Rede von Bruno Hönel Haushalt 2023: Schlussrunde

Bruno Hönel MdB
09.09.2022

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erste Lesung des Haushalts in dieser Woche hat sehr deutlich gezeigt: Die Rahmenbedingungen, mit denen es diese Regierung zu tun hat, sind wahrlich herausfordernd.

Nun schauen wir in der Schlussrunde immer auch ein bisschen auf die vergangene Woche zurück. Ich habe die Debatten zum Haushalt sehr aufmerksam verfolgt und muss in Richtung der Union schon sagen: So langsam habe ich den Eindruck: Sie sind in der Oppositionsrolle wirklich angekommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Anders kann ich mir Ihre Debattenbeiträge nicht erklären.

(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Schön wär’s, wenn Sie ankommen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Der Kollege Post hat es hier schon erläutert; ich will es hier noch einmal verstärken: In Sonntagsreden predigen Sie die schwarze Null, hier machen Sie wie am Fließband neue Ausgabenvorschläge. – Ich habe schon am Anfang dieser Woche gesagt: Die Grundrechenarten reichen, um zu wissen, dass das nicht zusammenpasst. Mit einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik in dieser schwierigen Zeit, wo wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, hat das überhaupt nichts zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Gleichzeitig war schon auffällig, dass für die Unionsabgeordneten die Atomkraft auf einmal auch im Einzelplan 11 oder in anderen Einzelplänen steckt.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Machen Sie nur Oppositionsbashing, oder sagen Sie auch was zur Sache?)

Immer wieder haben Sie hier in dieser Woche die Atomkraft beschönigt und beschworen

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die FDP doch auch!)

und damit einmal mehr bewiesen, dass Sie unfähig sind, aus den eigenen Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])

Ich möchte Sie erinnern: Sie haben in Ihrer Energiepolitik historisch versagt. Sie haben uns abhängig gemacht von Putins russischem Gas.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

Sie haben gegen jede Windkraftanlage gekämpft.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Ach!)

Sie haben bis zum Schluss Nord Stream 2 verteidigt,

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Die Grünen haben alles verhindert und aufs Schärfste bekämpft!)

obwohl wir Sie immer wieder gewarnt haben vor den energiepolitischen Konsequenzen, vor den geopolitischen Konsequenzen, vor der Erpressbarkeit. Nun warnen wir Sie erneut: Die Kernkraft wird die Preise nicht senken. Sie ist ein unkalkulierbares Risiko, sie trägt nicht zur Netzstabilität bei,

(Kay Gottschalk [AfD]: Völliger Quatsch, was Sie reden!)

und sie ist eine unbezahlbare Hypothek für künftige Generationen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Ihre Altlasten, liebe Union, sind mitverantwortlich für die Preissteigerungen, mit denen wir es jetzt zu tun haben. Während Sie in Ihrer Fraktion Pro-Atom-Narrative entwickelt haben,

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt mal zum Haushalt!)

hat Robert Habeck die Gasspeicher gefüllt, die Sie uns leer hinterlassen haben. Sie tragen Verantwortung. Fangen Sie endlich damit an, Ihre Energiepolitik an der Wirklichkeit zu orientieren und nicht an blinder Ideologie!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen um die Zumutungen in dieser Zeit. Deswegen haben wir ein Entlastungspaket geschnürt, das die ganze Breite der Bevölkerung abdeckt.

(Kay Gottschalk [AfD]: Den Mittelstand haben Sie komplett vergessen!)

Die Maßnahmen des dritten Entlastungspakets greifen zum Teil auch schon kurzfristig,

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

beispielsweise die Energiepreispauschale oder der Heizkostenzuschuss II, beides noch in diesem Jahr. Andere Maßnahmen wie das höhere Bürgergeld, die Wohngeldreform oder die Kindergeldsteigerung greifen dann im neuen Jahr.

(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Zum Haushalt!)

Insgesamt haben wir die Menschen in unserem Land in der Krise dann um beinahe 100 Milliarden Euro entlastet. Das zeigt doch klar und deutlich: Die Ampelkoalition nimmt ihre Verantwortung wahr in dieser krisenbehafteten Zeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir Grüne werden natürlich weiterhin darauf achten, dass besonders die Menschen entlastet werden, die es dringend nötig haben. Das sind die Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen. Niemand darf unverschuldet auf der Strecke bleiben in dieser Zeit. Das ist für uns die Handlungsmaxime.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen bin ich dem Finanzminister Christian Lindner auch sehr dankbar,

(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: 10 Euro ins Phrasenschwein!)

dass er jüngst in der „Süddeutschen“ klargestellt hat, dass er unter bestimmten Umständen das Aussetzen der Schuldenbremse nicht ausschließt, dass es für ihn kein Dogma ist. Das ist natürlich richtig; denn es ist zutiefst pragmatisch. Die Schuldenbremse ist kein Selbstzweck. Wir werden uns aus der Krise nicht heraussparen können. Dafür braucht es eine aktive Haushaltspolitik, gerade vor dem Hintergrund rezessiver Tendenzen,

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

und dazu sind wir bereit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Blick auf den Haushalt zeigt: Wir müssen auch grundsätzlich über Finanzierungsfragen sprechen. Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen ist aktuell ein richtiger und notwendiger Schritt, für den wir Grüne uns auch sehr, sehr stark eingesetzt haben. Wir sollten darüber hinaus aber schon auch konstruktiv über die Frage debattieren, wie wir Haushaltsspielräume erweitern können.

Da möchte ich auf die Summe der 65 Milliarden Euro für das Entlastungspaket zurückkommen. 65 Milliarden Euro, das ist nämlich auch die Größenordnung – ich verweise da auf einen Bericht des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2021 –, auf die das Finanzministerium jedes Jahr verzichtet zugunsten fossiler Subventionen. Das ist eine gewaltige Summe Geld. Ich sage ganz klar und unmissverständlich: Wir können diese Subventionen in dieser Phase natürlich nicht von jetzt auf gleich abschaffen; das wäre preistreibend und fatal in dieser Situation. Was wir aber brauchen – diesen Impuls will ich hier schon auch setzen –, ist ein Fahrplan für den sukzessiven Abbau von klimaschädlichen Subventionen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist nicht nur der einzig logische Schritt im Sinne des Klimaschutzes,

(Klopfzeichen des Präsidenten)

sondern damit können wir auch für neue Finanzierungsspielräume sorgen: für gute Sozial- und Klimapolitik, für die Vorhaben dieser Regierung.

Lieber Herr Präsident, ein letzter Satz.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Ja, aber wirklich der letzte Satz.

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen. Wir haben Spielräume, und wir werden sie nutzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Eine Rede, die gezeigt hat, dass der Bundestag eindeutig zu groß ist!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich freue mich auch auf die Haushaltsberatungen.

Nächste Rednerin ist die Kollegin Janine Wissler, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)