Rede von Sven-Christian Kindler Haushaltsfinanzierung

Foto von Sven-Christian Kindler MdB
17.01.2024

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Nach dieser wirren Rede, die im Kreml geschrieben wurde, will ich zur Sache zurückkommen, zum Bundeshaushalt 2024.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörn König [AfD]: Hahaha! Ein echter Lacher!)

Ich will darauf hinweisen, wo wir herkommen. Wir hatten eine Haushaltspolitik in den letzten Jahren, vor allem unter CDU/CSU-Regierungen in der Großen Koalition, die mehr Geld verteilen konnte; aber die Regierung war nie gezwungen, auch wirklich mal zu konsolidieren, umzuschichten, neue Prioritäten zu setzen, Steuerpolitik zu machen oder auch Subventionen abzubauen. Das machen wir jetzt als Regierung und als Koalition.

Gleichzeitig ist diese Ampelregierung in einer Zeit multipler Krisen gestartet: Coronapandemie, die Klimakatastrophe, ein Krieg mitten in Europa, wir haben Flutkatastrophen. Trotzdem werden wir einen Haushalt 2024 hier vorlegen und beschließen, wo wir Rekordinvestitionen haben, deutlich mehr als unter CDU/CSU-Regierungen. Wir werden keine sozialen Einschnitte machen, trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. So sieht die Haushaltspolitik der Ampel aus.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn man in diesen Zeiten konsolidieren muss, wo wäre das am besten? Dort, wo wir richtig kürzen können, wo wir abbauen können, nämlich bei klimaschädlichen Subventionen. Wir hatten 2023 das heißeste Jahr aller Zeiten. Die Klimakrise eskaliert. Gleichzeitig bauen wir jetzt mit diesem Haushaltsfinanzierungsgesetz relevant klimaschädliche Subventionen ab. Das bringt eine dreifache Dividende: für fairen Wettbewerb, für den Haushalt und für das Klima.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Was ist denn die Alternative zum Agrardiesel?)

Natürlich ist der Abbau von Subventionen kein angenehmer Schritt; das wissen wir. Natürlich ist es auch legitim, dass betroffene Gruppen dagegen demonstrieren. Aber die Regierung – darauf will ich noch mal hinweisen – hat einen neuen Vorschlag vorgelegt, sie hat einen Kompromiss vorgelegt und ist auf die Kritik eingegangen. Das, finde ich, sollten wir alle mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gleichzeitig will ich aber auch sagen: Legitimer Protest ist okay; aber wenn Kräfte in Demonstrationen teilweise versuchen, Politiker zu bedrohen, mit Gewalt drohen, wenn man das Gefühl hat, wer am lautesten schreit und wer die größten Maschinen hat, kann sich durchsetzen in der Demokratie, dann werde ich ihnen klar sagen: Das werden wir nicht zulassen. Das geht so nicht. Dieser Kompromiss steht, und dazu werden wir stehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zur CDU/CSU will ich gern noch sagen: Herr Rief, Sie haben auf die Frage des Kollegen Klein nicht geantwortet, ob die Union morgen Änderungsanträge im Haushaltsausschuss vorlegen und Alternativen präsentieren wird. Sie haben nur gesagt: Da darf nicht gekürzt werden, da darf nichts gemacht werden, hier muss mehr gemacht werden. – Gar nichts haben Sie vor. Ich finde das, ehrlich gesagt, peinlich, was die Union hier macht: nur kritisieren und keine eigenen Alternativen vorschlagen.

(Abg. Josef Rief [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Also, ich glaube, Sie erlauben die Zwischenfrage.

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich erlaube die Zwischenfrage von Kollege Rief, ja.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Bitte schön, Herr Rief.

Josef Rief (CDU/CSU):

Herr Kindler, ich würde mich freuen, wenn wir alle Vorschläge der Ampel überhaupt schon auf dem Tisch hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Jede Minute geht ein neuer Vorschlag ein. Ich weiß gar nicht, was wir machen sollen. Also, machen Sie eine ordentliche Zeitvorgabe; dann können wir auch ordentlich, qualifiziert antworten. Dieses Verfahren liegt einzig und allein an der Ampel und nicht an uns.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Frage nicht beantwortet! – Weitere Zurufe von der SPD)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Sie müssten bitte stehen bleiben.

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Kollege Rief, wir halten uns an die Zeitvorgaben, die unter der Großen Koalition galten, mit CDU/CSU-SPD-Beteiligung.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Genau! – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Nein, nein, nein! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Nein!)

Diese Zeitvorgaben halten wir im Haushaltsausschuss eins zu eins ein. Da hatten wir die Anträge häufig am Morgen der Bereinigungssitzung, nicht am Abend vorher. Sie werden heute noch Anträge von uns bekommen; dann können Sie sich darauf einstellen. – Erste Bemerkung.

Zweite Bemerkung. Die Unionsfraktion hat angekündigt, dass sie keine Änderungsanträge stellen wird. Sie haben für den Haushalt 2024 in der Bereinigungssitzung im ersten Teil bisher keine Änderungsanträge gestellt; Sie haben angekündigt, dass Sie auch im zweiten Teil keine stellen werden. Sie kritisieren hier einfach nur so. Sie wissen nicht genau, was Sie machen wollen, weil Sie nämlich keine Gegenfinanzierungsvorschläge haben,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

weil Sie sich nicht trauen, wirklich in den Haushalt reinzugehen. Das ist einfach peinlich, was die Union macht. Ich fordere Sie auf, endlich zu einer seriösen Haushaltspolitik zurückzukommen.

Noch etwas will ich sagen, Herr Kollege Rief: Zehntausende Höfe sind in den letzten 16 Jahren gestorben. Und wer waren die Landwirtschaftsministerinnen und -minister? Das waren Ministerinnen und Minister von der CDU, von der CSU, weil nur das Motto galt: „Wachse oder weiche!“, weil es eben keine zukunftsorientierte Landwirtschaft gab, weil man sich nicht mit den großen Lebensmittelkonzernen angelegt hat. Das ist das Problem der Landwirtschaft, und dafür tragen die CDU und die CSU die Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich glaube, wir sind alle gefordert, morgen im Haushaltsausschuss konkrete Alternativen vorzulegen. Wir werden das als Ampel machen. Wir werden klarmachen, wo wir Schwerpunkte setzen – bei sozialer Gerechtigkeit, bei Investitionen und beim Klimaschutz. Ich kann die Union nur auffordern, sich unserem Beispiel anzuschließen und die Arbeit im Haushaltsausschuss nicht zu verweigern.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Josef Rief [CDU/CSU]: Ja, ja!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Stephan Stracke für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)