Rede von Christian Kühn Immobilienmaklerkosten
Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Beratungen heute zum Gesetzentwurf zur Maklercourtage offenbaren, finde ich, eines: dass diese Große Koalition bei der Frage des Wohneigentums keinen ordnungspolitischen und keinen marktwirtschaftlichen Kompass hat; das ist leider so.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das sagen die Richtigen!)
– Das ist so. Denn wir beschließen heute nichts anderes als die Privilegierung von Maklern
(Karsten Möring [CDU/CSU]: Was?)
und lösen das Versprechen, das in der Marktwirtschaft gilt – derjenige, der bestellt, bezahlt –, nicht ein.
Anders als bei den Mietwohnungen und bei der Vermietung wird es weiter so sein, dass Makler privilegiert sind im Land. Das halte ich für grundfalsch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie sind heute nichts anderes, Herr Luczak, als der Schutzheilige der Makler in Deutschland; das muss man einfach so sagen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sagen die Schutzheiligen der Windkraftanlagen!)
Ich sage Ihnen auch, warum: Auf drei Vierteln aller Märkte in Deutschland ändert sich einfach gar nichts. Herr Frei, in Baden-Württemberg ändert sich gar nichts; da bleibt alles beim Alten. Zu sagen, dass das eine Entlastung ist für zukünftige Eigentümer und Eigentümerinnen, ist einfach Quatsch, ist einfach absurd, weil sich am Markt in drei Vierteln der Länder nichts ändert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist so! Um die Hälfte werden die Leute in Berlin entlastet!)
Sie nehmen den Exzessen die Spitze, das ist richtig – weil Sie gar nicht anders konnten, weil das so skandalös war, was an Preisen in Berlin und Hamburg verlangt worden ist und wie dort die Makler aufgetreten sind, dass es gar nicht anders ging. Aber zu sagen, dass Sie in der Breite die Menschen entlasten, ist einfach grundfalsch und auch der Fehler Ihres Denkens.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])
Wenn jetzt mit dem Gesetzentwurf die hälftige Teilung eingeführt wird, sind das bei einer Eigentumswohnung für 350 000 Euro immer noch über 12 000 Euro, die der Käufer an den Makler zahlen muss.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das wird ja weniger!)
Ich meine, das ist wirklich zu viel an Transaktionskosten angesichts der Digitalisierung, angesichts der Standardisierung von Verfahren, angesichts dessen, dass diese Märkte massiv überhitzt sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Ihnen fehlt der ordnungspolitische Rahmen. Sie haben dem Lobbydruck des IVD einfach stattgegeben. Sie haben selbst von der „fairen Maklercourtage“ gesprochen – das war ja der Werbeslogan der Kampagne des IVD, Herr Luczak, nichts anderes.
Wenn Sie sich die Anhörung im Rechtsausschuss noch mal vergegenwärtigen, sehen Sie: Rechtlich ist es gar kein Problem, das Bestellerprinzip einzuführen. Ökonomisch macht es Sinn. Und auch alle Verbraucherschützer im Ausschuss haben sich klar dafür ausgesprochen. Das Fazit des Ausschusses ist doch ganz deutlich: Die derzeitige Praxis ist für die Käuferseite nicht interessengerecht. Das haben die Juristen, die dort saßen, die Professoren ganz einhellig gesagt.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Deswegen ändern wir die Praxis ja auch!)
Deswegen sage ich Ihnen: Das Bestellerprinzip, das wir Grünen fordern, ist Ihrer hälftigen Teilung rechtlich deutlich überlegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt nicht den Diener zweier Herren, weder in der Komödie noch auf dem Immobilienmarkt.
Sie haben davon gesprochen, dass die Makler den Kaufenden sozusagen beraten. Das ist doch falsch. Der Makler hat gar keine Pflichten gegenüber dem Käufer. Ihm verlangen Sie ja nicht mal Sachkunde ab. Deswegen macht Ihr Gesetzentwurf gar keinen Sinn. Mit der Digitalisierung sinken überall die Transaktionskosten, nur beim Immobilienerwerb nicht – weil Sie eben Ihre schützende Hand über diese Branche halten; ich halte das für einen Skandal. Was wir brauchen, ist ein echtes Bestellerprinzip in Deutschland wie in England und in den Niederlanden, ein klarer ordnungspolitischer Rahmen. Dann werden die Preise sinken, dann wird die Qualität steigen, und dann werden auch die Immobilienpreise wieder ins Lot kommen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:
Für die CDU/CSU-Fraktion ist der nächste Redner der Kollege Karsten Möring.
(Beifall bei der CDU/CSU)