Rede von Matthias Gastel Investitionsbeschleunigung

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11.09.2020

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist unstrittig, dass wir bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten schneller vorankommen müssen. Es kann nicht sein, dass die Schweiz in atemberaubendem Tempo komplizierte Tunnel durch die Alpen bohrt und wir es nicht schaffen, im Rheintal Gleise zu legen.

Es ist aber auch wichtig, zu wissen, was man will und wo man hinkommen will. Wir wollen Klimaziele erreichen und nachhaltige Mobilität sichern. Dieser Gesetzentwurf ist in diesem Hinblick in vielen Punkten richtig, in einigen Punkten falsch und in einigen Punkten auch schlicht und ergreifend unvollständig, unvollständig beispielsweise in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr. Weshalb wollen Sie nicht auch beispielsweise den Ausbau von Straßenbahn- und U-Bahnnetzen beschleunigen? Das wäre doch auch ein Projekt für dieses Gesetz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Andreas Wagner [DIE LINKE])

Falsch ist schlichtweg, dass Sie auch Straßenprojekte beschleunigen wollen. Das ist deswegen falsch, weil wir jahrzehntelang einseitig Straßen in Deutschland gebaut haben und das bis heute der Fall ist. Schauen wir uns doch mal die Bilanz des Jahres 2019 Ihrer Regierung an: Gerade einmal 9 Kilometer Bundesschienenwege wurden gebaut, aber 233 Kilometer Bundesfernstraßen. Das ist die erschreckende Bilanz Ihrer Verkehrspolitik, und das wollen wir nicht auch noch per Gesetz beschleunigt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kommt also darauf an, welche Projekte beschleunigt werden, ob sie uns helfen, wichtige Ziele zu erreichen. Wir haben in Deutschland über 100 Mittelzentren, die keinen Bahnhof haben, wo Millionen von Menschen keinen direkten Zugang zur Bahn haben. Aber jedes Haus ist mit einer Straße erschlossen. Trotzdem wollen Sie immer mehr Straßen bauen, die wir gar nicht brauchen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen gehören die Straßen raus aus diesem Gesetzentwurf. Sie gehören raus aus dem Bundesverkehrswegeplan, und sie gehören rauf auf den Prüfstand, um kritisch auf ihre unbedingte Notwendigkeit hinterfragt zu werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Hört doch auf!)

Da bin ich bei dem, was wir unbedingt wollen und wo wir den Gesetzentwurf auch gut finden, nämlich bei der Bahn. Da gibt es viele grundlegende Probleme: zu wenig guten Willen, zu wenig Planung und häufig auch bis heute noch zu wenig Geld. Wo keine Planung ist, kann nämlich auch nichts beschleunigt werden. Da können Sie noch 100 Beschleunigungsgesetze beschließen. Wo zu wenig Personal ist, kriegen Sie aber auch keine Planungen voran. Das ist gerade beim Eisenbahn-Bundesamt so. Dort haben Sie über Jahre Personal abgebaut, das Ihnen fehlt, wenn Sie es brauchen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt auch fehlenden Willen beispielsweise bei der Digitalisierung der Schiene. Einer Ihrer Vorgänger, ebenfalls von der CSU, hat die Frage gestellt, ob wir die digitale Schiene in Deutschland überhaupt brauchen. Sie haben das Ziel ausgegeben: Bis 2035 soll die digitale Schiene in Deutschland gebaut werden. – Kurze Zeit später haben Sie das Ziel auf 2040 verschoben, jetzt wieder auf 2035 vorverlegt. Mit einem solchen Hin und Her verunsichern Sie nur und beschleunigen niemals. Mit einer solchen Politik des Hin und Her werden wir noch in 100 Jahren auf des Kaisers Infrastruktur vor uns hintuckern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben der Digitalisierung ist auch das Thema Barrierefreiheit im Gesetzentwurf enthalten; das ist gut und richtig. Das gilt auch für das Thema Elektrifizierung. Es sind erst 60 Prozent der Schienenkilometer in Deutschland mit einer Oberleitung versehen. Wir müssen aber auch auf der Schiene und nicht nur auf der Straße entdieseln. Deswegen ist es gut, dass das schneller gehen soll. Es ist ebenfalls gut, dass wir mit dem Ausbau der Windenergie vorankommen wollen; denn wir brauchen Ökostrom auf der Schiene für eine nachhaltige Mobilität der Menschen, für einen nachhaltigen Gütertransport und für den Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege.

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Damit komme ich zum Schluss, Herr Präsident. – Es gibt viele gute Dinge in diesem Gesetzentwurf. Herr Minister, wir nehmen das Angebot ernst, ihn gemeinsam zu verbessern. Wir sind dabei und haben dafür gute Ideen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Michael Donth, CDU/CSU, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)