Rede von Ulle Schauws Internationaler Frauentag

Foto von Ulle Schauws MdB
17.03.2023

Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Abend geht bei den Vereinten Nationen die Arbeit der Frauenrechtskommission zu Ende, bei der wir mit Kolleginnen aus den demokratischen Fraktionen, Ministerin Lisa Paus, dem BMFSFJ und vielen NGOs als eine der größten Delegationen in New York vertreten waren. Es ist beeindruckend, wenn so viele Frauen und Delegationen aus der ganzen Welt dort zusammenkommen und ein so starkes Signal für die Rechte von Frauen und Mädchen aussenden. Ebenso bewegend ist es, wenn die Solidarität mit Frauen, die in Kriegen, Terrorregimen oder totalitären Staaten unter unerträglicher Gewalt, Rechtlosigkeit und Fremdbestimmung leben müssen, zum Ausdruck kommt. Das eint uns alle. Auch darum war die feministische Außenpolitik, bei der Deutschland als Motor wahrgenommen wird, ein zentrales Thema. Viele Regierungen begrüßen die neuen Leitlinien und bilden jetzt weitere Bündnisse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist unmissverständlich: Die Vereinten Nationen stehen für umfassende Frauenrechte und die Rechte von marginalisierten Gruppen. Angesichts der derzeitigen weltpolitischen Lage, in der autoritäre Regime, rechte und evangelikale Strömungen immer stärker demokratische Strukturen angreifen, sind Frauenrechte überall in Gefahr. Einem gesellschaftlichen Rollback in unserem Land, wie ihn die Fraktion hier ganz rechts will, erteilen wir gemeinsam eine klare Absage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Wir wollen die Selbstbestimmung von Frauen in allen Lebensbereichen stärken. Dazu gehört, über den eigenen Körper, die eigene Reproduktion selbst zu entscheiden. Aber nach wie vor werden Frauen bei einer ungewollten Schwangerschaft durch § 218 StGB kriminalisiert. Hinzu kommt, dass die Versorgungslage für ungewollt Schwangere bei einem Abbruch immer schlechter wird, weil die Anzahl der Ärztinnen rapide zurückgeht. Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin wird eine Lösung suchen, wie eine alternative Regelung zum § 218 außerhalb des Strafgesetzbuches aussehen kann; denn dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Schwangerschaftsabbrüche ein Teil der ärztlichen Ausbildung werden. Die Versorgungslage wird besser, und auch eine reguläre Gesundheitsversorgung wäre dann möglich. Gegen die unerträglichen Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen, durch die Frauen massiv von Abtreibungsgegnern belästigt werden, erarbeitet das BMFSFJ bereits eine gesetzliche Lösung. Das ist gut so; denn das ist unzumutbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns völkerrechtlich verpflichtet, Gewaltschutz und die Istanbul-Konvention umzusetzen; denn alle von Gewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder haben ein Recht auf Schutz. Ausreichende Frauenhausplätze und ein bundeseinheitlicher Rechtsrahmen sollen endlich erreicht werden. Die Vorbehalte gegen die Istanbul-Konvention sind bereits zurückgenommen. Gewaltschutz darf nicht vom Aufenthaltsstatus abhängen; denn jede Frau braucht die Sicherheit, Schutz zu bekommen. Das ist ein Muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ein Leben frei von Gewalt, die Freiheit, selbst über den eigenen Körper zu bestimmen, das sind entscheidende Bedingungen für Chancengerechtigkeit und ein freies Leben von Frauen. Kolleginnen und Kollegen, lasst uns dafür gemeinsam stehen! Es ist an der Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Schauws. – Das Wort erhält nunmehr der einzige Mann in der Debatte, der Kollege Dr. Norbert Röttgen, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dorothee Bär [CDU/CSU]: So fortschrittlich sind nur wir hier! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sprechen Sie als Frau, Herr Röttgen? Man weiß es nicht!)