Rede von Tobias B. Bacherle Internationale Digitalpolitik

Tobias B. Bacherle MdB
25.04.2024

Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss kurz auf die kleine Realsatire von eben eingehen. Ich glaube Ihnen ja, dass Sie vielleicht über Krah oder direkt oder sonst wie einen besseren Draht nach China haben, ich möchte Sie aber doch gerne darauf hinweisen: Wir haben im AI Act auf europäischer Ebene das Social Scoring ganz klar ausgeschlossen. Ich bin mir sicher, das haben Sie auch mitbekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich fand es vor allem sehr vielsagend, was Sie von rechts außen in Ihrer Rede hier gerade wieder vorgetragen haben. Sie haben gezeigt, dass Ihre Vorstellungskraft keine 3 Zentimeter über den deutschen oder gar europäischen Tellerrand hinausreicht. Sie haben bei der Debatte über internationale Digitalpolitik hier eigentlich nur von übrigens völlig haltlosen Ängsten fabuliert und dabei vollkommen außer Acht gelassen, dass genau diese Überwachungssysteme in China, in Russland, in anderen autoritären Regimen schon implementiert sind und dazu genutzt werden, die Freiheit zu unterdrücken. Und das ist doch das, worum es beim Thema „internationale Digitalpolitik“ im Kern geht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht darum, zu verstehen – Jens Zimmermann hat es gesagt, und auch ich habe es vor zwei Jahren gesagt, ganz grob; ich habe das Zitat nicht mehr genau im Kopf –: Digitalpolitik macht nicht an nationalen Grenzen halt. – Und vor allem müssen wir verstehen: Es geht dabei nicht nur um eine ökonomische Dimension, sondern es geht entscheidend darum, welches Menschenbild wir in der Digitalisierung eigentlich haben. Ich glaube, das ist der große Unterschied.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ich erinnere angesichts der Bedrohungen für unsere Demokratie von innen und von außen – darüber wurde vorhin hier auch diskutiert – gerne noch mal an den mutmaßlichen Schulterschluss im Büro Ihres europäischen Spitzenkandidaten. Ich glaube, das lässt einen Schluss darauf zu, wo Sie in dieser Debatte, die eine globale Debatte ist, am Ende stehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich bin der Bundesregierung sehr dankbar, dass sie diese wichtigen Punkte aufgenommen hat; denn es ist, wie gesagt, immens wichtig, dass wir Digitalpolitik global betrachten. Ich glaube, in der Betrachtung dieser Strategie liegt auch der große Unterschied. Ich finde es extrem wichtig, dass sich die Bundesregierung überlegt hat, dass ihre ganzen digitalpolitischen Initiativen und Ansätze, die im internationalen Raum stattfinden, in Zukunft klar nach einer strategischen Betrachtung ausgerichtet werden sollen. Das wird mit der Strategie für internationale Digitalpolitik eben auch vorgelebt, und der Mensch wird dabei klar in den Mittelpunkt gestellt.

Wir sagen zum ersten Mal sehr klar, welche großen Probleme durch Internet-Shutdowns auftreten und dass wir uns dem entgegenstellen wollen. Wir haben uns in der Debatte auf UN-Ebene aktuell sehr klar positioniert, dass wir den Multi-Stakeholder-Ansatz und auch unser Engagement für ein Internet weiterhin stärken wollen.

Ich glaube, es ist so ein bisschen – Kollege Zimmermann hat das gerade auch angesprochen – wie oft bei Ihnen von der Union – vielleicht ist das auch Ihre Auffassung von Oppositionsarbeit –: Sie gucken zu, was die Bundesregierung macht, was da vielleicht auch Neues, Gutes passiert, und wenn Sie es nicht komplett in die Pfanne hauen können, dann kommt so ein Antrag nach dem Motto „Hallo, wir sind die Union; uns gibt es auch noch“.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Sehr vieles von dem, was Sie fordern, wird angegangen. Es ist nicht die Aufgabe, im Rahmen einer Strategie darauf hinzuweisen, dass es bei den G 7 den Hiroshima-Prozess gibt, in dem wir uns klar einen Standardisierungsprozess mit den anderen G-7-Partnern vorgenommen haben – für Content Credentials bzw. Wasserzeichen, die Content-Authentizität sicherstellen und uns besser gegen Desinformation wappnen sollen.

(Nicolas Zippelius [CDU/CSU]: Passiert gar nichts!)

Da steht nicht im Detail drin, welches Projekt der Sovereign Tech Fund gerade aufsetzt als Backbone-Projekt, das zum Beispiel auch unsere Cybersicherheit stärkt. Nein, die Strategie ist aber sehr gut; denn sie gibt eine klare Ausrichtung, eine klare Leitlinie für alle internationalen digitalpolitischen Vorhaben und Baustellen dieser Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Bacherle. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Maximilian Funke-Kaiser, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)