Rede von Lukas Benner Haushalt 2022 - Justiz

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24.03.2022

Lukas Benner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erst die Coronapandemie und dann, vor einem Monat, auch noch der schreckliche Angriffskrieg auf die Ukraine. Selbstverständlichkeiten sind eben solche nicht mehr. Es braucht eine Politik, die dem gerecht wird, eine Politik, die anpassungsfähig ist, die aber auch selbstkritisch ist und die vor allen Dingen in diesen schwierigen Zeiten sehr kritisch hinschaut und das Geld in das Richtige investiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Gerade im Justizbereich kosten die meisten Verbesserungen aber gar kein Geld, und das ist das Positive an dieser Stelle. Denn wir brauchen gerade jetzt eine starke Demokratie und dafür eine leistungsfähige Justiz und ein Recht auf Höhe der Zeit.

Leider finden wir genau das nicht vor; denn im Rechtsbereich liegen 16 Jahre Reformstau hinter uns.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Na ja!)

Es liegen 16 Jahre hinter uns, in denen gesellschaftlicher Wandel gerade nicht in Gesetze geflossen ist. Dort draußen leben Menschen, deren Lebensrealität sich nicht in unseren Gesetzen widerspiegelt. Und genau das stört das Vertrauen ins Recht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In der Justiz haben die Mitarbeitenden vor und während der Coronapandemie Großes geleistet. Aber eine leistungsfähige Justiz besteht nicht nur aus sich aufopfernden Mitarbeitenden, sondern sie braucht eine vernünftige Ausstattung, ein vernünftiges System. Wir sind während der Pandemie im Bereich der Digitalisierung sehr viel weiter gekommen, als wir uns das vorher gedacht haben. Trotzdem ist in den Amtsgerichten in der Fläche die Abkehr vom Faxgerät und von der Papierakte immer noch die große Herausforderung. Da müssen wir ran!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der Rückstau von gestern behindert die Entscheidungen von morgen. Deswegen bin ich so froh, Herr Bundesminister Buschmann, dass wir mit Ihnen jemanden haben, der die Digitalisierung ernst meint, wie man an Ihrem Referentenentwurf von gestern sehen kann. Deswegen gehen wir als Ampel dieses Thema gemeinsam an. Wir geben schon jetzt mehr Geld für die Digitalisierung der Justiz aus, und wir arbeiten am Digitalpakt für die Justiz, um hier voranzugehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dem aber nicht genug. Wir wollen für eine effektive Rechtsmittelkontrolle im Strafprozess Verhandlungen digital protokollieren. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Ansprüche schnell und unkompliziert durchzusetzen, und mit der gleichen Maßnahme Amtsgerichte entlasten. Deswegen wollen wir ermöglichen, dass man Kleinforderungen im digitalen Prozess durchsetzen kann.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und wenn die Kraft mal nicht reicht oder der Gegner finanziell zu übermächtig ist, wollen wir es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich zusammenzuschließen. Deswegen stärken wir den kollektiven Rechtsschutz noch weiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Digitalisierung ist eine große Chance für eine leistungsfähige Justiz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt endlich – endlich! – können wir gesellschaftliche Realität in Gesetze gießen. Jetzt endlich können wir dafür sorgen, dass wir nach 16 Jahren Stillstand ein Recht auf Höhe der Zeit haben. Das ist für uns als Fortschrittskoalition die ganz große Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

In keinem Bereich wird das so deutlich wie im Familienrecht. Deswegen ermöglichen wir es lesbischen Ehepaaren, dass, wenn ein Kind geboren wird, sofort beide Mütter sind.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig!)

Deswegen ermöglichen wir eine Elternschaftsanerkennung unabhängig von Geschlecht und Ehe. Deswegen ermöglichen wir Menschen, für die die Ehe nicht das Konstrukt der Wahl ist, rechtlich verbindlich Verantwortung füreinander zu übernehmen; denn das ist längst überfällig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Dem nicht genug. Wir schaffen ein Selbstbestimmungsgesetz. Und ja, Herr Dr. Krings, wir schaffen § 219a Strafgesetzbuch ab. Ich freue mich auf Ihre fachlichen Ausführungen. Aber das ist längst überfällig; denn wir wollen Informationen ermöglichen und nichts anderes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Und weil uns entsprechende Nachrichten erreichen: Ja, natürlich, wir legalisieren auch Cannabis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)

Denn wenn sich Menschen und Lebensrealitäten in Recht und Gesetz wiederfinden, dann stärkt das das Vertrauen.

Aber ein Recht auf Höhe der Zeit ist nicht nur politisch zu verstehen, sondern noch dringender denn je auch mit Blick auf die Realität da draußen. Die Rede ist von Energiesouveränität. Wir müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen, und wir müssen dafür sorgen, dass die Energiewende aufgrund von guten und vernünftigen Gesetzen, von klaren Auslegungsregelungen bis in die Fläche nicht an den Gerichten scheitert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Recht ist kein Selbstzweck. Es steht im Dienste der Bürgerinnen und Bürger, und genau diesen schulden wir eine leistungsfähige Justiz und ein Recht auf Höhe der Zeit. Gehen wir es gemeinsam an!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion erhält nun die Kollegin Susanne Hierl zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)