes Kind 100 Euro, und es wird ein einmaliger Heizkostenzuschuss in Höhe von 270 Euro ausgezahlt.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Und die Rentner?)

In der Breite entlasten wir mit der Anhebung des Grundfreibetrags, der Energiepreispauschale oder dem 9‑Euro-Ticket.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wie entlasten Sie die Rentner?)

Allein in diesem Jahr sind das Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger von weit über 30 Milliarden Euro.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Aber nicht für die Rentner!)

Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiges Signal in Krisenzeiten an die Bürgerinnen und Bürger, und ich bin froh, dass wir das als Ampel gemeinsam auf den Weg bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Corona, Putins Angriffskrieg, die Klimakrise und die notwendige soziale und ökologische Transformation: Wir haben Verantwortung in dieser Krise übernommen und tun unser Möglichstes, und das mit aller Ernsthaftigkeit. Wir wissen aber auch, dass wir an vielen anderen Stellen dranbleiben müssen, dass wir da liefern müssen. Eine Vielzahl von Herausforderungen drängt zum Handeln. Da ist auch der Berg nicht erledigter Aufgaben, den uns die Union in 16 Jahren hinterlassen hat, der uns jetzt drängt, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das war jetzt das vierte Mal! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wie oft denn noch?)

Die unmittelbaren Entlastungen sind das eine. Die Ampel bringt nötige strukturelle Veränderungen auf den Weg: die Abschaffung der EEG-Umlage oder die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns – alles sehr wichtige sozialpolitische Maßnahmen, um die notwendige Transformation zu begleiten. Das ist ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger.

Weitere strukturelle Reformen liegen vor uns. Jedes fünfte Kind lebt in Armut. Die Kindergrundsicherung muss eingeführt werden. Wir haben Riesenlücken sowohl bei der Frage der Zukunft der Rentenversicherung als auch bei der Frage der Gesundheitsversorgung und der Pflegeversicherung übernommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Aber keine Antworten!)

Und da kommen Sie und fordern diese Regierung auf, bei der Rente was zu tun?

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, diese Regierung! Es ist diese Regierung, die die Verantwortung hat!)

Wo waren Sie eigentlich die letzten 16 Jahre, meine Damen und Herren?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wer war denn Sozialminister?)

– Ja, es ist schwer für Sie; ich weiß das.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, ja! Wenn man mit dem Finger auf andere zeigt!)

Strukturreformen sind notwendig. Die Lücke in der GKV von 20 Milliarden Euro haben Sie verursacht und nicht wir.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die ist jetzt da, und damit müssen wir uns befassen.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es ist die SPD, der Sie das sagen müssen!)

Daher erwarte ich von Ihnen mehr, als zu sagen: Bringen Sie mal ein paar Vorschläge zur Rente. – Wo leben Sie denn, Herr Merz?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wo sind Sie eigentlich? In der Regierung, oder?)

Sie waren 16 Jahre nicht da, aber es ist doch Ihre Aufgabe.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ha! Das ist unsere Aufgabe?)

– Ja, das ist auch Ihre Aufgabe.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Es ist nicht an uns gescheitert in der letzten Wahlperiode! Da drüben sitzt der, an dem es gescheitert ist!)

Denn wenn Sie Verantwortung tragen in dieser Situation und in dieser Krise, dann ist es Ihre Aufgabe, diese Krisenbewältigung mitzutragen.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie sind doch in der Regierung! Oder wollen Sie nicht regieren?)

Diese Erwartungen habe ich an Sie als demokratische Fraktion, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das wird ja immer doller!)

Meine Damen und Herren, all das, was an notwendigen Strukturreformen wirklich vor uns liegt, in Fragen der ökologischen Transformation, in Fragen der sozialen Transformation, ist nicht durch ein halbes Jahr Regierung mal eben zu regeln. Und deshalb habe ich auch gerade, Herr Merz, an Ihre Verantwortung appelliert. Ich meine das ganz ernst. Bei ganz großen gesellschaftlichen Aufgaben sollten auch Sie Verantwortung tragen. Denn wir sind zum Teil in dem Schlamassel, weil Sie ihn nicht bewältigt haben, weil Sie weggeguckt haben. Das betrifft zum Beispiel gerade die Bekämpfung der Klimakrise. Wo waren Sie denn die letzten 16 Jahre?

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ach, Frau Haßelmann! Und täglich grüßt das Murmeltier!)

Wir haben alle gewusst, dass ein Umsteuern dringend notwendig gewesen wäre. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde blockiert, die Energieeffizienz nicht vorangebracht, die Energieeinsparung auch nicht.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Immer das Gleiche! Sie müssen mal die Seite umblättern!)

Nein, Sie haben uns in diese zementierte Abhängigkeit von fossilen Energien reingebracht mit Ihren Entscheidungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deshalb liegen gerade viele große Baustellen vor uns. Wir können doch nicht darüber hinwegsehen, was in Indien, was in Pakistan passiert. Wir können nicht über die Hitzerekorde, die Dürre, die Wetterextreme – selbst bei uns – hinwegsehen. Wir erleben dramatische Folgen, und wir haben vor allen Dingen vom Bundesverfassungsgericht ganz klar als Aufgabe für das Parlament gesetzt bekommen – auch Sie –: Die Bekämpfung der Klimakrise, die Frage der künftigen Generationen und ihrer Freiheit ist bei allen künftigen Entscheidungen zu wahren und zu beachten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das ist unser Auftrag, und den haben Sie 16 Jahre verweigert. Also blasen Sie heute mal die Backen nicht so auf, sondern machen Sie mit! Das wäre angesagt.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Warum schreien Sie denn so? Das ist doch nicht gesund!)

Meine Damen und Herren, wenn ich an diese ganzen, wirklich relevanten und großen Veränderungen denke, dann ist doch klar, dass das nicht durch ein paar Einsparungen hier oder da oder zwei Bekenntnisse zur Schuldenbremse zu regeln ist. Wir sind in einer Notlage, und wir werden überlegen müssen, wie wir aus dieser Notlage mit Zukunftsinvestitionen rauskommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist die zentrale Frage, meine Damen und Herren, und darum geht es hier und heute und für die Zukunft.

Wir haben im Bereich der internationalen Verpflichtungen eine Menge Akzente gesetzt in diesem Haushalt. Aber bei einem Eins-zu-eins-Prinzip sind wir noch nicht, und deshalb geht es auch um die globale Verantwortung für uns alle. Darüber wird weiter zu diskutieren sein. Ich halte es für dringend geboten, dass es in den nächsten Monaten mit klarem Kompass, klarer Haltung und entschlossenem Handeln für die Zukunft weitergeht. Vor uns liegen klare Aufgaben, die anzugehen sind. Machen Sie mit! Entscheiden Sie sich dafür, auch Verantwortung zu übernehmen! Sie müssten sie eigentlich spüren aus den letzten 16 Jahren Untätigkeit.

(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das war leider nix!)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Amira Mohamed Ali.

(Beifall bei der LINKEN)