Rede von Renate Künast Informationsrechte von VerbraucherInnen stärken 

12.10.2018

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit seinem Urteil ganz klar auf die Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher gestellt und klar ausgedrückt: Die Menschen sollen es erfahren, wenn ein Betrieb gegen Lebensmittelvorschriften verstößt – und nicht erst, wenn es eine wirkliche Gefahr für Leib oder Leben gibt.

Wer von uns will denn in einem Restaurant essen, das gerade eben oder gestern noch Schimmel, Rattenkot oder Ähnliches in der Küche hatte? Hier brauche ich meines Erachtens gar nicht viel zu erklären. Wir sind Wirtschaftsteilnehmer – Wirtschaft ohne Kunden funktioniert ja wohl nicht – und haben ein Recht auf Transparenz wie jede und jeder andere auch. Das müssen wir meines Erachtens gar nicht begründen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

Frau Bauer, Sie haben hier von „Pranger“ geredet. Ich muss Ihnen mal sagen: Da haben Sie sich irgendwie vergaloppiert. Kann man von „Pranger“ sprechen, wenn man die Wettbewerbsbedingungen für die verbessert, die sauber und ordentlich arbeiten, die eine saubere Küche haben und Personal dafür einsetzen, das Restaurant regelmäßig, jeden Abend, wieder ordentlich zu reinigen? Es soll jemand an den Pranger gestellt werden, wenn man öffentlich macht, dass er Rattenkot im Laden hat? Ich frage mich: Was haben Sie eigentlich für eine Vorstellung von Wettbewerb?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich muss Ihnen eines sagen: Frau Klöckner tut so, als würde sie mit diesem Gesetzentwurf das Urteil umsetzen. Das Urteil hat aber insgesamt von Informationen geredet. Die Frist von sechs oder zwölf Monaten war darin nur ein Punkt. Sie haben nicht mehr umgesetzt als in Bezug auf diese Frist und dann noch die schlechteste Variante genommen. Das schützt nicht die Verbraucher, sondern in mehreren Bundesländern wird der Standard – diese zwölf Monate, wie Sie von den Linken schon gesagt haben – gesenkt.

Wenn ich auf die Verbraucherrechte und deren Situation gucke, dann fällt mir ein Satz ein – Sie kennen ihn –: Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.

(Katharina Landgraf [CDU/CSU]: So ist es! – Zuruf von der CDU/CSU: Die größten!)

Wenn ich das Ganze auf Frau Klöckner beziehe, dann würde ich sagen: Die Anzahl der umgesetzten Verbraucherschutzprojekte ist reziprok proportional zur Anzahl der YouTube-Videos, wenn Sie verstehen, was ich meine.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

– Bei uns ist es ein bisschen schneller verstanden worden. Ich habe bewusst „reziprok proportional“ gesagt.

Meine Damen und Herren, auch der Koalitionsvertrag wird faktisch missachtet. Gut, den muss ich nicht einfordern, aber darin steht der Ausdruck „übersichtliche und eindeutige Verbraucherinformation“. Wir als Kunden haben doch ein Recht auf einfache Transparenz und gute Hygienekontrollen. Es geht um das Wissen der Kunden und übrigens auch um fairen Wettbewerb, also nicht nur um die Frage der Verbrauchertäuschung. Es geht auch um fairen Wettbewerb: Was tun Sie eigentlich? Wie gewährleisten Sie eigentlich die Information der Verbraucher um deren Recht willen? Die Animation, die Bewegung, der Druck dahin gehend, dass wirklich ein fairer Wettbewerb stattfindet – was tun Sie dafür eigentlich? Sie lassen doch an dieser Stelle die Restaurants, die gut arbeiten, im Regen stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Nachbarländern, zum Beispiel in Dänemark, gibt es glückliche Smileys und traurige Smileys; da weiß man Bescheid. In Frankreich und Großbritannien gibt es Karten, auf denen man sieht, wo die wirklich guten Restaurants sind. Ich will, dass wir zu einer wirklich transparenten und leichtverständlichen Veröffentlichung der Kontrollergebnisse kommen. Ich will, dass man diese Ergebnisse vor Ort und im Internet sehen kann. Ich will, dass wir das Portal Lebensmittelwarnung.de so weiterentwickeln, dass wir jederzeit online und per App sehen können, was los ist, wie die Kontrollen sind. Wir brauchen dazu nicht auf die Flugtaxis zu warten; denn im Zuge der Digitalisierung wäre das schon heute per App leicht möglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fazit zu diesem Gesetz: Sie haben mit diesem Gesetz eigentlich nichts für die Verbraucher getan, sondern in vielen Bundesländern den Standard nach unten getrieben. Sie haben keine Smileys eingeführt. Dafür zeige ich Ihnen einen Smiley, Frau Klöckner, nämlich einen roten mit nach unten gezogenen Mundwinkeln.

(Die Rednerin hält ein Papier hoch)

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)