Rede von Dr. Kirsten Kappert-Gonther Haushalt 2022 - Gesundheit (Epl. 15)

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02.06.2022

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesundheitspolitik ist ja darum so toll, weil sie so elementar für jeden einzelnen Menschen ist – für Frauen, für Männer, für alle Geschlechter, von ganz jung bis ganz alt. Wir alle sind darauf angewiesen, dass wir ein gutes Gesundheitssystem haben. Wir brauchen nicht nur eine gute Versorgung, die im Krankheitsfall verlässlich ist, sondern eine Politik, die gerade in Krisenzeiten Prävention und Gesundheitsförderung in das Zentrum stellt. Darum ist es gut, dass wir den Nationalen Präventionsplan etabliert haben. Aber auch Klimaschutz ist Gesundheitsschutz: Effektiver Klimaschutz senkt das Risiko für weitere Pandemien signifikant.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Eine Haushaltsdebatte, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den vielen großen Zahlen, die wir heute gehört haben, ist trotzdem manchmal ganz schön abstrakt. Da ist es sinnvoll, dass wir uns noch mal vor Augen führen: Bei der Finanzierung der Krankenversicherung geht es eben nicht nur um große Milliardensummen, sondern es geht im Kern um unser Solidarsystem, das die Menschen im Ernstfall nicht alleine lässt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Besonders für schwer und chronisch Kranke, insbesondere auch für psychisch Kranke, ist das grundlegend. Darum ist es so wichtig, dass wir uns im Koalitionsvertrag die Stärkung der seelischen Gesundheit auf die Fahnen geschrieben haben. Die drei großen Krisen – die Klimakrise, die Coronapandemie und jetzt der schreckliche Krieg gegen die Ukraine –, sie zerren an den Nerven, sie belasten unser aller Seelen, und infolgedessen – das muss uns bewusst sein – wird der Bedarf an psychosozialer Versorgung, an Psychotherapien noch steigen. Das heißt, wir müssen sowohl jetzt den akuten Bedarf abdecken und für die Zukunft vorbeugen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zuruf von der AfD: Warum machen Sie denn dann nichts?)

Wir erhöhen den Zuschuss für die Aktion Psychisch Kranke um 100 000 Euro. Für die Entstigmatisierung psychiatrischer Erkrankungen ist es unerlässlich, die Expertise von Expertinnen und Experten aus Erfahrung, von Personen mit Psychiatrieerfahrung einzubeziehen. Hierauf werden wir und müssen wir aufbauen und die Fortsetzung des Psychiatriedialogs sowie die Stärkung der Suizidprävention finanziell sichern.

Abschließend. Was mich besonders freut und wofür viele Menschen sich über Jahre engagiert haben, ist, dass wir mit diesem Haushalt den Einstieg in die kontrollierte Freigabe von Cannabis einläuten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin, ich habe die Uhr angehalten. Gestatten Sie eine Frage des Kollegen Ates Gürpinar?

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wo sitzt denn der Kollege Ates Gürpinar?

Vizepräsidentin Petra Pau:

Hier, bei der Linken.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, die gestatte ich. Aber ich darf diesen einen Satz noch zu Ende sagen.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Ich habe die Uhr angehalten, und er stellt jetzt entweder die Frage, oder es geht weiter.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Dann stellen Sie bitte die Frage, und dann fahre ich fort. – Gerne.

Ates Gürpinar (DIE LINKE):

Ja, es ist eine Frage an die letzte Rednerin der Koalition. Sie haben gerade gesagt: Die Zahlen im Haushalt, die für den Gesundheitsplan und natürlich auch für andere Pläne vorliegen, sind sehr abstrakt. – Ich weise noch mal darauf hin – es wundert mich, dass niemand diese Frage, die aus verschiedenen Oppositionsfraktionen eingegangen ist, beantwortet hat –: Es wird sehr, sehr konkret, wenn wir für die Versicherten eine Lücke von 17 Milliarden Euro haben, die von den Menschen auszugleichen ist, die hier jeden Tag arbeiten. Die Folge wird eine Lohnkürzung sein, die spätestens Ende des Jahres bei den Menschen wirklich ankommen wird.

In der jetzigen Situation möchte ich Sie fragen: Wie wird die sehr, sehr, sehr konkrete Situation für die Menschen in diesem Land geändert werden? Was wollen Sie tun, damit diese Lücke von 17 Milliarden Euro, die hier von uns bislang nicht ausgeglichen wurde, am Ende des Jahres nicht bei den Menschen ankommt?

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank für die Frage, Herr Kollege. – Sie haben recht: Es ist ein Riesenproblem, dass wir ein Defizit von 18 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung haben. Zentraler Grund ist nicht etwa die Pandemie, sondern Grund sind relevante Fehlstellungen

(Zuruf der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU])

durch Gesetze, die die Union auf den Weg gebracht hat –, die dazu geführt haben, dass wir jetzt dieses strukturelle Defizit haben.

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Das ist aber sehr einfach! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Bessere Bezahlung der Pflegefachkräfte war also ein Fehler! Gut! Sehr gut zu wissen!)

Das ist erst mal das Wichtige.

Jetzt ist es an uns, die wir das von Ihnen geerbt haben, dieses Defizit auszugleichen. Dafür wird es Lösungen geben, und zwar Lösungen, die weder die gesetzlich Versicherten belasten noch zu Leistungskürzungen führen – ein sehr relevanter Punkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sepp Müller [CDU/CSU]: Und weiter?)

Bevor Sie die Frage gestellt haben, waren wir bei der sehr erfreulichen Botschaft, dass wir den Einstieg in die kontrollierte Freigabe von Cannabis jetzt einläuten und damit nicht nur jahrzehntelange Ungerechtigkeiten überwinden, sondern endlich auch den Jugend- und Gesundheitsschutz stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen haben wir die Präventionsmittel wieder aufgestockt und 1 Million Euro für begleitende Maßnahmen zur Cannabislegalisierung eingeplant. Wir haben mit der Ampelkoalition ganz deutlich gemacht: Es ist wichtig, dass wir viele Akteurinnen und Akteure einbeziehen und dass der Drogenbeauftragte einen Konsultationsprozess durchführt. Aber dann muss auch verbindlich noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf zur kontrollierten Freigabe von Cannabis durch die Bundesregierung vorgelegt werden.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit das gelingt –

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das müssen wir jetzt in die nächste Debatte verschieben.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– ich komme zum Schluss –, haben wir acht neue Stellen für die Projektgruppe Cannabis im BMG vorgesehen. Jetzt kann die Arbeit losgehen. Butter bei die Fische!

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)