Rede von Dr. Tobias Lindner Haushaltsgesetz 2018

18.05.2018

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Geschätzte Frau Präsidentin!

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: „Geschätzte“!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Fricke, was hatten Sie für Chancen!

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist unstreitig, dass wir die gerne hätten. Es ist unstreitig, dass manche in diesem Haus Verantwortung gesucht, während andere Verantwortung gescheut haben.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Die Opposition hat für Sie also keine Verantwortung!)

Nun aber zurück zu diesem Haushalt. Das ist der erste Haushalt dieser neuen Großen Koalition. Für gewöhnlich geht man in so eine Woche hinein und fragt sich: Was ist der neue Aufbruch? Was ist der große Plan, den die vorhaben? Was steht denn da drin? Wie ist denn die Stimmung? Was ist das große Projekt?

Herr Scholz, Sie haben diesen Haushalt hier am Dienstag im Tonfall eines Trauerredners eingebracht.

(Johannes Kahrs [SPD]: Hallo! Solide! Vernünftig!)

– Das gilt auch für Sie, Herr Kahrs. Heute haben Sie probiert, sich Mühe zu geben. – Wenn man Ihnen in dieser Woche zugehört hat, dann hat man eher den Eindruck gehabt, dass das Ganze etwas von Endzeitstimmung hat. Sie reden nicht wie eine Koalition, die einen neuen Aufbruch startet, sondern eher wie eine Koalition, die fertig hat und noch den nächsten Wahltermin erwartet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])

Wenn man sich Ihren Haushalt ohne Zukunft anschaut, dann merkt man: Das ist ein großes Weiter-so. Sie treten auf der Stelle. Die Herausforderungen, vor denen wir international wie auch in Deutschland stehen, sind viel zu groß, um nur auf der Stelle zu treten. Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen, wo Sie falsche Prioritäten setzen.

Gucken Sie sich allein mal das Thema „Verantwortung Deutschlands in der Welt“ an. Sie haben den Wehr­etat in den letzten Jahren schon um mehrere Milliarden gesteigert, und im Vergleich zum 51. Finanzplan wollen Sie ihn noch weiter steigen. In Ihrem Koalitionsvertag haben Sie die Koppelung der Militärausgaben an die ODA-Quote vereinbart. Wenn man auf das Auswärtige Amt und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung guckt und sich anschaut, wie sich die Etats mittelfristig entwickeln, dann sieht man, dass der eine stagniert und der andere sogar sinkt. Es bleibt Ihr Betriebsgeheimnis, was von dieser Koppelung tatsächlich noch übrig geblieben sein soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie brechen Ihren eigenen Koalitionsvertrag, bevor dieser Haushalt hier im Parlament überhaupt beschlossen worden ist.

Beim Thema Klimaschutz gibt es bei Ihnen die große Leerstelle. Sie haben ein Schweigekartell miteinander geschlossen. Uns haben Sie vor einem Jahr noch gefragt, ob man die Grünen noch braucht und ob wir uns noch von den anderen unterscheiden. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn wir den Klimaschutz in diesen Debatten nicht erwähnt hätten, dann wäre das in dieser ganzen Haushaltswoche eine große Leerstelle geblieben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ich habe doch auch über den Klimaschutz gesprochen!)

Dabei vergessen Sie völlig, dass es in diesem Haushalt nach wie vor einen zweistelligen Milliardenbetrag für umweltschädliche Subventionen gibt, an den Sie herangehen können. Sie haben Spielräume, die Sie nicht nutzen. Sie packen an einigen Stellen obendrauf, nutzen die gute wirtschaftliche Lage aus, aber in Bezug auf die Aufgabe, wirklich am Haushalt zu arbeiten, zu fragen: „Wo geben wir unnötig Geld aus, wo kann es besser ausgegeben werden?“, leisten Sie Arbeitsverweigerung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es schon gesagt: Dieser Haushalt ist ein großes Weiter-so. Man hat sich gefragt: Was ist jetzt neu? Die schwarze Null ist jetzt vielleicht eine rote Null.

(Johannes Kahrs [SPD]: Na, na, na! Das heißt: Keine neuen Schulden machen!)

Ich bin – das wissen Sie auch, Herr Kahrs – ein Kind der 80er.

(Johannes Kahrs [SPD]: Das sieht man aber nicht!)

Als die 80er-Jahre zu Ende gingen, gab es einen Schokoriegel – vielleicht erinnern Sie sich noch daran –, der plötzlich anders hieß. Da hieß es plötzlich: „Raider heißt jetzt Twix“.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und sonst ändert sich nix!)

Leider gilt für Ihre Haushaltspolitik genau der Satz, der danach kommt: Raider heißt jetzt Twix – und sonst ändert sich leider nix.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grünen werden in diesen Haushaltsberatungen Vorschläge machen, wie wir etwas ändern können und wie wir wirklich einen Haushalt mit Zukunft gestalten können. Ich bin gespannt, wie Sie sich dazu verhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)