Rede von Misbah Khan Innen und Heimat
Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Leipziger Autoritarismus-Studie und die Mitte-Studien bestätigen uns eigentlich alle paar Jahre: Rassismus braucht keine Nazis; die Mitte beherrscht ihn auch. – Tag für Tag müssen sich politisch Engagierte gegen Bedrohungen und Hetze wehren. Tag für Tag müssen sich nichtweiße und migrantisch gelesene Personen Sorgen machen um ihre körperliche Sicherheit. Und Tag für Tag sägt die rechte Seite dieses Plenums an den Grundpfeilern unserer Demokratie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn Sie heute einen Antrag zur Finanzierung eines verfassungsfeindlichen Thinktanks stellen, dann wird der demokratische Teil dieses Plenums zusammenstehen. Doch dieses entschlossene und gemeinsame Zusammenstehen ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Früher hieß es aus den Reihen der Union: Mit uns gibt es eine Brandmauer gegen die AfD. – Doch wo ist diese große Brandmauer gegen rechts? Wo sind die Aufschreie, wenn in Thüringen Ihre Partei mit Faschistinnen und Faschisten zusammenarbeitet?
(Widerspruch bei der CDU/CSU – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Was? Mann, Mann, Mann!)
Wo sind die Aufschreie, wenn in Deutschland wieder Geflüchtetenunterkünfte brennen? Ihr Schweigen ist beschämend.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wie bitte? Jetzt reicht es aber! Das ist eine Unverschämtheit!)
Umso beschämender ist das Gefasel von Ihnen zu Terrorismus und vermeintlicher Ökodiktatur, sobald sich jemand vor einen SUV klebt. Und so nervig diese Proteste sind:
(Josef Oster [CDU/CSU]: Die sind nicht nervig! Die sind kriminell! Die sind rechtswidrig!)
Das ist eine Relativierung von echtem, rechtem Terrorismus, den wir in Deutschland schon erlebt haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Eine Frechheit ist das!)
Mit diesem Haushalt gehen wir endlich einen anderen Weg. Wir machen eine Innenpolitik für die Gesamtgesellschaft. Wir setzen Schwerpunkte im Bereich Rassismus, im Bereich Rechtsextremismus, gegen Hass und Hetze,
(Josef Oster [CDU/CSU]: Und Linksextremismus nicht, oder was?)
zum Beispiel, indem wir die politische Bildung stärken, indem wir endlich einen Ort der Erinnerung schaffen für die NSU-Betroffenen und für die Aufarbeitung des Rechtsterrors.
Deutschlands Verantwortliche waren in der Vergangenheit, nach der NSU-Selbstenttarnung, nach Hanau und nach Halle, wahnsinnig gut darin, erschüttert zu sein von rechter Gewalt. Faktisches Handeln als erkennbare Konsequenz zur Verbesserung der gesellschaftlichen oder politischen Lage hat es danach nie gegeben.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist echt nicht mehr lustig!)
Unser Land ist wahnsinnig gut darin, in einzelnen Momenten Betroffenheit zu äußern, jetzt auch bei den aktuellen Diskussionen zur „One Love“-Binde bei der WM. Doch nach der Sensation waren Sie immer der Weltmeister im Ignorieren. Das wird es mit uns als Ampel so nicht geben.
Wir ziehen endlich Schlüsse und Konsequenzen. Dass das bitter notwendig ist, liegt auch daran, dass es Parteien in diesem Haus gibt, die Stimmung machen mit Hass und Hetze zum eigenen Vorteil.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin Khan. – Das Wort hat nun der fraktionslose Abgeordnete Matthias Helferich.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)