Bernhard Herrmann
20.04.2023

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Gebhart, ich sitze im Ortschaftsrat Grüna der Stadt Chemnitz, und ich rede regelmäßig mit Handwerkern, mit Energiefachleuten und mit den Menschen vor Ort – Letzteres täglich.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin seit 25 Jahren Unternehmer. Ich habe im unternehmerischen Bereich noch nie erlebt, dass die ganze rechte Seite hier nur sagt, was nicht geht, und kein einziger konstruktiver Vorschlag kommt; da kam nichts. So geht das Land nicht voran.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Anne König [CDU/CSU]: Lesen Sie mal unseren Wärmewendeantrag! – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Wer lesen kann, ist im Vorteil! – Andreas Jung [CDU/CSU]: Wir haben gestern einen Antrag in den Ausschuss eingebracht!)

– Schön, dass Sie das so aufregt.

Wir haben einen Vertreter des Deutschen Mieterbundes, den hier auch Verschiedene als Partner sehen, was mich sehr freut, als Sachverständigen in der Anhörung gehabt. Ich danke der CDU, dass sie die Anhörung vorgezogen hat, weil das Thema enorm wichtig ist. Der Deutsche Mieterbund und der Verbraucherzentrale Bundesverband stehen hinter den Forderungen, was zu tun ist. Weil: Nichts zu tun, ist das Teuerste, und Sie wollen nichts tun. Sie lassen die Leute im Regen stehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die beiden hier eingebrachten Anträge zeigen wieder einmal mehr, dass es hier nicht um inhaltliche Auseinandersetzungen und konstruktive Debatten geht. Nein, es geht darum, eine Bühne für Hetze und Verbotsdebatten für die eigene Blase zu erzeugen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])

Das halte ich unseren Bürgerinnen und Bürgern und ihren berechtigten Sorgen gegenüber für unwürdig. Die Menschen erwarten von uns, dass wir einen klaren Plan vorlegen, wie wir unsere Wärmeversorgung künftig sicher und bezahlbar gestalten.

(Marc Bernhard [AfD]: Ja, wo ist denn der Plan? Wo ist denn der machbare Plan?)

Die Panikmache der letzten Wochen und die Verbreitung von Falschmeldungen um die Heizungsdebatte haben dieses immens wichtige Thema, das uns flächendeckend alle betrifft, aus dem Ruder laufen lassen. Ich nutze daher meine und Ihre kostbare Zeit hier nicht dazu, mich an diesen beiden Anträgen abzuarbeiten, sondern möchte vor Augen führen, warum wir die Umstellung unserer Wärmeversorgung dringend benötigen.

Wir haben in Deutschland schlichtweg keine Vorsorge betrieben. Wir haben uns zu sehr darauf verlassen, dass das Gas auf ewige Zeit fließt – während sich unsere Nachbarländer schon längst nach Alternativen umgeguckt haben. Und die Politik der vergangenen Jahre hat den Bürgerinnen und Bürgern fatalerweise kaum Impulse und Anreize für zukunftsweisende, günstige und erneuerbare Lösungen gegeben. Zu lange verharrt die deutsche Energiepolitik schon im Sumpf fossiler Abhängigkeit. Die Quittung müssen wir jetzt alle mit voller Wucht tragen.

(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])

Die Bilanz im Gebäudesektor lautet: Der Zustand unserer Gebäude und der verbauten Heizungen ist verheerend! Umso mehr sehe ich uns alle in der aktuellen Regierung in der Pflicht, den verschlafenen Transformationsprozess endlich in Gang zu bringen, dafür zu sorgen, dass wir mit der Umstellung der Wärmeversorgung beginnen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern endlich die notwendigen Impulse geben. Denn das ist Aufgabe von Politik; das ist Teil der Verantwortung, die wir hier im Parlament tragen.

Viele unserer Bürger/-innen haben den Ernst der Lage schon längst erkannt,

(Karsten Hilse [AfD]: 80 Prozent!)

haben bereits in Pionierarbeit auf Erneuerbare umgestellt und kennen die Vorzüge aus eigener Erfahrung. Wir als Politik dürfen nicht länger hinterherhinken und müssen dafür Sorge tragen, dass der Weg hin zu günstigen Erneuerbaren allen Menschen gleichermaßen eröffnet wird und bezahlbares Heizen allen zugutekommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Das sind doch Floskeln! Sagen Sie doch mal, wie!)

Dafür bringen wir die notwendigen Gesetze, Maßnahmen und Förderungen jetzt endlich auf den Weg.

(Enrico Komning [AfD]: Das hat Ihr Kollege gerade schon gesagt!)

Das steht im Gesetzentwurf.

Die aktuell anstehende Novellierung des sogenannten Gebäudeenergiegesetzes ist eine solche dringend notwendige Maßnahme. Das Gesetz – im Übrigen keine neue Erfindung der aktuellen Bundesregierung; Timon Gremmels hat es gesagt – sorgt für klare Lösungen bei der Heizungsmodernisierung. Mit der Novellierung beseitigen wir die aktuelle Leerstelle; denn von Gas und Öl haben wir uns verabschiedet. Den Menschen, aber auch der Wirtschaft und Industrie sind wir einen Plan schuldig,

(Marc Bernhard [AfD]: Seit acht Monaten!)

wie es mit der Wärmeversorgung in unserem Land langfristig weitergeht. Neue Industriezweige, neue Kapazitäten können endlich mit mehr Verlässlichkeit etabliert werden. Mit Nichtstun droht uns einmal mehr, bei der Entwicklung weiter abgehängt zu werden.

(Enrico Komning [AfD]: Von wem denn? – Marc Bernhard [AfD]: Von wem werden wir denn abgehängt?)

Mit der Umstellung unserer Wärmeversorgung auf Erneuerbare werden wir sicherstellen, dass Heizen für alle künftig bezahlbar bleibt. Die Fehlinvestitionen in die Nutzung teurer fossiler Energien, die immer noch erfolgen – Sie haben vollkommen zu Recht darauf hingewiesen –, während Sie und ich hier im Plenum debattieren, können wir nur vermeiden, wenn wir vernünftig aufzeigen, wohin die Reise künftig gehen wird.

(Karsten Hilse [AfD]: Enteignung! Die Reise geht zur Enteignung!)

Fahren wir ein Weiter-so, dann treiben wir die Menschen immer weiter in die Kostenfalle fossiler Energien. Die fossile Energieversorgung ist teuer, wird teuer sein und wird immer teurer werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nicht vernachlässigen dürfen wir die berechtigten Sorgen vieler Menschen in unserem Land. Für viele kann die Umstellung zu einer finanziellen Belastung werden, sowohl für Eigenheimbesitzer/-innen als auch für die vielen Mieter/-innen. Umso wichtiger ist es, dass wir bei der anstehenden Transformation gerade diese Menschen immer wieder zentral in den Blick nehmen, für gute Härtefalllösungen im Gesetz sorgen, Übergangsmöglichkeiten schaffen und einen ausreichenden Schutz der Mietenden sichern. Langfristig werden alle in unserem Land davon profitieren, dass wir das Projekt bezahlbarer, erneuerbarer und unabhängiger Wärme endlich starten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Das war einmal nichts! Oder eigentlich wie immer nichts!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Konrad Stockmeier, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)