Rede von Ulle Schauws Information über Schwangerschaftsabbrüche

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

27.04.2022

Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für diese sehr kurzfristig anberaumte Debatte zum § 219a hat die AfD anscheinend ihren Antrag erst auf den letzten Drücker fertig bekommen. Und so realitätsfern dieser AfD-Antrag zum sogenannten Erhalt des § 219a ist – er ist eben auch eine gute Gelegenheit, um über die Bedeutung von sexueller Selbstbestimmung, Informationsfreiheit und freier Ärztinnen- und Ärztewahl zu sprechen. Die Streichung des § 219a ist für die klare Mehrheit in unserem Land wichtig. Es wird als politischer Aufbruch unserer Ampelkoalition gesehen, als ein Schritt für eine positive gesellschaftliche Veränderung hin zur Selbstbestimmung von Frauen und auch hin zu freier Information.

Kolleginnen und Kollegen, die AfD und auch die Union machen in der Argumentation über die Architektur immer wieder den grundlegenden Fehler, die staatliche Schutzpflicht gegenüber dem ungeborenen Leben mit dem § 219a zu vermischen, der es Ärztinnen und Ärzten verbietet, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Die in Deutschland geltende Regelung, fachkundige Informationen von Ärztinnen und Ärzten zu Schwangerschaftsabbrüchen strafrechtlich zu verbieten, ist eine europa-, wenn nicht sogar weltweite Einzigartigkeit. Sie offenbart das Weltbild hinter diesem Paragrafen, und das lautet: tiefes Misstrauen gegenüber ungewollt Schwangeren und gegenüber Ärztinnen und Ärzten. Und das ist überholt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Mag die AfD sich ein veraltetes Frauenbild und entsprechende Moral zurückwünschen – das lassen wir nicht zu; dieses Land ist nämlich weiter als Sie.

Es geht um die rein sachliche Information über Schwangerschaftsabbrüche, ohne Hürden, über das Internet und durch fachkundige Ärztinnen und Ärzte. Es geht um Informationsfreiheit, um freie Ärztinnen- und Ärztewahl und darum, sich bestmöglich für eine Methode des Schwangerschaftsabbruchs entscheiden zu können, eben auch für eine Methode, die einer Schwangeren bestmöglich zuträglich ist.

Meinen Sie denn, dass das Erschweren des Zugangs zu sachlichen Informationen irgendetwas an der Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch ändert? Meinen Sie, dass die Anklage von Ärztinnen und Ärzten irgendetwas verbessert? Mitnichten! Der § 219a macht nichts besser – im Gegenteil. Und darum werden wir ihn ersatzlos streichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kommission für reproduktive Selbstbestimmung, die wir im Koalitionsvertrag verabredet haben, wird sich mit § 218 und Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches befassen. Die Kommission wird sich mit dem Fakt befassen, dass die Versorgungslage bei ungewollter Schwangerschaft immer schlechter wird, weil es immer weniger Ärztinnen und Ärzte gibt, die die Abbrüche durchführen können. Das ist eine Debatte, mit der sich alle auseinandersetzen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten verbessern, wir wollen die Weiterbildung wieder einführen, und wir wollen auch die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen verbessern. Wir wollen über den Schwangerschaftsabbruch sachlich und lösungsorientiert debattieren. Das muten wir uns als aufgeklärte Gesellschaft zu – ohne Stigmatisierung von Frauen und Ärztinnen und Ärzten, progressiv und nach vorne gerichtet; denn da geht es lang.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Susanne Hierl das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)