Rede von Dr. Sebastian Schäfer Haushalt 2023: Verteidigung, Epl. 14

Dr. Sebastian Schäfer
07.09.2022

Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Woche konnte ich an einer Delegationsreise zu den Einsätzen der Bundeswehr in Mali und Niger teilnehmen. Das starke Engagement unserer Soldatinnen und Soldaten vor Ort ist bewundernswert. So schwierig die Bedingungen dort sind – unsere Soldatinnen und Soldaten unternehmen alles, was im Rahmen der Mandate möglich ist, um die Zivilbevölkerung zu schützen, das Land zu stabilisieren und so die Entwicklungschancen vor Ort zu verbessern. Sie brennen für ihren Job.

Es war sehr positiv, festzustellen, dass die Truppe sich gut ausgestattet fühlt. Das ist absolut zentral. Die Rettungsketten funktionieren, und mit einem neuen Krankenhaus auf dem Stützpunkt in Gao ist auch die medizinische Versorgung ideal. Natürlich stellen sich im Zusammenhang mit dem Einsatz viele Fragen; aber das würde von den Beratungen zum Einzelplan 14 zu weit wegführen.

Friedrich Merz hat die Bundesregierung heute Vormittag dafür kritisiert, dass die NATO-Quote im Entwurf des Bundeshaushalts für 2023 nur 1,6 Prozent beträgt. Nun, ich empfehle ihm und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, einen Blick ins Gesetz, das Sie ja dankenswerterweise mit beschlossen haben:

Mit Hilfe des Sondervermögens werden im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Basis der aktuellen Regierungsprognose für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien bereitgestellt.

„Im mehrjährigen Durchschnitt“!

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wir haben kritisiert, dass der Kanzler seine Aussagen nicht einhält! Das ist das Gesetz! Der Kanzler hat etwas anderes gesagt! Ankündigungskanzler!)

Und es macht Sinn, jetzt in die verstärkten Beschaffungen einzusteigen und nicht alles Geld sofort zu verausgaben. Die Strukturreformen beim BAAINBw sind angelaufen. Die Beschaffung wird neu aufgestellt, sodass wir die Mittel so gezielt und so effizient wie möglich verausgaben können und keine teuren Strohfeuer entzündet werden. Das ist ja Ihre Spezialität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kampfflugzeuge, schwere Transporthubschrauber, Schiffe, gepanzerte Fahrzeuge können Sie nicht über Nacht bauen.

Allerdings will ich auch festhalten: Nur weil wir ein Sondervermögen zur Ausrüstung der Bundeswehr haben, müssen nicht alle Beschaffungen und Investitionen darüber laufen. Auch im Kernhaushalt sollten wir weiterhin relevante Investitionen einplanen; andernfalls droht der Einzelplan 14 angesichts von Lohnsteigerungen und Kostensteigerungen beim Materialerhalt langfristig abgeschnürt zu werden. Das müssen wir jetzt schon mitdenken.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das ist richtig!)

An mindestens einer Stelle sehe ich großen Handlungsbedarf: Der Ertüchtigungstitel im Einzelplan 60 wird vom Auswärtigen Amt und vom Verteidigungsministerium gemeinsam bewirtschaftet. Daraus finanzieren wir in diesem Jahr die Unterstützung für die Ukraine. Daraus haben wir aber auch eine Unteroffiziersschule in Niger finanziert, die wir in der vergangenen Woche eröffnen konnten. Unsere nigrischen Partner sind für diese Unterstützung außerordentlich dankbar. Der Titel für die Ertüchtigungsinitiative wurde im Ansatz von 2 Milliarden Euro auf jetzt 700 Millionen Euro abgesenkt, obwohl das Geld in diesem Jahr voraussichtlich vollständig abfließt. Da müssen wir noch einmal ran.

(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Wir wissen nicht, wann die schreckliche russische Aggression in der Ukraine endet. Wir müssen weiterhin alles dafür tun, dass die Ukraine ihre Freiheit und Selbstbestimmung verteidigen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es gehört auch zur Zeitenwende, dass Deutschland seiner Geschichte und Verantwortung gerecht wird. Im Verhältnis zu den Beiträgen, die die Länder in Mittel-/Osteuropa und dem Baltikum leisten, ist unser Beitrag zu klein. Um der Ukraine noch besser zu helfen, können wir in dieser Notsituation Lücken in der Ausstattung der Bundeswehr zulassen, die wir dann mit den Mitteln aus dem Sondervermögen schnell wieder schließen können; das haben drei Expertinnen und Experten aus der Ampel ja sehr schlüssig dargelegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Was sagt der Kanzler dazu?)

Wir sehen, wie Putin versucht, unser Land und unseren Kontinent mit Fake News und dem Aussetzen von Gaslieferungen zu destabilisieren.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Genau!)

Dem müssen wir uns – und da sind alle demokratischen Kräfte in unserem Land gefordert – mit allergrößter Entschlossenheit entgegenstellen.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Richtig!)

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Ich erteile Rüdiger Lucassen, AfD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der AfD)