Rede von Lisa Paus Haushalt 2023: Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Epl. 17

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06.09.2022

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrte Zuschauende! Jeder und jedem von Ihnen fällt sofort ein Beispiel ein, wie die aktuellen Krisen Ihren persönlichen Alltag finanziell belasten, wie teuer Kartoffeln, Brot, Strom, Energie und erst recht Urlaub geworden sind. Wir sehen das. Wir tun was dagegen. Wir lassen niemanden in schwierigen Zeiten allein, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wohl dem, der nicht auf jeden Cent achten muss oder eine eigene Vorstellung davon hat, mit den steigenden Kosten umzugehen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat aber diejenigen im Blick, die das nicht können: die Eltern und Alleinerziehenden, die schon vor Corona eisern gehaushaltet und alles für ihre Kinder getan haben, damit sie ihnen Buntstifte, ordentliche Schuhe und ein gesundes Essen bieten können; die Senioren, die weiterhin selbstbestimmt leben und am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen; die Jugendlichen, die in der Coronakrise auf so vieles verzichtet haben, die aber eine gute Zukunft verdienen und so wichtig sind für unsere Gesellschaft und eine nachhaltige Transformation unseres Handelns und unseres Wirtschaftens; die Frauen, die in allen Krisen den Laden zusammen und am Laufen halten in der Gesellschaft und in den Familien und immer wieder schlechter bezahlt werden als Männer oder auch gar nicht bezahlt werden für ihre Care-Arbeit für Kinder und Angehörige. Dieser Fokus prägt den Haushalt 2023 meines Ministeriums: Wir entlasten in der Krise, und wir investieren in die Zukunft, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der Haushaltsentwurf sieht einen Etat von rund 12,9 Milliarden Euro vor, die wir für Familien und gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen werden, also für mehr soziale Gerechtigkeit.

An erster Stelle steht, Kinderarmut zu bekämpfen; darum wollen wir die Kindergrundsicherung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie wird einkommensschwache Familien unterstützen, weil es neben dem Garantiebetrag einen einkommensabhängigen Zusatzbetrag geben wird. Und wir werden die Kindergrundsicherung so einfach ausgestalten, dass sie wirklich alle Kinder erreicht, unabhängig vom Familienmodell ihrer Eltern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

So lindern wir Kinderarmut, so kommen wir sozialer Chancengerechtigkeit endlich ein großes Stück näher.

Bis das 2025 so weit ist, werden die Kinder in Familien, die mit Hartz IV auskommen müssen oder Wohngeld erhalten, einen Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro pro Monat bekommen. Das sind für 2023 insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro. Im Wege des Entlastungspakets gehen wir aber noch einen Schritt weiter und erhöhen das Kindergeld um 18 Euro pro Monat. Das entlastet Familien gezielt von den Kosten der Inflation; denn sie trifft die Inflation ganz besonders.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mit dem Bürgergeld erhöhen wir außerdem für Kinder im Hartz-IV-Bezug die Regelsätze, damit die Ärmsten unter den Kindern besser vor Armut geschützt sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das alles sind weitere wichtige Schritte hin zur Kindergrundsicherung.

Liebe Abgeordnete, liebe Zuschauende, Kinder lernen früh, sie lernen schnell, und sie lernen gründlich. Am besten fördern wir sie durch eine gute frühkindliche Bildung in den Kitas, und zwar überall in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deshalb wollen wir das KiTa-Qualitätsgesetz. Bevor hier irgendjemand behauptet, wir schafften die Sprach-Kitas ab, räume ich mit dem Irrtum auf: Wir nehmen in den nächsten zwei Jahren 4 Milliarden Euro in die Hand und investieren ganz gezielt in die Qualität der Kindertagesbetreuung. Das heißt konkret: in qualifiziertes Fachpersonal, in gute Ausstattung, in Gesundheit, Ernährung, Bewegung

(Nina Warken [CDU/CSU]: Das ist aber was anderes als jetzt!)

und vorrangig in die sprachliche Bildung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Länder haben es nun in der Hand, die Förderung der sprachlichen Bildung mithilfe der Bundesmittel zu verstetigen.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Das hat die SPD aber noch nicht verstanden! Die hat nämlich eine Petition gemacht!)

Wir brauchen die Regelfinanzierung der Sprachförderung statt weiterer Modellprojekte. Wir stellen das Geld zur Verfügung, aber umsetzen müssen es die Länder mit uns gemeinsam, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist ganz wichtig; denn wir brauchen in Deutschland gemeinsame hohe Qualitätsstandards in den Kitas. Daran werden wir weiter arbeiten, damit Kinder hochqualifiziert betreut werden, egal wo sie leben. Das ist unsere Investition in die Zukunft.

Ich war vor zwei Wochen in Sachsen-Anhalt, in Teutschenthal, wo Jugendliche mit Mitteln des Coronaaufholpakets von Mai bis August ein selbst geplantes Sport- und Freizeitgelände, einen Jugendtreff und einen digitalen Infokanal aus dem Boden gestampft haben – und das in vier Monaten. Das geht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die sind jetzt stolz wie Bolle, weil es ihr Projekt ist. Sie haben es geplant, sie haben es durchgeführt, sie werden es pflegen. Und das macht sie stark, meine Damen und Herren.

Genau da werden wir mit dem Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit mit 50 Millionen Euro für Projekte von Jugendlichen und Kindern zum Ausgleich und zum Nachholen nach dem ganzen Verzicht der Coronamonate ansetzen. Das passt zu unserem Engagement im Rahmen von „Demokratie leben!“. Wir stärken junge Menschen, und wir stärken Demokratie, indem wir all jene unterstützen, die sich für unsere Demokratie einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

200 Millionen Euro stellen wir insgesamt dafür zur Verfügung – noch einmal 16,5 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr.

Und diese Bundesregierung wird noch in diesem Jahr den ersten Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit beschließen. Wie bitter nötig das ist, zeigt der mörderisch-homophobe Hass, dem Malte C. zum Opfer fiel. Dieser 25-jähriger Transmann wurde erschlagen, als er beim CSD-Ständefest in Münster eine lesbische Frau vor Attacken schützen wollte. Das geht uns alle an. LGBTIQ-Menschen brauchen unseren Schutz, und wir werden mit dem nationalen Aktionsplan den Rahmen dafür geben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Werte Abgeordnete, werte Zuschauende, es geht um die innere Stärke unserer Gesellschaft, um das Zusammenhalten – besonders in Krisenzeiten wie diesen. Ich bin überzeugt: Sie, die Bürgerinnen und Bürger, Sie sehen das, Sie wollen das und Sie verstehen, dass wir in Krisenzeiten zusammenhalten müssen und dass wir diese Krisen gemeinsam bewältigen können, und zwar solidarisch. Sie registrieren auf der anderen Seite aber auch, dass Rechte und Demokratiefeinde aus der Krise Profit schlagen wollen und behaupten, die da oben in den Regierungen von Bund und Ländern machten, was sie wollten, und nähmen den normalen Menschen etwas weg. Meine Damen und Herren, das wird nicht wahrer, nur weil es immer lauter gebrüllt wird.

Die Folgen von Corona, Krieg und Klimakrise, ja, sie strapazieren die Nerven und sie strapazieren die Geldbörsen; aber wir können diese Aufgaben lösen, wenn wir es zusammen tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deshalb bitte ich Sie, werte Abgeordnete aus den demokratischen Fraktionen, um Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Silvia Breher hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)