Rede von Tabea Rößner Haushalt 2023: Digitales und Verkehr, Epl. 12

Foto von Tabea Rößner MdB
06.09.2022

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie kurz die Erinnerung der Unionsfraktion zurückreicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE] – Nadine Schön [CDU/CSU]: Und die der SPD-Kollegen erst!)

Wer hat denn den Rückstand in der Digitalisierung, und zwar durch alle Ressorts, zu verantworten? Das waren doch gerade Sie.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Mensch, Mensch, Mensch! – Gegenruf des Abg. Maximilian Funke-Kaiser [FDP]: 16 Jahre! 16 an der Zahl!)

Ich erspare Ihnen jetzt mal, alle Digitalziele aufzuführen, die Sie in 16 Jahren Regierungszeit verbockt und verfehlt haben; das würde nämlich die vier Minuten komplett sprengen.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: 2005 war alles super!)

Mit der Digitalstrategie haben wir jetzt jedenfalls herausgestellt, an welchen Punkten wir dringend aufholen müssen. Und dafür ist es allerhöchste Zeit. Deshalb ist es schon ein bisschen putzig, uns Ambitionslosigkeit vorzuwerfen. Es wäre ja falsch, wenn wir wieder Wolkenkuckucksheime versprechen würden und am Ende nichts herauskommt.

(Nadine Schön [CDU/CSU]: Also gibt man sich lieber keine Ziele? Das ist ja auch interessant!)

Wir müssen jetzt liefern, und wir müssen vor allen Dingen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: 25 Prozent der Regierungszeit sind schon um!)

Die Digitalstrategie konkretisiert viele Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag und bringt sie auch auf den Weg, zum Beispiel klimaneutrale Rechenzentren – das geht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gerade mit dem Energieeffizienzgesetz an – oder beim digitalen Verbraucherschutz, den das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit dem Recht auf Reparatur und dem digitalen Produktpass voranbringt, oder beim Recht auf Verschlüsselung und damit einer klaren Absage an die sogenannte Chatkontrolle. Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene mit der Ablehnung der anlasslosen Überwachung von Messengerdiensten durchsetzen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

In der Strategie ist auch der Leitgedanke „Public Money, Public Code“ konsequent verankert. Open Source ist nicht nur eine Alternative zu großen außereuropäischen Techunternehmen, sondern eine Investition in die nationale Sicherheit, in gesamtgesellschaftliche Resilienz und in lokale Softwareentwicklung. Dieser Ansatz muss nun in den Beschaffungsprozessen und vor allem in der Verwaltungsdigitalisierung dauerhaft durchgesetzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Beim Onlinezugangsgesetz müssen wir auf „Volle Kraft voraus“ schalten. Dazu gehört, endlich die digitale Identität zu etablieren. Auch hier müssen wir fast bei null anfangen, nachdem der frühere Innenminister erst mal falsch abgebogen und dann in einer Sackgasse gelandet ist. Dabei haben wir mit dem neuen Personalausweis bereits seit 2010, also seit 12 Jahren, ein sicheres und funktionsfähiges System. Nur kennt das niemand, und es wurde auch nicht weiterentwickelt oder bekannt gemacht, weil man sich auf eine andere Lösung versteift hatte. Dafür müssten Sie hier eigentlich zu Kreuze kriechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ja, es ist kein Geheimnis, dass wir uns als grüne Bundestagsfraktion ein stärkeres Bekenntnis gewünscht hätten, wie wir die immensen Herausforderungen im Zusammenhang mit Digitalisierung und Klimaschutz ganzheitlich angehen wollen oder wie wir die Zivilgesellschaft als Partner auf Augenhöhe stärker in die Politikgestaltung mit einbinden wollen. Aber das ist jetzt auch in der Digitalstrategie angelegt, und das ist richtig so.

(Zuruf der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Kommen wir zum Haushalt. Das Digitalbudget wird kommen. Der Sovereign Tech Fund ist bereits im letzten Haushalt anfinanziert worden; fürs nächste Jahr sind 10 Millionen Euro eingestellt.

(Lachen des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])

Und anders als behauptet ist die Strategie mit weiteren Mitteln unterlegt. So werden wir Milliarden in den Ausbau der digitalen Infrastruktur auf dem Land investieren und in Halbleiter, die nachhaltig produziert werden müssen. Weitere Posten wie das Dateninstitut oder das ebenfalls schon im letzten Haushalt verankerte Zentrum für Digitale Souveränität werden wir im parlamentarischen Verfahren beraten.

Mit anderen Worten: Es tut sich was, auch finanziell. Wichtig ist die Unterstützung von Wirtschaft, Wissenschaft und vor allem der Zivilgesellschaft. Wir können unsere Ziele nur zusammen erreichen. So gewinnen wir auch wieder das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Sobald wir eine solide Grundlage haben, können wir zukünftig auch deutlich ambitionierter sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Abgeordnete Joana Cotar für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)