Rede von Tessa Ganserer Industrieemissionen und Abfalldeponien
Tessa Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe meine Kindheit in den 80er-Jahren im Herzen des Bayerischen Waldes verbracht, wo ich aufgewachsen bin. Zu der Zeit war das Thema Waldsterben in aller Munde. Der saure Regen war das vorherrschende gesellschaftliche Thema, das sogar meine Kindheitserfahrungen geprägt hat.
Die Politik hat damals darauf reagiert, indem sie die Großfeuerungsanlagenverordnung in Kraft gesetzt hat. Große bestehende Kohlekraftwerke mussten mit Rauchgasentschwefelungsanlagen nachgerüstet werden. Infolgedessen haben sich die Schwefelemissionen in kurzer Zeit drastisch reduziert, und die Tanne, die Charakterbaumart des Bergmischwalds, nicht nur im Bayerischen Wald, sondern auch im Schwarzwald und in anderen Regionen Deutschlands, hat sich in wenigen Jahren deutlich erholt, nachdem die Emissionen zurückgingen. Auch in anderen Bereichen, bei anderen Schadstoffen haben wir in den letzten Jahrzehnten bei der Reduktion der Emissionen deutliche Fortschritte erzielt. Immer hat die Politik Rahmenbedingungen vorgegeben; aber die Emissionseinsparungen haben wir vor allem dem technischen Fortschritt zu verdanken.
Die Industrieemissionsrichtlinie ist das zentrale europäische Regelwerk zur Reduktion von Emissionen aus industrieller Tätigkeit. Das Herzstück sind die BVT-Merkblätter, in denen der Stand der Technik festgeschrieben wird und eben auch die Grenzwerte festgeschrieben werden. Auch wir wollen den Prozess der Erstellung der Merkblätter vereinfachen, verbessern und vor allem die Umsetzung auf europäischer Ebene vereinheitlichen. Das wird aber nicht – mit uns nicht – mit einer Absenkung der Schutzstandards einhergehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Die Europäische Kommission hat Anfang April einen Vorschlag vorgelegt, um die Industrieemissionsrichtlinie fortzuschreiben und darin auch den gesundheitlichen Vorteil beziffert – die Kollegin Kreiser hat es bereits erwähnt –: eine Rendite von mehreren Milliarden Euro in Form von weniger Erkrankungen und mehr gesunden Lebensjahren. Diese Rendite wollen wir für die Menschen in unserem Land und in Europa einlösen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Die Bundesregierung hat uns im Mai dieses Jahres im Umweltausschuss über die Pläne der Kommission unterrichtet. Die Verhandlungen sind noch in einem frühen Stadium. Wie es bei EU-Dossiers üblich ist, werden diese in der Bundesregierung umfassend beraten. Auch wenn eine abschließende Einschätzung der Bundesregierung noch nicht vorliegt, kann ich für meine Fraktion sagen, dass wir hinter den Plänen der Kommission stehen und die Vorschläge grundsätzlich begrüßen und der Kommission bei der Umsetzung auch zuarbeiten werden.
Dem Antrag der Union kann ich mit gutem Willen positiv abgewinnen, dass Sie dieser Fortschreibung nicht grundsätzlich entgegenstehen. Aber in den Ausführungen des Kollegen von der Union wurde deutlich, worum es Ihnen eigentlich geht: Sie wollen eigentlich diese Fortschreibung aussetzen, und Sie wollen Umweltstandards absenken.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Wir wollen sie nur nicht verschärfen!)
Das wird es mit uns nicht geben. Die Umweltstandards wollen Sie nicht verschärfen, sondern Sie wollen sie, wenn ich das richtig lese, sogar aushebeln.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir wollen sie nicht absetzen! Wir wollen sie bloß nicht verschärfen!)
Wir haben ja die Gelegenheit, im Ausschuss weitergehend darüber zu beraten. Auf diese Debatte freue ich mich sehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Für die Fraktion Die Linke hat nun Ralph Lenkert das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)