Rede von Bruno Hönel Haushalt 2023: Bildung und Forschung, Epl. 30

Bruno Hönel MdB
08.09.2022

Bruno

Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Herr Jarzombek, rein rhetorisch war das wirklich eine geschliffene Rede; das

muss ich wirklich so anerkennend zugeben.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Auch inhaltlich!)

Inhaltlich haben Sie im Grunde aber die Regierungsbilanz von 16 Jahren unionsgeführtem Bildungsministerium dargestellt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Nein! Das sind alles die aktuellen

Regelungen!)

Sie haben der Ministerin eine hohe Hypothek hinterlassen. Wir geben jetzt alles, um das wieder wettzumachen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Leute, nach einem Jahr müsst ihr mal im Jetzt ankommen und

dürft nicht in der Vergangenheit leben!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns in einer von Krisen dominierten Zeit, und das wirkt sich natürlich auch auf den Haushalt aus. Aber

für uns als Koalition ist ganz klar: Wir werden das Notwendige finanzieren – nicht nur, um auf die Krisen zu reagieren, sondern gerade, um in der Krise zu

gestalten, um eine neue Realität für eine gute Zukunft zu schaffen. Der Einzelplan 30 ist der Etat der Zukunftsinvestitionen, und der vorgelegte Entwurf ist

eine solide Ausgangslage für die kommenden Beratungen, auch wenn er aus unserer Sicht einige Verbesserungspotenziale offenbart.

Positiv ist: Mit der Dynamisierung des Zukunftsvertrages schaffen wir bundesseitig Planungssicherheit und verbessern die Qualität von Studium und

Lehre nachhaltig. Als Haushälter/-innen haben wir im parlamentarischen Verfahren des letzten Jahres dafür gesorgt, dass nun 56 Millionen Euro zusätzlich im

Haushalt stehen. Ich glaube, man kann sagen: Das ist das richtige Signal der Stabilität in einer hochdynamischen Zeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dass wir es mit der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit ernst meinen, haben wir als Koalition schon wenige Monate nach der Wahl bewiesen. Gemeinsam

haben wir eine umfangreiche BAföG-Reform verabschiedet. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der BAföG-Empfänger/-innen massiv zurückgegangen. An dieser

Stelle herzlichen Dank an die Union für maximale Unfreundlichkeit gegenüber den Studentinnen und Studenten bei den BAföG-Regelungen. Aber damit ist jetzt

Schluss! Wir haben versprochen, das BAföG zu reformieren, und wir halten dieses Versprechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir haben bei den Entlastungspaketen immer auch an unsere Studis und Azubis gedacht; die Ministerin hat es angesprochen. Erstes Entlastungspaket:

230 Euro Heizkostenzuschuss, dazu steuerliche Entlastungen, Verbesserung bei Mini- und Midijobs. Jetzt entlasten wir erneut mit einer Einmalzahlung in Höhe von

200 Euro, dem Heizkostenzuschuss II und natürlich auch mit dem 9‑Euro-Ticket. Sie sehen: Wir haben eine Menge hinbekommen in diesen krisenhaften Zeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die tanzen auf den Straßen vor

Glück!)

Was wir auch hinbekommen haben, ist ein absolutes grünes Herzensprojekt, nämlich die „Polarstern II“. Die Vorgängerregierung – besser gesagt: das

CDU-geführte Ministerium – hat es trotz Hochkonjunktur, trotz sprudelnder Steuereinnahmen nicht geschafft, die „Polarstern II“ auszufinanzieren.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ohne russischen Eisbrecher kommt die gar nicht durch!)

Wir sichern nun die Finanzierung trotz Schuldenbremse und trotz multipler Krisen. Ich glaube, das sollte Ihnen zu denken geben, liebe CDU/CSU.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir leisten so einen immensen Beitrag zur internationalen Klimaforschung. Der Bau kann 2023 beginnen. So ermöglichen wir auch in Zukunft bahnbrechende

Erkenntnisse made in Germany im Sinne des Klimaschutzes. Ein großer Erfolg ist das!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber – ich habe es schon angedeutet – es ist nicht alles rosig in dem Einzelplan; das will ich hier auch kritisch anmerken. Massive Aufwüchse in

einigen Bereichen gehen zum Teil auf Kosten wichtiger Forschungsvorhaben in anderen Bereichen.

