Rede von Lisa Paus Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Foto von Lisa Paus MdB
16.11.2023

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauende! Am 15. August habe ich das Frauenhaus in Heilbronn besucht. Im September war ich dabei, als das Frauenhaus Berlin-Mitte eröffnet wurde. Das sind zwei von 400 Frauenhäusern in Deutschland – Häuser, in denen Frauen Schutz finden, die von ihren Partnern angegriffen und von ihnen verletzt worden sind. Die Frauen in Berlin und in Heilbronn gehören zu jenen 126 349 Frauen, die im vergangenen Jahr Opfer von Partnerschaftsgewalt geworden sind. Diese Zahl ist aus dem aktuellen Lagebild „Häusliche Gewalt“ des Bundeskriminalamtes.

Partnerschaftsgewalt, das ist Nötigung, Stalking, Bedrohung, leichte und schwere Körperverletzung, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigung, Femizide, Mord und Totschlag. Vier von fünf Betroffenen sind Frauen. 80 Prozent der Täter sind Männer.

Jene mehr als 126 000 Frauen, die im Lagebild des Bundeskriminalamtes erwähnt werden, sind nur die Fälle, die der Polizei bekannt geworden sind. Viele Frauen gehen erst gar nicht zur Polizei. Ermittler und Experten vermuten: Jede dritte Frau erfährt mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexualisierte Gewalt. Gewalt gegen Frauen ist also allgegenwärtig. Sie ist alltäglich. Ich will, dass Frauen frei von Gewalt leben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Gewalt verhindern, Ursachen bekämpfen, ja, das ist ein dickes Brett, das wir zu bohren haben. Wir bohren an insbesondere vier Stellen: erstens die tatsächliche Dimension erfassen, zweitens präventiv handeln, drittens Täter bestrafen und viertens Frauen Schutz und Hilfe bieten. Deshalb erarbeite ich gerade ein Gesetz, das Frauen das Recht auf Schutz und Beratung gibt, kompetent und zuverlässig, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir wollen die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen endlich schließen. Für gute Beratung gibt es bereits seit zehn Jahren das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. 100 Beraterinnen sind rund um die Uhr in 19 Sprachen erreichbar. Die Nummer sollte man sich wirklich merken; sie ist europaweit wählbar. Es ist die 116 016.

Darüber hinaus habe ich einen Aufbaustab zur Errichtung einer staatlichen Koordinierungsstelle nach der Istanbul-Konvention endlich eingesetzt. Diese Ampel macht Ernst. Wir setzen die Istanbul-Konvention vorbehaltlos um.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Außerdem haben wir, um belastbare Zahlen zu bekommen, gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt und dem Bundesinnenministerium eine Dunkelfeldstudie in Auftrag gegeben.

Werte Zuschauende, Gewalt hat viele Facetten; umso genauer müssen wir hinschauen. Es gibt auch andere Formen von Gewalt wie Zwangsprostitution und Menschenhandel, und auch die bekämpfen wir. Das machen wir mit allen Mitteln des Rechtsstaates. Auch da setzt diese Bundesregierung noch mal einen neuen Punkt. Wir erarbeiten eine Gesamtstrategie gegen Menschenhandel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist wichtig, weil es ein großes Problem betrifft. Deswegen sage ich: Machen wir uns, machen wir Frauen gemeinsam stark. Kämpfen wir gemeinsam für ein Leben und ein Zuhause frei von Gewalt.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Silvia Breher.

(Beifall bei der CDU/CSU)