Rede von Christina-Johanne Schröder Haushalt 2023: Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Epl. 25

Christina-Johanne Schröder
06.09.2022

Christina-Johanne Schröder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Zunächst möchte ich den Dank an meine Kollegen Bernhard Daldrup und Daniel Föst richten. Die Zusammenarbeit in den Ampel-AGen „Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen“ und mit unseren Haushältern ist konstruktiv, von gewisser Empathie für unterschiedliche Perspektiven geprägt und von einem herzlichen Miteinander.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das war ja eine Liebeserklärung nachgerade!)

Der sachliche Streit ist von dem großen Wunsch geprägt, gute Lösungen für die Menschen in unserem Land zu finden.

Ministerin Geywitz, auch Ihnen gilt der Dank. Explodierende Mietpreise, Flächenknappheit, eine seit Jahren andauernde massive Talfahrt beim zur Verfügung stehenden sozialen Wohnraum, Wohnungsknappheit in Ballungszentren, Leerstände in anderen Teilen Deutschlands.

(Mechthild Heil [CDU/CSU]: Was haben Sie denn so gemacht in der Zeit?)

Es gibt einen massiven Sanierungsstau, gerissene Klimaziele,

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Klimaziele! Was tun Sie? Schmutzige Kohle an!)

komplizierte, langwierige Planungsverfahren. All das haben Sie von Ihrem Vorgänger Horst Seehofer geerbt.

(Marc Bernhard [AfD]: Wenn das so ist, was tun Sie jetzt dagegen?)

Die gute Zusammenarbeit gibt es auch bei den Ministerien. Der Satz für die AfA wird vom Finanzministerium erhöht, und Minister Buschmann hat angekündigt, noch dieses Jahr das Mietrecht zu reformieren, so wie wir es vereinbart haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])

Der Haushalt für 2023 beträgt ganze 5,1 Milliarden Euro, von dem rund drei Viertel der Ausgaben Investitionen sind: Investitionen in die Schaffung von sozialem Wohnraum, Investitionen in die Menschen durch das Wohngeld und auch Investitionen in Gebäude.

(Marc Bernhard [AfD]: Wohngeld ist eine Investition?)

Über 1,5 Milliarden Euro gehen in die Stadtentwicklung oder in die Sanierung von Sporthallen, Jugendtreffs und Kultureinrichtungen oder in die Raumordnung. Auch wenn es „Stadtentwicklung“ heißt – davon profitieren natürlich auch die Menschen im ländlichen Raum.

Was noch nicht im Haushalt abgebildet ist, weil es erst am vergangenen Wochenende beschlossen wurde, ist eine große Wohngeldreform, von der insgesamt 2 Millionen Haushalte in Deutschland profitieren werden.

(Marc Bernhard [AfD]: Und was machen die anderen 41 Millionen?)

Das sind Menschen, die sonst keine sozialen Leistungen erhalten, durch Putins Angriffs- und Wirtschaftskrieg aber ganz besonders stark belastet sind.

Als Grüne freuen wir uns, dass wie schon im letzten Jahr der Heizkostenzuschuss ausgezahlt wird. Erdacht war er ursprünglich einmal, um den steigenden CO2-Preis für Menschen mit geringem Haushaltseinkommen auszugleichen. Inzwischen ist der Heizkostenzuschuss ein zentrales Instrument, um Menschen in diesem Winter nicht verzweifeln zu lassen; denn Menschen mit geringem Haushaltseinkommen leben überdurchschnittlich oft in schlecht gedämmten Wohnungen und geben im Verhältnis viel, viel, viel zu viel für Wärmeenergie aus. Jetzt muss auch dem Letzten klar sein: Soziales und Klimaschutz, das gehört zusammen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier werden ja oft Märchen erzählt. Bezahlbaren Wohnraum bekomme man nur, wenn man die Baustandards schleift. Nur dann könne man den dringend benötigten Wohnraum schaffen, und nur dann würden die Mieten sinken. Nein, wer Baustandards schleifen will, belastet die künftigen Mieter/-innen durch zu hohe Nebenkosten. Wer Baustandards schleifen will, ignoriert die Klimakrise und belastet insbesondere die jungen Menschen; einige sitzen jetzt ja auch oben auf der Tribüne. Wer Baustandards schleifen will, sorgt dafür, dass noch einmal Baustoffe eingesetzt und noch einmal Handwerker/-innen und noch einmal Bauplaner/-innen tätig werden müssen, um die Klimaschutzgesetze einzuhalten, statt es gleich von vornherein vernünftig zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist aber ein bisschen eindimensional!)

Klimafreundliches Bauen und Sanieren, das ist ein langfristiges, nachhaltiges Konjunkturprogramm für Deutschland, für die deutsche Wirtschaft und für unser Handwerk. Insgesamt 14,5 Milliarden Euro werden in dieser Legislatur in den sozialen Wohnungsbau fließen, damit beides funktioniert: das mit dem Klimaschutz und mit dem bezahlbaren Wohnraum.

Die „Neue Wohngemeinnützigkeit“ sorgt für neue gemeinnützige Akteure am Wohnungsmarkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie schimpfen ja über den Wegfall der BEG-Förderung. Lassen Sie uns doch mal die Resultate prüfen. Allein im letzten Jahr wurden unfassbare 16 Milliarden Euro dafür ausgegeben. Das ist richtig viel Geld. Haben die vielen Milliarden Euro zu mehr bezahlbarem Wohnraum geführt?

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ja!)

Nein!

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Doch, doch!)

Nein, nein! – Haben die vielen Milliarden Euro zur Einhaltung der Klimaschutzgesetze geführt?

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ja!)

Nein! – Die Bilanz von Minister Seehofer war verheerend.

Ich glaube, es gibt noch viel bessere Lösungen, um schneller zu bauen und insbesondere schneller zu sanieren,

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Glauben können Sie in der Kirche!)

um Wohnraum durch Umnutzung, durch Aufstockung und auch durch Neubau zu schaffen.

Statt des Holzwegs der Vergangenheit wollen wir mehr Holzbau. Wir wollen mehr Digitalisierung, wir wollen mehr Flexibilisierung – natürlich auf dem 1,5-Grad-Pfad –, mehr Typengenehmigungen, mehr Handlungsspielräume für die Kommunen bei der Stadtentwicklung für lebendige und klimaresiliente Städte. Die Baugesetzbuchnovelle im kommenden Jahr wird das Meisterstück unserer Bau- und Stadtentwicklungspolitik.

(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Da bin ich aber gespannt!)

Ich freue mich darauf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Schröder. – Nächster Redner ist der Kollege Marcus Bühl, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)