(Nadine Schön [CDU/CSU]: Aha!)

Ob Klima- und Nachhaltigkeitsforschung, die Geisteswissenschaften oder auch die Gesundheitsforschung,

(Martin Reichardt [AfD]: Das Geistige kommt hier zu kurz!)

all das bedeutet letztendlich Kürzungen bei Zukunftsinvestitionen. Die Klimakrise ist immer stärker zu spüren. Die Demokratie steht unter Druck, und

die Coronafolgen sind nach wie vor verheerend.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Infolge Ihrer Maßnahmen!)

Gerade jetzt müssen wir die richtigen Signale setzen und in diese Forschungsbereiche investieren; denn jeder Euro, den wir ausgeben, kann uns in

Zukunft Millionen Euro sparen. Diese Voraussicht ist das Fundament nachhaltigen Haushaltens, und das müssen wir auch in harten Zeiten leisten, liebe Kolleginnen

und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

Ich möchte noch über ein Querschnittsthema sprechen, das meiner Einschätzung nach zu wenig Beachtung findet: die Förderung beruflicher Bildung.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ob bei der Transformation in eine klimaneutrale Industrienation, im Kontext von Arbeit 4.0 oder auch beim Fachkräftemangel: Die berufliche Bildung ist

und bleibt das Nadelöhr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deswegen ist es mir und uns Grünen ein absolutes Anliegen, die berufliche Bildung weiter zu stärken. Wir haben richtig viel zu tun.

(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Macht doch endlich! Das ist ja unfassbar!)

Die Gewinnung und Ausbildung von Fachkräften ist eine Mammutaufgabe. Zunehmend flexible Erwerbsbiografien brauchen gut abgestimmte Weiterbildungs- und

Umschulungskonzepte. Das Ganze muss natürlich finanziert werden. Das BMBF ist hier in der Mitverantwortung, und das muss sich auch im Haushalt entsprechend

manifestieren. Das ist einer der Aufträge für die kommenden Beratungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abschließend möchte ich meine Kritikpunkte in das richtige Verhältnis setzen. Bereinigt um die Coronamittel, ist das ein Haushalt auf Rekordniveau.

Trotz Schuldenbremse, trotz einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und vielen Unwägbarkeiten sind die Investitionen auf Spitzenniveau. Das lässt sich nicht

wegreden. Das sind Investitionen in die Zukunft, in gerechte Chancen und in exzellente Forschung. Der Haushalt umfasst insgesamt rund 20,6 Milliarden Euro. Dazu

kommen die KTF-Mittel: 156 Millionen Euro für die Weiterentwicklung der Elektromobilität oder auch 295 Millionen Euro für die Forschung zu Grünem Wasserstoff.

Gerade diese Art von Zukunftsinvestitionen haben Sie von der Union in den letzten Jahren leider vernachlässigt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber das passt ganz gut zu Ihrem Atomschlingerkurs und dem Totalversagen beim Ausbau der Erneuerbaren. 374 Millionen Euro sind in diesem Einzelplan

gebunden für den Rückbau kerntechnischer Forschungsanlagen. 374 Millionen Euro! Da reden wir nur über Forschungsanlagen. Da reden wir nicht über den Rückbau von

Kernkraftanlagen.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

Wir merzen Ihre Altlasten mit diesem Haushalt aus. Von daher finde ich diese unqualifizierten Angriffe absolut unangebracht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

In der Opposition zu sein, entlässt Sie eben nicht aus der Verantwortung. In diesem Sinne wünsche ich uns verantwortungsvolle Haushaltsberatungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ihre Rede war doch selbst ein einziger Angriff auf dieses

Ministerium! Also bitte!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Als nächste Rednerin erhält Dr. Petra Sitte für die Linken das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)