Rede von Dr. Bettina Hoffmann Immissionsschutz und Abfallverbrennung

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28.01.2021

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Schadstoffe in der Luft machen krank. Das gilt insbesondere für Quecksilber, das unsere Kohlekraftwerke seit Jahrzehnten in die Luft blasen. Quecksilber ist nicht irgendein Stoff, den man vernachlässigen kann; es ist ein hochgiftiges Schwermetall.

In der Umwelt breitet es sich über Luft und Wasser überall aus. Niemand kann sich davor schützen. Praktisch alle Flüsse in Deutschland sind daher in einem schlechten chemischen Zustand. Quecksilber reichert sich an, es kommt in die Nahrungskette. Schwangere werden davor gewarnt, Fisch zu essen. Warnung allein reicht aber nicht. Neugeborene Kinder sind heute schon mit Quecksilber belastet, wenn sie auf die Welt kommen. Das Nervengift schädigt sie für ihr ganzes Leben.

Es ist deswegen völlig klar, dass wir die Verbreitung von Quecksilber verhindern müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])

Denn was einmal an Quecksilber in der Umwelt ist, das lässt sich nie mehr zurückholen. Das ist auch ein internationales Ziel. Deutschland hat die Minamata-Konvention unterschrieben und sich verpflichtet, den Eintrag von Quecksilber in die Umwelt zu reduzieren.

Doch die Verordnung, über die wir heute abstimmen, widerspricht dem Abkommen auf ganzer Linie. Jedes Jahr emittieren deutsche Kraftwerke rund 4 Tonnen Quecksilber. Quecksilber wirkt aber in Spuren, im Mikrogrammbereich. Man kann sich vorstellen, was das bedeutet. Diese Giftmenge, Herr Möring, könnte man um satte 80 Prozent reduzieren, hätten alle Kraftwerke eine Abgasreinigung nach dem wirklich aktuellen Stand der Technik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch offenbar wollen das die Regierungsfraktionen nicht.

Bei der Novelle der Bundesimmissionsschutzverordnung geht es um die Frage: Schützen wir Mensch und Natur bestmöglich vor Quecksilber, oder behelligen wir die Kohleindustrie nicht weiter? Vor diese Entscheidung gestellt, ist auf SPD und Union immer zu 100 Prozent Verlass: im Zweifel pro Kohleindustrie und kontra Gesundheit. – Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wie macht ihr das?)

Dabei ist saubere Technik ja vorhanden. Das zeigt ein Blick in die USA; seit Jahrzehnten geht das da schon. Das hat auch die Anhörung im Umweltausschuss gezeigt. Es gibt Möglichkeiten. Für Steinkohle ist eine Halbierung der Quecksilberemissionen pro Kubikmeter technisch möglich und wirtschaftlich machbar, für Braunkohle sogar noch mehr. Diese Fakten ignorieren Sie, und das ist einfach nur fahrlässig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt noch eine weitere Baustelle: die Abfallverbrennung in Zementwerken. Seit Jahren wird immer mehr Müll verbrannt. Zementwerke dürfen aber mehr Schadstoffe ausstoßen als Müllverbrennungsanlagen. Mit diesen Ausnahmen muss Schluss sein.

Abschließend gilt: Die Grenzwerte der Verordnung sind nicht akzeptabel, es sind nämlich nicht die bestmöglichen. Wichtige Baustellen werden nicht angegangen. Sie verschleppen den Schutz von Umwelt und Gesundheit, wo es nur geht. 2018 hätten Sie diese Verordnung einbringen müssen; dann wäre die Umsetzung bis 2021 überhaupt gar kein Problem gewesen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Jetzt fällt Ihnen ein, dass das in sechs Monaten nicht geht, und Sie verschleppen es einfach weiter.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Dr. Hoffmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vor allem aber – das möchte ich zum Schluss noch sagen – rechtfertigt der Kohleausstieg nicht, dass wir den Schutz unserer Gesundheit bis 2038 vertagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])

Was Sie hier machen, ist gesundheitspolitisch und umweltpolitisch grob fahrlässig. Da machen wir nicht mit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE] – Manfred Grund [CDU/CSU]: Dann müssen wir ohne euch auskommen, was?)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Das war jetzt aber sehr großzügig von mir. – Das letzte Wort in dieser Debatte hat die Kollegin Ulli Nissen, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)