Rede von Erhard Grundl Haushalt 2023: Generaldebatte Bundeskanzleramt, Epl. 04

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07.09.2022

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 22 Jahre strenge Lagerhaft, dazu ist der russische Journalist Iwan Safranow gerade verurteilt worden, angeblich wegen Hochverrats. Sein „Hochverrat“ besteht darin, kritisch Berichterstattung zu machen. Berichterstattung ist aber die Basis einer freien Meinungsbildung und damit Grundlage jeder freien Gesellschaft – und das ist in Russland derzeit unerwünscht. Stattdessen gibt es Putins Propagandamärchen frei Haus. Wer den Abgleich zwischen Fake und Fakten derart fürchtet, der fürchtet die offene, freiheitliche Gesellschaft, der fürchtet die Demokratie.

Derzeit verbreitet der russische Staat weltweit gezielt Desinformationen, letztendlich mit dem Ziel, unsere Demokratien gezielt zu destabilisieren. Das dürfen und werden wir niemals zulassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Umso wichtiger sind die Programme von Staatsministerin Claudia Roth, die sie trotz angespannter Haushaltslage im Regierungsentwurf mit entsprechenden Finanzmitteln unterlegt hat. Es geht darum, Medienschaffende mit 6 Millionen Euro zu unterstützen, unter anderem Journalisten, aus dem Exil heraus unabhängige Berichterstattung für die Menschen ihrer Herkunftsländer zu machen.

Lassen Sie mich in einer medienpolitischen Debatte auch Folgendes ansprechen: Bleischwer wiegen derzeit die Vorwürfe der Vetternwirtschaft, der Vorteilsnahme und sogar der Einflussnahme auf die Berichterstattung in zwei Sendern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese Vorwürfe müssen lückenlos aufgeklärt werden. Es kann nicht hingenommen werden, dass diese gravierenden Fehler in den Führungsetagen das Vertrauen in die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender untergraben.

Entscheidend ist jetzt, dass die Aufsichtsgremien deutlich gestärkt werden. Das sehen auch die Reformvorschläge im Medienstaatsvertrag vor. Es geht vor allem um die Herstellung von Transparenz, eine klare Fehleranalyse und eine zügige Umsetzung des Reformprozesses. Da werden wir nicht lockerlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Was wir aber auch nicht zulassen, ist der Versuch, die Fehler Einzelner zu instrumentalisieren, um zum großen Kehraus gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich wende mich dagegen, dass Abgeordnete des Bundestags in Interviews immer wieder mit vermeintlich guten Ratschlägen bei der Programmgestaltung aufwarten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist als unabhängige Institution der entscheidende Faktor für ein starkes, diverses und hochwertiges Angebot, auch und gerade weil hier die Journalistin im Interview mit dem Politiker eben nicht mit ihrem Brötchengeber spricht.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, beitragsfinanziert und föderal organisiert, markiert einen Qualitätsstandard, um den uns die Welt beneidet:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD)

von „Wissen macht Ah!“ bis zur „Tagesschau“, von „Maischberger“ bis zur Böhmermann-Sendung.

(Kay Gottschalk [AfD]: Das ist Hofberichterstattung, Herr Kollege, nichts anderes! Linke Soße!)

Wir werden alles dafür tun, dass es so bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Linda Teuteberg hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)