Rede von Felix Banaszak Haushalt 2024

Felix Banaszak MdB
16.06.2023

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal sieht man das Ergebnis eines Prozesses und denkt sich: Eijeijeijeijei, wie ist denn das passiert? Herr Middelberg, seien Sie ehrlich: So haben Sie auch geguckt, als Sie diesen Antrag gesehen haben, und Sie haben gedacht: Boah, ne, ne, ne, ne, ne, ne, dazu sage ich besser nichts; ich halte besser die Rede vom letzten Parteitag noch mal. – Ich fand das sehr entlarvend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Aber ich habe mir die Frage auch gestellt. Ich will Ihnen einfach mal darstellen, wie ich mir vorstelle, wie bei Ihnen dieser Antrag erarbeitet wurde:

Unionshaushälter Nummer eins: Boah, ey, da ist doch jetzt gerade so ein Streit in der Ampel zum Haushalt. Lasst uns doch mal so einen Antrag machen im Plenum!

(Zuruf von der AfD: Nehmen Sie die Debatte ernst oder sich selbst?])

Nummer zwei: Och ja, ey, Haushalt, aber Mensch, haben wir denn da irgendwas Fundiertes zu sagen gerade? – Oh nö, das jetzt nicht, aber ich meine, wir sind ja auch Opposition. Es reicht doch einfach aus, wenn wir auf die Regierung draufschlagen. – Ah ja, Mensch, da hast du natürlich total recht, und wir machen einfach das, was wir immer machen. Wir sagen einfach: Die müssen mal Ausgabenkritik machen und richtig sparen. – Ey ja, das ist eine gute Idee, aber wir sagen einfach nicht, wo, weil wir das auch noch nie gemacht haben. – Ja, das gefällt mir richtig gut. Und keine Sondervermögen mehr! –

(Beifall der Abg. Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Wenn Sie Schauspieler werden wollen, werden Sie Schauspieler!)

Oh Mann, aber, Mensch, „Sondervermögen Bundeswehr“, da haben wir doch letztes Jahr selbst zugestimmt. – Ja gut, aber das ist ja irgendwie Militär. – Ja, aber warte mal! Das mit dem Klimaschutz, das geht ja wohl wirklich, wirklich gar nicht. Die 60 Milliarden Euro müssen auf jeden Fall zurück. – Ja, aber ich meine, wenn wir das machen, dann wird das ja total schwierig mit dem Klimaschutz. – Ja gut, aber das ist ja dann wirklich deren Problem.

So wird es doch bei Ihnen gewesen sein, meine Damen und Herren, ehrlich gesagt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich meine, Sie können froh sein, dass Herr Middelberg den Antrag offensichtlich nicht gelesen hat. Jetzt stellen Sie sich mal vor, was bei Ihnen los wäre, wenn Wolfgang Schäuble das gelesen hätte.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Also, wenn der gesehen hätte, wie Sie sich von allen Grundsätzen seriöser Haushaltspolitik und Finanzpolitik verabschieden und einfach das Gegenteil dessen machen, wofür Sie sich über Jahre und Jahrzehnte gerühmt haben, nämlich Hort der Stabilität zu sein, dafür einzustehen, dass Einnahmen und Ausgaben in irgendeiner Form zusammenpassen müssen! Wenn ich mir anschaue, was Sie hier im Deutschen Bundestag in den letzten zwei Haushaltsverfahren gemacht haben, dann muss ich sagen: Das war ja einfach das absolute Gegenteil.

(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Ich erinnere mich daran, dass der Kollege Otto Fricke dazu eine wunderbar lange Papyrusrolle aufgerollt hat mit konkreten Forderungen: Im Einzelplan X muss das noch dazukommen. Die Regierung spart bei den Ärmsten der Armen. Im Einzelplan Y braucht es dringend noch Ausgaben an der Stelle. – Und wenn man in der Generaldebatte ist, heißt es: Die Regierung gibt einfach viel zu viel Geld aus und weiß nicht, wo sie sparen soll.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wir messen Sie an Ihren Worten! Wir messen Sie daran! Das geht auf Wiedervorlage!)

Ich würde mir wirklich wünschen – Sie haben im Herbst eine neue Gelegenheit, zu alter Seriosität zurückzufinden –, dass Sie wieder Änderungsanträge im Haushaltsausschuss definieren und vorlegen, die zumindest in die Nähe dessen kommen, dass Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt zusammenpassen. Das ist Ihnen in den letzten beiden Verfahren nicht gelungen. Mal sehen, ob es diesmal klappt.

Ich will aber auch gerne noch etwas inhaltlich zu den Punkten sagen, die Sie angesprochen haben, und auch zu dem, was uns aus den letzten Haushaltsverhandlungen mit Ihnen bekannt ist. Immer dann, wenn es konkret wird und wenn man sich fragt: „Wo gibt es denn konkrete Vorschläge?“, sagen Sie: Beim Haushalt, beim Personal, da muss dringend insgesamt in der Verwaltung gespart werden. – Zwei Wochen später beschweren Sie sich darüber, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren so lange dauern, weil das Personal fehlen würde.

Der nächste Punkt. Sie sagen: Mensch, wir müssen unbedingt bei den vielen Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatssekretären und in den Ministerien, in den ganz großen Hausleitungen aufpassen! – Wenn man das mal zusammenziehen würde, käme da vielleicht ein sechsstelliger Betrag heraus. Keines der Probleme, die Sie aufwerfen, könnte so gelöst werden. Im Grunde genommen haben Sie nie selbst eine Ausgabenkritik vorgenommen, weil Sie über Jahre davon gelebt haben,

(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

mit immer steigenden Steuereinnahmen einfach alle politischen Konflikte in der Koalition mit Geld zuzuschütten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt einer Regierung vorzuwerfen, in einer herausfordernden Haushaltssituation

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Kerstin Radomski [CDU/CSU]: Das gab’s noch nie!)

Prioritäten tatsächlich zu setzen, das finde ich nicht ganz ehrlich.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wir messen Ihre Ehrlichkeit im September und im November! Alles auf Wiedervorlage! Das ganze Theaterstück!)

Der Kollege Sebastian Schäfer hat vorhin auf eins hingewiesen, Herr Middelberg: Deutschland steht im innereuropäischen und im internationalen Vergleich wirtschaftlich in der Tat vor besonders großen Herausforderungen.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Ja, das haben wir jedes Jahr!)

Und das hat doch auch etwas damit zu tun, dass Deutschland sich in besonderer Form von russischen Erdgasimporten und damit von Wladimir Putin abhängig gemacht hat. Das haben einfach nicht alle in Europa und alle auf der Welt gleichermaßen getan.

(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Diese Hypothek, die uns die von Ihnen geführte Regierung hinterlassen hat, haben wir jetzt abzutragen, und wir tun das in aller Klarheit und in aller Konsequenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Also, dieses Narrativ nervt wirklich langsam!)

Ich freue mich auf den Sommer. Ich freue mich darauf, einen guten Regierungsentwurf zu lesen,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das ist ein Widerspruch in sich!)

um ihn dann im parlamentarischen Verfahren im Herbst noch besser zu machen. Vielleicht nehmen Sie sich im Sommer die Zeit, sich noch mal mit den Grundsätzen von Haushaltspolitik zu beschäftigen und eine neue innere Klarheit zu bekommen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Mein Gott! Arrogant! Eine Anmaßung!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Dr. Michael Espendiller hat das Wort für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)