Rede von Dr. Konstantin von Notz Internet Governance Forum

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14.11.2019

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der effektive Schutz digitaler Infrastrukturen und der Privatheit der Kommunikation von Bürgern, Unternehmen und Behörden sind längst zentrale politische Fragen, und diesen Fragen müssen wir uns endlich mit aller Ernsthaftigkeit zuwenden, national wie international. Aber – auch wenn Tankred Schipanski heute Abend hier klingt wie ein Netzaktivist – diese Ernsthaftigkeit vermissen wir bei der Bundesregierung leider bis zum heutigen Tag, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manuel Höferlin [FDP]: Ja, das stimmt!)

Es ist doch für Deutschland schlicht hochnotpeinlich, dass es bis heute keine angemessene Koordinierung digitalpolitischer Belange aufseiten der Exekutive gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In wenigen Wochen schreiben wir das Jahr 2020, und Sie lassen jeden Ehrgeiz vermissen, die Digitalisierung im Sinne von Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit endlich zu gestalten. So geht es nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wer national nichts koordiniert und wichtige Grundsatzentscheidungen meidet, kann auch international nicht glaubhaft auftreten.

Erklären Sie von der Koalition mal: Wie wollen Sie Praktiken wie die hier zu Recht beschriebenen von China, Russland und Nordkorea kritisieren, wenn man sich gleichzeitig mit diesen Ländern auf dem Schwarzmarkt für Sicherheitslücken gegenseitig überbietet? Wie soll man glaubhaft den totalitären Anspruch dieser Staaten bei der digitalen Überwachung kritisieren, wenn man gleichzeitig unserem Innenminister zuhört, der sich für Hintertüren in allen Geräten des Internets der Dinge starkmacht und die Ausweitung der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum herbeisehnt? Und wie soll man den längst entbrannten Cyberwar ernsthaft kritisieren, wenn man selbst Hackbacks propagiert? – All das passt schlicht nicht zusammen. All dies ist Gift für die IT-Sicherheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Zu all dem gibt es Alternativen. Wir müssen sie endlich nutzen, meine Damen und Herren. Nur so können wir ein wirklich ernstzunehmender Gesprächspartner auf internationaler Bühne werden. Ich würde mir das sehr wünschen. Wir müssen uns sehr viel stärker an die Seite derer stellen, die für den Schutz eines offenen Internets und die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit kämpfen.

Die Bundesregierung hat sich in etlichen internationalen Kooperationen ja sehr weit gehend selbst verpflichtet – unter anderem in der Freedom Online Coalition –, nämlich zum Einsatz für Grund- und Menschenrechte, zu mehr Transparenz und Open Government und zu einer umfassenden Beteiligung der Zivilgesellschaft. Diesen selbst eingegangenen Verpflichtungen wird man noch immer nicht gerecht. Während andere Länder seit vielen Jahren Ministerinnen und Minister zu den einschlägigen Runden schicken, glänzt diese politische Ebene von uns allzu häufig durch Abwesenheit.

Wir müssen uns viel stärker in Internet-Governance-Strukturen engagieren. Darauf hat schon die lichtweisende Enquete „Internet und digitale Gesellschaft“ vor zwei Wahlperioden hingewiesen, Kollege Höferlin.

(Manuel Höferlin [FDP]: Wir erinnern uns!)

Deswegen begrüßen auch wir – das sage ich ausdrücklich –, dass es gelungen ist, das IGF nach Berlin zu holen. Darauf haben viele Menschen viele Jahre gut hingearbeitet und daran mitgewirkt. All ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manuel Höferlin [FDP])

Wir freuen uns auf die Gäste und Diskussionen. Wir freuen uns auch, wenn die Bundesregierung das IGF jetzt zum Anlass nimmt – so klingt es hier an, Herr Kollege Schipanski –, ihr internationales Engagement endlich zu intensivieren. Ihr Antrag macht dazu einige vernünftige Vorschläge, die wir sehr gerne mit Ihnen ernsthaft diskutieren werden.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. von Notz. – Als nächster Redner hat der Kollege Hansjörg Durz, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)