Rede von Kordula Schulz-Asche Impfpflicht im Gesundheitswesen

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17.02.2022

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ziel aller Coronaschutzmaßnahmen war und ist, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Mit der im Herbst und Winter grassierenden Omikron-Welle ist uns das weitgehend gelungen. Die schrecklichen Bilder der Überlastung von Pflegepersonal aus den ersten Wellen konnten vermieden werden.

Die Infektionszahlen sind nach wie vor hoch, und viele Menschen liegen heute noch auf den Intensivstationen. Das wird auch in den nächsten Wochen so bleiben. Jetzt beginnt aber die Zahl der Neuinfektionen zu sinken. Daher ist es angemessen und geboten, bisher notwendige Einschränkungen von Freiheitsrechten ab dem 20. März wieder zu lockern, wie es Bund und Länder gestern beschlossen haben. Von einem Freiheitstag sind wir allerdings weit entfernt. Es besteht leider kein Anlass zu Sorglosigkeit oder gar Entwarnung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir sollten aus den vergangenen zwei Jahren wirklich lernen, dass es immer wieder neue Virusvarianten geben kann, die zu Krankheit und Tod führen oder das Gesundheitswesen überlasten können. Der wirksamste Schutz davor war, ist und bleibt das Impfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich kann nur davor warnen, dass sich die Fehler von 2020 und 2021 wiederholen: dass man die Pandemie für beendet erklärt und im Herbst mit neuen Varianten in die nächste Katastrophe läuft.

Mit Besonnenheit und Augenmaß werden wir mit Corona umgehen können. Auch auf diesem Weg steht vorrangig das Impfen: das Impfen besonders gefährdeter Menschen wie Hochbetagte, Menschen mit akuten oder chronischen Erkrankungen und pflegebedürftige Menschen. Sie, aber auch Menschen mit Behinderungen sind besonders gefährdet, wenn sie in Einrichtungen auf oft engem Raum zusammenleben; dort ist das Risiko besonders groß. Gerade diese Menschen haben das Recht auf den besonderen Schutz durch unsere Gesellschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU])

Wissenschaftlich belegt ist, dass die Delta-Variante Menschen trotz Impfung zwar infizieren kann, aber das Risiko einer schweren Erkrankung geringer und das Risiko der Übertragung des Virus deutlich reduziert ist. Daher kommt dem Personal in solchen Einrichtungen eine besondere Verantwortung zu. Denn sie stehen im engen und intensiven Kontakt mit den Menschen, die auf ihre Hilfe oder Pflege angewiesen sind, und mit deren Angehörigen, die sich in dieser Pandemie oft alleingelassen gefühlt haben. Ich rede hier bewusst nicht von Pflegepersonal; denn es gibt auch ungeimpfte Chefärzte, es gibt ungeimpftes Betreuungspersonal, und es gibt ungeimpfte Reinigungskräfte. Deshalb ist es richtig, dass das gesamte Personal geimpft sein muss,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])

und zwar nicht nur für den eigenen Schutz, sondern vor allem auch für den Schutz der Menschen, die sich ihnen anvertraut haben.

Der professionellen Fachpflege kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Wissenschaftsbasierte Fachpflege muss endlich in Wert gesetzt werden, akut in dieser Pandemiebekämpfung und grundsätzlich mit dem Auftrag guter Pflege in einer alternden Gesellschaft. Schauen wir in die Nachbarländer: Überall, wo die Pflege ein wichtiger und anerkannter Akteur im Gesundheitswesen ist, steigen die Pflegekräfte nicht aus, und es gibt eine hohe Impfquote. Dort ist das Impfen selber auch nicht der Grund für den Ausstieg, genauso wenig wie das hier bei uns der Fall ist. Pflegekräfte sind sehr viel schlauer, als Sie uns hier weismachen wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir haben in dieser Regierung beschlossen, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, unter anderem mit besserer Bezahlung, mit besseren Arbeitsbedingungen, mit verbindlicher Personalbemessung, mit Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten.

(Zuruf von der LINKEN: Wann kommt da was? – René Springer [AfD]: Die versprechen uns das seit Jahren!)

Aber wir werden auch die Fachpflege aufwerten und um heilkundliche Tätigkeiten ergänzen sowie neue Berufsbilder in der Versorgung schaffen wie die Gemeindepflege mit der Community Health Nurse.

Das sind die Herausforderungen, die wir haben. Wir brauchen Pflegefachkräfte, die Menschen in jedem Alter dabei unterstützen, soziale Teilhabe zu realisieren und gute medizinische und pflegerische Leistungen zu erhalten, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie in einer Einrichtung leben oder zu Hause. Das ist die Aufgabe hochprofessioneller wissenschaftsbasierter Pflege, und dafür setzen wir uns ein. Deswegen fordere ich Sie alle auf, gemeinsam dazu beizutragen, dass wir die Menschen in diesen Einrichtungen schützen. Das können wir am besten, indem wir für gute Impfquoten sorgen und uns endlich auf den Weg machen, die gute Pflege für alle und für die nächsten Jahrzehnte zu organisieren.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt erteile ich dem Kollegen von der Linken das Wort, der Ates Gürpinar heißt. Ich habe aber seit letztem Mal vergessen, wie er den Namen denn nun ausspricht. – Bitte schön.

(Beifall bei der LINKEN)