Rede von Kai Gehring Internationale Lage von LSBTTI

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27.06.2019

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist eine besondere, eine historische Nacht. Exakt in diesen Stunden vor 50 Jahren fanden die Stonewall Riots in New York statt, wo mutige LGBTI aufgestanden sind gegen brutale Polizeiwillkür. Das war eine der Geburtsstunden der queeren Emanzipationsbewegung.

Blicken wir auf Deutschland. Vor 100 Jahren hat Magnus Hirschfeld sein Institut für Sexualwissenschaft gegründet und war als Wissenschaftler und als Aktivist ein Geburtshelfer der deutschen Homosexuellenbewegung, die von der nationalsozialistischen Diktatur brutal zertrümmert wurde. Erst vor 25 Jahren gab es in Deutschland die restlose Abschaffung des § 175 und damit die Entkriminalisierung schwuler Männer in Deutschland. Und morgen vor zwei Jahren haben wir die Ehe für alle geöffnet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Doris Achelwilm [DIE LINKE])

Deutschland hat also vor der eigenen Haustür gekehrt. Deutschland hat lange gebraucht bis zur Gleichstellung. Das haben LGBTI-Aktivistinnen und ‑Aktivisten erkämpft und erreicht.

Es gibt jedoch noch viel zu tun. Aus der Geschichte, aus dem Grundgesetz und aus der Universalität der Menschenrechte erwächst die Verantwortung, weltweit klarzumachen: Liebe ist Liebe und kein Verbrechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

In über 70 Staaten werden LGBTIs kriminalisiert, bestraft dafür, wer sie sind, wen sie lieben, wie sie leben. Sechs Länder vollstrecken die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Handlungen. Nicht Homosexuelle sind pervers, sondern die Verfolgung, der sie vielerorts ausgesetzt sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Ich sage hier sehr klar: Je autoritärer ein Staat, umso höher sind die Diskriminierungsrisiken für LGBTIs. Ob Gewalt, Morde, „Homo-Propaganda“-Gesetze, Anti-NGO-Gesetze oder CSD-Verbote: damit muss Schluss sein. LGBTI-Rechte sind Menschenrechte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Deutschland muss als internationaler Partner und einflussreiches EU-Mitglied Vorreiter für den Schutz und die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten werden. In unserem Antrag zeigen wir viele Stellschrauben auf, zum Beispiel die Ächtung der Todesstrafe, Sanktionen gegen Regime und Machthaber, die LGBTIs verfolgen, eine Verschärfung des EU-Rechtsstaatsmechanismus, LGBTI-inklusive Konzepte bei der Entwicklungszusammenarbeit und in der auswärtigen Politik nach den Yogyakarta-Prinzipien.

Die LGBTI- und Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten müssen besser geschützt werden, notfalls auch mit humanitären Visa. Homosexualität ist hier in Deutschland auch klar ein Asylgrund. Ich sage hier auch: Länder, die unsicher sind für LGBTIs, können keine sicheren Herkunftsstaaten sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das alles und viel mehr finden Sie in unserem Antrag. Wir wollen weltweit sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung. Wir wollen den Druck auf Verfolgerstaaten erhöhen. Und wir wollen mehr Freiheitsgewinnerländer wie zuletzt Ecuador, Bhutan, Taiwan, Botswana. Wir wollen mehr dieser „Good News“ weltweit. Denn ­LGBTIs sind keine Menschen zweiter Klasse. Liebe ist ein Menschenrecht, nicht erst seit Stonewall. Es dürfen keinesfalls weitere 50 Jahre vergehen, bis dies überall weltweit gilt.

Liebe Bundesregierung, bitte bewegen Sie hier endlich mehr, und werden Sie zum globalen Vorreiter!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)